„Nichts zu tun“ auf der Corona-Station? Diesem Bericht eines Krankenpflegers fehlt Kontext
In einem in Sozialen Netzwerken verbreiteten Video erklärt ein Krankenpfleger, auf der Covid-19-Station seines Krankenhauses in Damme (Niedersachsen) sei so wenig zu tun, dass man aufpassen müsse, nicht einzuschlafen. Der Mann ist wirklich Krankenpfleger, soll sich aber von seinen Aussagen distanziert und entschuldigt haben.
In einem auf Facebook und Instagram kursierenden Video behauptet ein Krankenpfleger, auf der Corona-Station im Krankenhaus in Damme (Niedersachsen) sei kaum Betrieb. Er müsse aufpassen, dass er nachts nicht einschlafe. Der junge Mann ist tatsächlich Krankenpfleger im Krankenhaus St. Elisabeth in Damme, distanzierte sich aber später von seinen Aussagen und entschuldigte sich. Auch der Klinikleiter widerspricht den Behauptungen.
Das Video entstand laut einer Einblendung am 16. Januar in Lübbecke im nördlichen Nordrhein-Westfalen, etwa 45 Kilometer von Damme entfernt. Es gibt mehrere Medienberichte, die belegen, dass es an diesem Tag eine Demonstration von Corona-Skeptikern gab. Zu Beginn des Videos sind im Hintergrund zudem die markanten Torbögen und der Eingangsbereich des alten Rathauses von Lübbecke zu sehen.
In dem Video erklärt der junge Mann, er sei Krankenpfleger auf einer Corona-Station im Krankenhaus in Damme und äußert Zweifel an der Corona-Pandemie. So sagt er zum Beispiel, er habe „schon als das Ganze anfing“ bemerkt, dass „es nicht so ganz mit rechten Dingen zuging“. Auch sagt er, auf der Corona-Station sei „so viel“ zu tun, dass man aufpassen müsse, „dass man nachts nicht einschläft.“
Leiter des Krankenhauses widerspricht der Darstellung des Pflegers
Das in Sozialen Netzwerken verbreitete Video ist ein Ausschnitt eines anderthalbstündigen Live-Streams der Demonstration in Lübbecke, auf das wir durch eine Google-Suche nach den Stichwörtern „Lübbecke Corona Demo“ gestoßen sind. Es stammt vom Kanal „Aktivist Mann“ und ist inzwischen nur noch in einer archivierten Version verfügbar. Das Interview mit dem Pfleger war dort etwa ab Minute 34 zu sehen.
Der Leiter des Krankenhauses in Damme, Ralf Grieshop, bestätigt auf unsere Anfrage, dass der interviewte Mann in seinem Krankenhaus als Pfleger arbeitet. „Der junge Mann hat bei uns seine Ausbildung gemacht und war auch einige Zeit auf der Covid-Isolierstation in der Nachtwache eingesetzt. Es mag sein, dass es da auch Tage gab, wo vielleicht nur ein paar Leute dort untergebracht waren, aber es ist nicht so, dass es hier kein relevantes Covid-Geschehen gebe“, erklärt Grieshop uns am Telefon.
Zwischen Neujahr und dem Zeitpunkt der Video-Aufnahme am 16. Januar 2021 lag die 7-Tage-Inzidenz im Landkreis Vechta, zu dem Damme gehört, zwischen 110 und 150.
Am Ende des Videos sagt der Krankenpfleger noch, dass natürlich auch Menschen auf der Corona-Station gestorben seien, aber er ethische Bedenken habe, weil viele „allein sterben“ müssten.
Krankenhausleiter: Pfleger „ist rechtem Youtuber auf den Leim gegangen“
Unmittelbare Konsequenzen habe es nicht gegeben, da der Krankenpfleger sich von seinen Aussagen distanziert habe und sich intern bei allen Mitarbeitern entschuldigt habe, erklärte Grieshop im Gespräch mit CORRECTIV.Faktencheck. Eine öffentliche Distanzierung gibt es nicht. Er sei sich „der Situation und der Tragweite der Aufnahme nicht bewusst gewesen“ und „einem rechten Youtuber auf den Leim gegangen“, so der Klinikleiter weiter.
Der Youtuber, der hinter dem Kanal „Aktivist Mann“ steckt, ist Matthäus Westfal. Westfal ist laut einem Artikel der Zeitung Neue Westfälische (Paywall) in der rechten Szene bekannt. In dem Beitrag mit dem Titel „Rechter YouTuber aus Hüllhorst: Ein Leben zwischen Christus-Sekte und Firma“ wird erklärt, dass Westfal in der Vergangenheit mit Attila Hildmann demonstrierte und dabei gewesen sei, als im August 2020 Corona-Gegner auf die Treppen des Berliner Reichstags vordrangen.
Redigatur: Uschi Jonas, Alice Echtermann
Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck: