Faktencheck

„Lebensbedrohliche Nebenwirkungen“ und angeblich kein Schutz vor Covid-19? Sechs Behauptungen zum Biontech-Impfstoff im Faktencheck

In mehreren Blog-Artikeln werden falsche und irreführende Behauptungen zu potenziellen Nebenwirkungen und der Wirksamkeit des Covid-19-Impfstoffs der Firmen Biontech und Pfizer verbreitet. Die Berichte berufen sich auf ein „Impfstoff-Zulassungsprotokoll“, das von einem Mann namens Zacharias Fögen ausgewertet worden sei. Wir haben die Behauptungen überprüft.

von Uschi Jonas

In mehreren Blog-Artikeln werden falsche und irreführende Behauptungen zu Nebenwirkungen und Wirksamkeit des Covid-19-Impfstoffs von Biontech/Pfizer verbreitet. (Symbolbild: Unsplash/ Steven Cornfield)
In mehreren Blog-Artikeln werden falsche und irreführende Behauptungen zu Nebenwirkungen und Wirksamkeit des Covid-19-Impfstoffs von Biontech/Pfizer verbreitet. (Symbolbild: Unsplash/ Steven Cornfield)
Behauptung
Es habe dutzende „lebensbedrohliche Nebenwirkungen“ durch den Covid-19-Impfstoff von Pfizer/Biontech gegeben. Wer geimpft ist, habe ein deutlich höheres Risiko für einen schweren Covid-19-Krankheitsverlauf, und die Impfung schütze nur einen winzigen Bruchteil der Geimpften vor einer Infektion.
Bewertung
Teilweise falsch
Über diese Bewertung
Teilweise falsch. Die Daten aus den klinischen Studien werden teils falsch wiedergegeben, in allen Fällen fehlt Kontext. Es gab lediglich vier „schwere unerwünschte Ereignisse“ im Zusammenhang mit der Impfung. Unter den geimpften Probanden gab es 95 Prozent weniger Covid-19-Infektionen als unter den nicht geimpften.

Hinweis: Nach Veröffentlichung dieses Faktenchecks, kontaktierte uns Zacharias Fögen am 22. September 2021 per E-Mail. Er wolle klarstellen, dass die Behauptungen nicht alle von ihm stammen und erklärte: „Ich distanziere mich von den Behauptungen 1, 2, 4 und 6. Insbesondere in Bezug auf Behauptung zwei will ich betonten: Die aktuellen Daten aus UK zeigen einen 70 prozentigen Schutz vor einem schweren Verlauf.“

Impfstoff-Zulassungsprotokoll beschreibt lebensbedrohliche Nebenwirkungen oder Fünfmal so häufig schwere Krankheitsverläufe nach Corona-Impfung unter Überschriften wie diesen verbreiten einige Webseiten wie Wochenblick, Epoch Times, Journalistenwatch, DDB-News oder PI News seit Anfang Januar Behauptungen über den Covid-19-Impfstoff von Biontech/Pfizer. Die Artikel wurden laut dem Analysetool Crowdtangle zehntausende Male auf Facebook geteilt. 

In den Berichten wird ein Mann namens Zacharias Fögen zitiert. Er habe sich mit dem „376 Seiten langen offiziellen Protokoll zur Untersuchung der Sicherheit und Effektivität des Covid-19-Impfstoffs“ beschäftigt und daraus Schlüsse zu Wirksamkeit und Nebenwirkungen gezogen, heißt es in den Blog-Artikeln. An der Universitätsmedizin Mainz ist Fögen als ehemaliger Mitarbeiter gelistet, auf seinem Twitter-Profil gibt er an, Arzt zu sein.

In allen Blog-Beiträgen wird behauptet, laut Protokoll zeige der Impfstoff von Pfizer/Biontech teils „lebensbedrohliche Nebenwirkungen“, schütze nicht in ausreichendem Maße vor dem Coronavirus und erhöhe sogar das Risiko einer schweren Erkrankung. 

Wir haben sechs zentrale, in den Artikeln aufgestellte Behauptungen geprüft. 

Die Entwicklung und Prüfung eines Impfstoffs ist in drei Phasen aufgeteilt. Das angesprochene Protokoll bezieht sich auf das Protokoll der Phase-1/2-Studie. In den ersten zwei Phasen werden die Impfstoffe an einer kleineren Anzahl an Menschen erprobt. In dem Protokoll fanden wir jedoch keine Aussagen, anhand derer sich die Behauptungen überprüfen ließen. 

Stattdessen fanden wir die relevanten Daten in der im Rahmen der Phase-3-Studie veröffentlichten Analyse zur Sicherheit und Wirksamkeit des BNT162b2-Impfstoffes gegen Covid-19 von Biontech/Pfizer. Sie wurde im New England Journal of Medicine veröffentlicht. Viele der Informationen stammen aus dem zugehörigen und ebenfalls in den Blog-Artikeln erwähnten Anhang der Studie. Wir haben diese beiden Dokumente in unserer Recherche genauer betrachtet.

1. Behauptung: Bei 44 von 44.000 Probanden seien „lebensbedrohliche Nebenwirkungen“ aufgetreten

Aus einem separat zu dem Protokoll veröffentlichten ‘ergänzenden Anhang’ ergibt sich zudem, dass die Impfung bei 44 von etwa 44.000 Probanden lebensbedrohliche Nebenwirkungen zeigte, die ein dringendes medizinisches Eingreifen erforderten, wird in den Artikeln von PI News und Journalistenwatch behauptet. Ähnliches steht auch bei Epoch Times und Wochenblick.

Diese Behauptung ist nicht korrekt. 

Insgesamt nahmen 43.448 Probanden an der Phase-3-Studie teil. 21.720 erhielten den Impfstoff, 21.728 ein Placebo. Bei den Nebenwirkungen wird zwischen „unerwünschten Ereignissen“ (Adverse Events) und „schweren unerwünschten Ereignissen“ (Serious Adverse Events) unterschieden. 

Zu diesen Ereignissen zählt zunächst alles, was im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung steht, erläutert Till Koch, Facharzt für Innere Medizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), im Gespräch mit CORRECTIV.Faktencheck: Auch wenn man noch gar nicht geimpft wurde, aber auf dem Weg zur Impfung ausrutscht und sich das Bein bricht, zählt das zunächst als schwere Nebenwirkung (Serious Adverse Event). Erst im zweiten Schritt wird bewertet, ob es einen direkten Zusammenhang mit der Impfung geben könnte. 

In der Placebo-Gruppe wurden 111 „schwere unerwünschte Ereignisse“ registriert, in der Impfgruppe 126. Als lebensbedrohlich wurden in der Placebo-Gruppe 23 Ereignisse notiert, in der Impf-Gruppe 21. Insgesamt macht das „44 lebensbedrohliche Nebenwirkungen“. Es ist also falsch, zu behaupten, dass die Impfung bei 44 Personen eine lebensbedrohliche Situation bewirkt habe.  

Laut der abschließenden Analyse der Studiendaten gab es lediglich bei vier „schweren unerwünschten Ereignissen“ einen möglichen Zusammenhang mit der Impfung („Related Serious Adverse Event“): Eine Schulterverletzung, eine Lymphknotenschwellung in der Achselhöhle, eine Herzrhythmusstörung und eine Nervenstörung im Bein. 

Die Tabelle zeigt: Es gab bei vier „schweren unerwünschten Ereignissen“ einen möglichen Zusammenhang mit der Impfung. (Quelle: New England Journal of Medicine, Ergänzender Anhang / Screenshot und Markierungen: CORRECTIV.Faktencheck)
Die Tabelle zeigt: Es gab bei vier „schweren unerwünschten Ereignissen“ einen möglichen Zusammenhang mit der Impfung. (Quelle: New England Journal of Medicine, Ergänzender Anhang / Screenshot und Markierungen: CORRECTIV.Faktencheck)

2. Behauptung: Wer geimpft sei, habe ein fünfmal höheres Risiko für einen schweren Verlauf von Covid-19

Aus den Unterlagen ergibt sich, dass Ungeimpfte zwar häufiger an Covid-19 erkranken, aber weniger als 2,5 Prozent davon ‘schwer’. Bei den Geimpften beträgt der Anteil der ernsten Krankheitsverläufe hingegen 12,5 Prozent. Das heißt, wenn man geimpft ist, sind die Chancen zwar deutlich besser, nicht an ‘Corona’ zu erkranken, aber wenn es trotzdem geschieht, hat man ein fünfmal höheres Risiko für einen schweren Verlauf“, wird in den Artikeln von PI News und Journalistenwatch behauptet.

Für diese Behauptung fanden wir keine Belege; es ist unklar, auf welche Zahlen sie sich bezieht. Laut der Analyse der Daten aus der klinischen Studie verringert die Impfung das Risiko einer schweren Erkrankung.

Es erkrankten deutlich weniger geimpfte Studienprobanden als ungeimpfte an Covid-19. Es gab acht Covid-19 Fälle unter den Geimpften, die ab sieben Tage nach der zweiten Dosis auftraten. In der Placebo-Gruppe gab es im selben zeitlichen Abstand 162 Fälle. Beide Gruppen umfassten jeweils etwa gleich viele Menschen.

Insgesamt wurden zehn schwere Covid-19-Fälle ab dem Zeitpunkt nach der 1. Dosis erfasst: Ein schwerer Covid-19-Fall in der Gruppe der Geimpften und neun in der Gruppe der Ungeimpften. 

Schwere Covid-19-Fälle unter den Geimpften und Nicht-Geimpften (Quelle: New England Journal of Medicine, Ergänzender Anhang / Screenshot und Markierung: CORRECTIV.Faktencheck)
Schwere Covid-19-Fälle unter den Geimpften und Nicht-Geimpften (Quelle: New England Journal of Medicine, Ergänzender Anhang / Screenshot und Markierung: CORRECTIV.Faktencheck)

Das Risiko, an Covid-19 zu erkranken, ist demnach laut der Studie deutlich geringer, sofern man geimpft ist. Das gilt sowohl für schwere als auch für weniger schwere Krankheitsverläufe.

3. Behauptung: Bis zu 84 Prozent hätten unerwünschte Reaktionen gezeigt, insbesondere bei Jüngeren mit teils „schweren Beeinträchtigungen“

Weiter ist in dem Protokoll festgehalten, dass bis zu 84 Prozent der Probanden unerwünschte Reaktionen auf die Impfung zeigten. Dies ist besonders bei jüngeren Menschen und Teilnehmer der zweiten Impfdosis der Fall. Hier wurde von teils schweren Beeinträchtigungen des Alltags berichtet, heißt in den Blog-Artikeln von PI News und Journalistenwatch. Ähnliches steht bei Epoch Times und Wochenblick.

Es stimmt zwar, dass viele Probanden auf die Impfung reagierten. Doch die Art der Reaktionen wird in den Blog-Artikeln verschwiegen. Der fehlende Kontext suggeriert, diese Reaktionen seien gefährlich gewesen. Es handelte sich jedoch vor allem um die bei Impfungen üblichen Schmerzen an der Einstichstelle. 

Wir werfen einen genaueren Blick in die unerwünschten Reaktionen und werden in der Analyse der Studiendaten (Figure 2) fündig. Daten zu unerwünschten Reaktionen wurden nicht für alle Studienteilnehmenden erfasst, sondern jeweils für Untergruppen, wofür 8.183 Probanden jeweils bis sieben Tage nach der Impfung Tagebuch führten. Unterschieden wird nach „lokalen Reaktionen“ an der Einstichstelle und „systemischen Ereignissen“ sowie der Einnahme von Medikamenten. Sie wurden für verschiedene Altersgruppen separat dokumentiert.

Auflistung der unerwünschten Reaktionen (Quelle: New England Journal of Medicine, Figure 2 / Screenshot und Markierungen: CORRECTIV.Faktencheck)
Auflistung der unerwünschten Reaktionen (Quelle: New England Journal of Medicine, Figure 2 / Screenshot und Markierungen: CORRECTIV.Faktencheck)

Die „lokalen Reaktionen“ werden in vier Schweregrade eingeordnet: „mild, „moderat“, „schwer und „Grad 4. „Moderat“ bedeutet, dass Aktivitäten beeinträchtigt werden; „schwer“ bedeutet Einschränkungen im Alltag und „Grad 4“, dass der Besuch einer Notaufnahme oder ein Krankenhausaufenthalt notwendig sind.

Am häufigsten genannt wurden Schmerzen an der Einstichstelle, und zwar von rund 83 Prozent der Geimpften 16- bis 55-Jährigen nach Dosis 1. Fast alle ordneten diesen Schmerz jedoch als „mild oder „moderatein. „Im Allgemeinen waren die lokalen Reaktionen meist mild bis moderat und klangen innerhalb von 1 bis 2 Tagen ab, heißt es in der Studie.

Im Zusammenhang mit „systemischen Ereignissen“ und der Einnahme von Medikamenten wurde laut der Analyse am häufigsten von Müdigkeit und Kopfschmerzen berichtet. Aber auch viele Placebo-Empfänger berichteten von denselben Symptomen. „Schwere systemische Reaktionen“ wurden nach beiden Impfdosen von weniger als zwei Prozent der Probanden berichtet. Ausnahmen seien nur Müdigkeit (3,8 Prozent) und Kopfschmerzen (2 Prozent) nach der zweiten Dosis gewesen.

„Derartige Reaktionen sind durchaus im üblichen Rahmen und kommen bei anderen Impfungen in ähnlicher Häufigkeit vor, erklärt Till Koch. 

Auf unsere Anfrage bestätigte eine Pressesprecherin von Pfizer Germany diese Einordnungen. Eine Überprüfung der im Zusammenhang mit der Impfung auftretenden unerwünschten Nebenwirkungen zeige, dass der Impfstoff gut vertragen wurde. Auch seien  die meisten unerwünschten Ereignisse kurz nach der Impfung abgeklungen. 

Laut Robert-Koch-Institut sind Schwellungen und Schmerzen an der Einstichstelle, aber auch Fieber-, Kopf- und Gliederschmerzen generell normale Reaktionen auf Impfungen. „Diese Reaktionen sind Ausdruck der erwünschten Auseinandersetzung des Immunsystems mit dem Impfstoff und klingen in der Regel nach wenigen Tagen komplett ab. Schwerwiegende Nebenwirkungen seien sehr selten. Die Ständige Impfkommission des RKI hat den Impfstoff von Biontech und Pfizer nach einer ausführlichen Nutzen-Risiko-Analyse zur Anwendung in Deutschland empfohlen.  

4. Behauptung: Die Impfung schütze lediglich 0,84 Prozent der Geimpften

Die Erfolgsmeldung ‘95 Prozent Effektivität’ wird kaum ihrem landläufigen Verständnis – 95 von 100 Geimpften sind vor Corona geschützt – gerecht. Schaut man sich die Zahlen von Biontech/Pfizer etwas genauer an, beziehen sich die Zahlen des Impfschutzes nicht auf die Geimpften, sondern auf die positiv Getesteten. Bezogen auf die Gesamtzahl der Studienteilnehmer schützte die Impfung 154 von 18.198 Personen. Das entspricht 0,84 Prozent der Geimpften, heißt es bei Epoch Times. Ähnliches steht bei PI News, Journalistenwatch und Wochenblick.

Diese Berechnung ist irreführend; sie suggeriert, dass die Impfung unwirksam sei, doch es fehlt ihr wesentlicher Kontext. Die Wirksamkeit eines Impfstoffes berechnet sich nicht in Bezug auf alle Geimpften, sondern auf die Infizierten. Worauf sich die Behauptung bezieht, die Impfung habe 154 von 18.198 Personen in der Phase-3-Studie geschützt, ist nicht ersichtlich. 

Wie bereits erwähnt gab es insgesamt 170 Covid-19-Fälle unter den Probanden der Phase-3-Studie: acht unter den Geimpften und 162 in der Placebo-Gruppe. Daraus ergibt sich eine Impfstoff-Wirksamkeit von 95 Prozent. 

Beim Thema Wirksamkeit tritt jedoch leicht ein Missverständnis auf: Eine 95-prozentige Wirksamkeit bedeutet nicht, dass 95 Prozent derjenigen, die geimpft werden, vor einer Infektion mit dem Coronavirus geschützt sind, oder dass „95 von 100 Geimpften“ geschützt sind. Darüber klärten kürzlich der Psychologe Gerd Gigerenzer, der Statistiker Walter Krämer, die STAT-UP-Gründerin Katharina Schüller und RWI-Vizepräsident Thomas K. Bauer im Rahmen der „Unstatistik des Monats“ auf. 

Demnach drückt die Wirksamkeit eines Impfstoffes die Verminderung von Infektionen aus: „Sie ist eine relative Risikoreduktion, die sich auf die Zahl der Infizierten bezieht, aber keine absolute Reduktion, die sich auf alle Geimpften bezieht.“ Sprich: Um die Wirksamkeit zu errechnen, werden die aufgetretenen Covid-19-Fälle in der Impfgruppe in Bezug zu den Covid-19-Fällen in der Placebo-Gruppe gestellt. 

Die Experten erklären anhand eines Beispiels, was das bedeutet: In einer Saison mit geringer Verbreitung des Grippevirus liegt die Wirksamkeit der Grippeschutzimpfung etwa bei 50 Prozent. Diese Zahl bedeutet aber nicht, dass 5 von 10 Geimpften vor der Grippe geschützt sind. Sie bedeutet, dass von je 100 Personen ohne Impfung zwei eine bestätigte Influenzainfektion bekamen, und von je 100 Personen mit Impfung nur eine.“ 

95 Prozent Wirksamkeit bedeutet also, dass in der Gruppe der Geimpften 95 Prozent weniger Infektionen auftraten als bei den Ungeimpften.

5. Behauptung: Bis zu 45 Prozent der Probanden hätten nach der Impfung Schmerzmittel oder andere Medikamente eingenommen

Dass bis zu 45 Prozent der Geimpften im Anschluss Schmerzmittel oder andere Medikamente nahmen, kommt weder in den großen Medien noch im ‘Aufklärungsmerkblatt zur Schutzimpfung gegen Covid-19’ zur Sprache, heißt es in dem Artikel von Epoch Times.

Der Zahl von bis zu 45 Prozent ist korrekt, es fehlt allerdings als Kontext, dass sie sich auf eine kleinere Untergruppe der Probanden bezieht und nicht auf alle Geimpften. 

Die Einnahme von Schmerzmitteln oder fiebersenkenden Medikamenten wurde nicht für alle Studienteilnehmenden, sondern nur für die Untergruppe erfasst. Laut der Analyse der Studiendaten nahmen jüngere Probanden (bis 55 Jahre) mit größerer Wahrscheinlichkeit Medikamente ein als die Über-55-Jährigen (rund 28 Prozent nach der 1. Dosis, 45 Prozent nach der 2. Dosis; bei den Über-55-Jährigen 20 Prozent nach der 1. Dosis, 38 Prozent nach der 2. Dosis). Bei den Placebo-Empfängern nahmen zwischen zehn und 14 Prozent Medikamente ein. 

6. Behauptung: Nur 3 von 21.259 Personen seien durch den Impfstoff vor Covid-19 geschützt worden (0,0141 Prozent)

Nach offizieller Rechenart beträgt die (relative) Effektivität bezüglich schwerer Covid-19-Fälle 75 Prozent. Die absoluten Zahlen der Studie sprechen von 3 von 21.259 oder 0,0141 Prozent, heißt es in dem Artikel von Epoch Times

Die Berechnung soll offenbar die Zahl der schweren Covid-19-Erkrankungen ins Verhältnis zu allen geimpften Studienprobanden setzen. Die Zahlen stimmen allerdings nicht ganz – es wurden 21.314 Probanden in der Geimpften-Gruppe betrachtet, und darin trat nur ein schwerer Covid-19-Fall auf, nicht drei. Hier greift außerdem wieder das Missverständnis über die Berechnung der Wirksamkeit eines Impfstoffes, das wir oben bereits erläutert haben. 

Insgesamt gab es in der Phase-3-Studie zehn schwere Corona-Erkrankungen: einen Fall in der Geimpften-Gruppe und neun in der Placebo-Gruppe. Der einzige schwere Covid-19-Fall in der Geimpften-Gruppe trat mehr als sieben Tage nach der 2. Dosis auf. Setzt man dies in Bezug zu den vier schweren Covid-19-Fällen in der Placebo-Gruppe im selben Zeitraum, ergibt sich eine Impfstoff-Wirksamkeit (Vaccine Efficacy, VE) von 75 Prozent. 

Auflistung der schweren Covid-19-Fälle unter den Studienteilnehmenden (Quelle: New England Journal of Medicine, Ergänzender Anhang / Screenshot und Markierung: CORRECTIV.Faktencheck)
Auflistung der schweren Covid-19-Fälle unter den Studienteilnehmenden (Quelle: New England Journal of Medicine, Ergänzender Anhang / Screenshot und Markierung: CORRECTIV.Faktencheck)

Da die Zahl derer, die schweres Covid-19 bekommen haben, insgesamt mit zehn Fällen sehr gering war, sei diese Aussage tatsächlich wenig aussagekräftig, erläutert Till Koch, Facharzt für Innere Medizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE). Die Datengrundlage ist also nicht besonders gut. Dennoch zeigt die Studie, dass unter den Geimpften 75 Prozent weniger schwere Erkrankungen auftraten als bei den Ungeimpften.

Redigatur: Alice Echtermann, Sarah Thust

Update, 22. September 2021: Wir haben ein Statement von Zacharias Fögen zu den Behauptungen ergänzt. 

Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck:

  • Analyse der klinischen Phase-3-Studie zur Sicherheit und Wirksamkeit des BNT162b2-Impfstoffes gegen Covid-19 von Biontech/Pfizer: Link (Englisch)
  • Ergänzender Anhang: Link (Englisch)