Faktencheck

Christian Drostens Dissertation: Ein Revisionsschein war laut Universität nicht nötig für ordnungsgemäßen Ablauf der Promotion

Im Netz kursieren irreführende Behauptungen zur Dissertation von Virologe Christian Drosten; angezweifelt wird etwa der ordnungsgemäße Ablauf. In einem Blog wird dem Sprecher der Goethe-Universität Frankfurt eine „Falschaussage“ zum Vorhandensein eines Revisionsscheins unterstellt. Dieser erklärt jedoch: Der Schein war keine Voraussetzung für die Promotion.

von Till Eckert

Das Otto-Stern-Zentrum der Goethe Universitaet in Frankfurt am Main
Das Otto-Stern-Zentrum, ein Gebäude der Goethe-Universität in Frankfurt am Main. (Foto: Florian Gaul / dpa)
Behauptung
Der Sprecher der Goethe-Universität habe eine „Falschaussage“ zur Dissertation des Virologen Christian Drosten eingeräumt. Damit fehle der „endgültige Beleg für die fristgemäße Abgabe der Dissertation“.
Bewertung
Teilweise falsch
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Teilweise falsch. Der Sprecher schrieb in einer E-Mail an einen Bürger zwar fälschlicherweise von einem Revisionsschein – ein solcher Schein ist jedoch keine Voraussetzung für den Abschluss des Promotionsverfahrens.

Seit Monaten kursieren irreführende Behauptungen zur Dissertation von Christian Drosten im Netz. So wird etwa suggeriert, die Doktorarbeit des Leiters des Instituts für Virologie der Berliner Charité sei nicht ordnungsgemäß veröffentlicht worden. Wir haben zu dem Thema kürzlich einen Hintergrundbericht veröffentlicht, in dem wir den Behauptungen eine Stellungnahme der Goethe-Universität Frankfurt, wo Drosten promovierte und 2003 seinen Doktortitel erhielt, gegenüber stellten.

Die Universität spricht von „gezielten Falschbehauptungen“ und äußert sich klar zum Thema: Das Dissertationsverfahren sei ordnungsgemäß durchgeführt worden – und Drosten trage den Doktortitel zu Recht. 

In einem aktuelleren Artikel des Blogs Corona Transition vom 27. November wird nun behauptet, der Sprecher der Goethe-Universität habe bezüglich des Verfahrens „eine Falschaussage“ eingeräumt, deshalb werde es nun „eng“ für Christian Drosten. Mit dem Revisionsschein fehle angeblich „der endgültige Beleg für die fristgemäße Abgabe der Dissertation“. Der Artikel wurde laut dem Analysetool Crowdtangle mehr als 4.300 Mal auf Facebook geteilt. 

Uni-Sprecher Olaf Kaltenborn widerspricht CORRECTIV gegenüber.

Hintergrund ist E-Mail-Verkehr zwischen Uni und einem Bürger zu Christian Drostens Dissertation

Der Blog bezieht sich auf eine E-Mail Kaltenborns an Markus Kühbacher, der sich in seinem Twitter-Profils selbst als Wissenschaftler bezeichnet, aber nicht näher erklärt, in welchem Fachgebiet. Kühbacher fragte den Uni-Sprecher im Juli nach der Dissertation von Drosten. 

Kaltenborn schrieb in seiner Antwort an Kühbacher per E-Mail, dass Drosten die Promotionsurkunde „nach Abgabe des Revisionsscheins an das Dekanat“ erhalten habe. Das Dissertationsverfahren sei „in jeder Hinsicht regelkonform“ verlaufen. Kaltenborns E-Mail ist einem Tweet von Kühbacher vom 26. November zu lesen. In diesem Tweet behauptet Kühbacher, der Uni-Sprecher habe anschließend eine „Falschaussage“ eingeräumt: Den in seiner Antwort erwähnten Revisionsschein habe es nicht gegeben. 

Der Blog Corona Transition konstruiert daraus nun wiederum, damit fehle „der endgültige Beleg für die fristgemäße Abgabe der Dissertation“. Suggeriert wird erneut: Das Promotionsverfahren sei nicht ordnungsgemäß abgelaufen.

Sprecher: Aussage zum Revisionsschein wurde zwar fälschlicherweise getroffen – ein solcher Schein war aber nicht nötig

Ein Revisionsschein ist laut der Universität eine letzte Bescheinigung des Betreuers einer Dissertation vor der Veröffentlichung; dieser unterschreibt und bescheinigt so, „dass gegen die Veröffentlichung der Dissertation in der vorgelegten Version keine Bedenken bestehen“ (PDF, Seite 14). Ein solcher Revisionsschein wird zum Beispiel in den „Wegweisern für die Promotion“ der Fachbereiche Gesellschaftswissenschaften und Sprach- und Kulturwissenschaften der Universität Frankfurt erwähnt.  

Wir haben Uni-Sprecher Kaltenborn zu den Behauptungen zu Christian Drostens Dissertation am Fachbereich Medizin befragt. In einer E-Mail antwortete er uns, nach einer Überprüfung sei erkennbar geworden, dass laut der Promotionsordnung „die Abgabe eines Revisionsscheines zur ordnungsgemäßen Erfüllung der Promotionsvoraussetzungen nicht vorgesehen war“ und ein solcher daher nicht existiere. Diese Information weiche von der Stellungnahme per E-Mail am 10. Juli an Kühbacher ab. Der Umstand sei deshalb gegenüber Kühbacher am 26. November richtig gestellt worden. Dies habe „für den ordnungsgemäßen Ablauf des Verfahrens jedoch keinerlei Bedeutung“. 

E-Mail von Olaf Kaltenborn, Sprecher der Goethe-Universität. (Screenshot: CORRECTIV)

Tatsächlich wird ein Revisionsschein in der Promotionsordnung der Universität für den Fachbereich Medizin nicht als Voraussetzung für den erfolgreichen Abschluss des Promotionsverfahrens erwähnt. Das trifft sowohl auf die Ordnung von 1997 zu, die galt, als Drosten promovierte, als auch auf die aktuelle Fassung von 2014

Fazit

Der Sprecher der Goethe-Universität Frankfurt schrieb in einer Antwort an Markus Kühbacher fälschlicherweise von einem Revisionsschein und korrigierte sich später. Für den ordnungsgemäßen Ablauf des Promotionsverfahrens im Fachbereich Medizin ist ein Revisionsschein laut Universität nicht nötig. Daher habe die „Falschaussage“, anders als vom Blog Corona Transition suggeriert, keine Auswirkungen.

Redigatur: Sarah Thust, Alice Echtermann