Faktencheck

Deshalb wird der Abstrich für PCR-Tests meist am Nasenrachen gemacht

Ein Facebook-Meme stellt die Frage, warum es notwendig sei, „tief in der Nase nach dem Virus zu suchen“, wenn das Virus „auf einem Meter schon ansteckend“ ist. Die Antwort lautet: Im Nasenrachen ist die Viruslast am höchsten, was zu zuverlässigeren Testergebnissen führt.

von Steffen Kutzner

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Eine Frau bekommt einen Nasenabstrich an der Corona-Teststation am Hauptbahnhof in Köln. (Symbolbild: Picture Alliance / dpa / Marius Becker)
Behauptung
Es sei ein Widerspruch, dass es notwendig sei, „tief in der Nase nach dem Virus zu suchen“, wenn es auf einer Entfernung von einem Meter ansteckend sein kann.
Bewertung
Fehlender Kontext
Über diese Bewertung
Fehlender Kontext. Der Abstrich wird im Nasenrachen genommen, da dort die Viruslast am höchsten ist, was zu zuverlässigeren Testergebnissen führt. Das Virus ist aber auch im Speichel vorhanden.

„Warum ist es notwendig, tief in der Nase nach dem Virus zu suchen? Wäre es nicht ausreichend, auf das Stäbchen zu spucken, wenn doch angeblich das Virus auf einem Meter schon ansteckend sein soll?“ Diese Fragen werden auf Facebook in einem Meme verbreitet, das in leicht unterschiedlichen Versionen (hier und hier) hundertfach geteilt wurde. 

Mit den Fragen wird suggeriert, dass das Virus nicht so ansteckend sei wie behauptet. Der vermeintliche Widerspruch ist jedoch keiner.

Eines der auf Facebook geteilten Memes. (Quelle: Facebook / Screenshot: CORRECTIV)

Was ist ein Nasenrachenabstrich? 

Bei einem Abstrich am Nasenrachen (Nasopharynx) wird ein Stäbchen tief in die Nase eingeführt und damit eine Probe entnommen. Die Probe dient laut Robert-Koch-Institut (RKI) zum direkten Erregernachweis von SARS-CoV-2. 

Auf der Internetseite des RKI heißt es: „Nasopharynx-Abstriche stellen den Standard der Probenentnahme für den Nachweis von SARS-CoV-2 aus dem oberen Respirationstrakt dar.“

Viruslast am Nasenrachen am höchsten

Matthias Orth, Chefarzt des Instituts für Laboratoriumsmedizin am Marienhospital Stuttgart, schrieb uns per E-Mail, dass die Viruskonzentration „am niedrigsten im Mund/Nasenhof, etwa zehn Mal höher im Rachen und nochmals etwa zehn Mal höher am Nasopharynx“ sei. Die geringere Viruslast im Rachenraum, also dem gesamten hinteren Halsbereich, oder im Nasenvorhof könne dazu führen, dass der Test falsch-negativ ausfällt, obwohl eine Person infiziert ist. Der Abstrich am Nasenrachen würde dabei mit höherer Wahrscheinlichkeit ein korrektes Ergebnis liefern. 

Der Nasenrachenabstrich ist folglich zuverlässiger als ein Abstrich im restlichen Rachenraum oder im Nasenvorhof. 

Auszug aus der E-Mail von Chefarzt Matthias Orth. (Screenshot und Markierungen: CORRECTIV)

Welche anderen Testmethoden gibt es?

PCR-Tests mit Nasenrachenabstrichen sind momentan zwar die gängigste Option, jedoch nicht die einzige: Das RKI nennt zwei weitere Möglichkeiten – einen Rachenabstrich durch den Mund (Oropharynx) oder eine Nasenrachenspülung. 

Einem Medienbericht zufolge will ein Hamburger Unternehmen künftig Gurgeltests anbieten, bei denen eine Minute lang mit einer Kochsalzlösung gegurgelt wird. Das RKI schreibt jedoch, dass „deutlich weniger Erfahrungswerte“ mit solchen Verfahren vorlägen. Für Tests mit Speichel hätten einige Studien eine niedrigere, einige jedoch auch eine höhere Sensitivität ergeben. Nachteile dieser Methode seien zum einen, dass es „je nach Spülvolumen und -technik […] zu Verdünnungseffekten“ kommen könne. Zum anderen würden Probengefäße für Speichel oder Rachenspülwasser mehr Platz einnehmen als Abstrichtupfer. 

Weitere Nachteile, so erklärte uns Matthias Orth per E-Mail, wären, dass Speichel „extrem heterogen“ sei, was die Ergebnisse „nicht vorhersagbar“ mache. Orth wendete auch ein, dass Gurgeltests zwar zu Hause gemacht werden könnten, dann aber keine Aussagekraft für beispielsweise gesetzliche Reisebeschränkungen hätten. Immerhin könne man den Gurgeltest fälschen, indem man allein die Kochsalzlösung abgibt, ohne gegurgelt zu haben. Der Vorteil des Abstreichens sei demgegenüber, „dass die Probenentnahme ‚überwacht‘ abläuft“.

Auszug aus der E-Mail von Matthias Orth zu Vor- und Nachteilen von Gurgeltests. (Screenshot und Markierungen: CORRECTIV)

Studie: Abstrich von Nasenmuschel ähnlich zuverlässig wie von Nasenrachen

Es gibt auch Studienergebnisse, die für Abstriche im vorderen Nasenbereich „gute Übereinstimmungen“ mit dem üblichen Nasenrachenabstrich zeigen: „Bei rund 500 Patienten zeigten selbstentnommene beidseitige vordere Nasenabstrichen und Abstriche der mittleren Nasenmuschel gute Übereinstimmung mit dem durch medizinisches Personal entnommenen Nasenrachenabstrich in der molekularen SARS-CoV-2 Testung“, heißt es auf einer Informationsseite des RKI zu Corona-Testmöglichkeiten.

Für die Studie von Juni 2020, auf die sich das RKI bezieht, wurden bei 504 Patienten Abstriche in der mittleren Nasenmuschel und übliche Nasenrachenabstriche gemacht. In 452 Fällen waren beide Tests negativ, in weiteren 50 beide positiv.

Zu den Vor- und Nachteilen von Speicheltests, Wangenabstrichen und Tests mit Gurgelwasser hatte sich Ende September im NDR-Podcast Coronavirus-Update auch Sandra Ciesek geäußert, Leiterin der Virologie der Uniklinik Frankfurt (ab Minute 16:55). Ihrer Aussage nach sind die Nachteile der Gurgeltests, dass man sie in den Laboren momentan nicht vernünftig bearbeiten könne, weil sie nicht unter die Sicherheitswerkbänke der Labors passen würden. Außerdem sei es schwierig, überhaupt die erforderliche Menge Speichel zusammenzubekommen.

Ort der Probenentnahme sagt nichts über Gefährlichkeit einer Krankheit aus

Der Beitrag auf Facebook suggeriert, dass das Virus auf Distanz nicht so ansteckend sein könne, wie behauptet wird. Jedoch sagt der Ort der Probenentnahme – in diesem Fall der Nasenrachen – nichts darüber aus, wie ansteckend oder gefährlich eine Krankheit ist.

Die Tatsache, dass auch Speichelproben möglich sind, zeigt, dass das Virus auch im Speichel vorhanden ist. Als Haupt­übertragungs­wege für SARS-CoV-2 nennt das RKI Tröpfchen und Aerosole, die beim Atmen, Husten, Sprechen, Singen und Niesen entstehen. Grundsätzlich sei die Wahrscheinlichkeit einer Exposition gegenüber infektiösen Partikeln jeglicher Größe im Umkreis von ein bis zwei Metern um eine infizierte Person herum erhöht.

Redigaturen: Sarah Thust, Alice Echtermann

Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck: 

  • Bericht des NDR zu Gurgeltests (Link)
  • NDR-Podcast mit Sandra Ciesek zu Speichelproben und Gurgelwasser (Link)
  • Hinweise des Robert-Koch-Instituts zur Testung auf SARS-CoV-2 (Link)
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