Faktencheck

Nein, Schnee und Eis ließen Windkraftanlagen in Deutschland nicht stillstehen

Auf Facebook wird behauptet, dass Schnee und Eis Anfang Februar Windkraftanlagen lahmgelegt hätten. Außerdem seien Millionen von Sonnenkollektoren durch den Wintereinbruch nicht nutzbar. Verbände und das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie widersprechen.

von Matthias Bau

Schatten einer Windenergieanlage
Schnee und Eis sind für die Stromproduktion durch Windräder und Solaranlagen kein Problem. (Quelle: Picture Alliance/ dpa/ Patrick Pleul)
Behauptung
Photovoltaikanlagen und Windkraftanlagen würden bei Schnee und Eis stillstehen.
Bewertung
Größtenteils falsch
Über diese Bewertung
Größtenteils falsch. Schnee und Eis haben in Deutschland keine Auswirkungen auf die Stromversorgung durch Erneuerbare Energien. Windenergieanlagen können bei den in Deutschland gegeben klimatischen Bedingungen ganzjährig betrieben werden, Photovoltaikanlagen liefern im Winter weniger Energie.

Auf Facebook kursiert seit dem 13. Februar ein Foto einer zugeschneiten Photovoltaikanlage. Versehen ist das Bild mit dem Kommentar: „Millionen von Sonnenkollektoren sind mit Schnee und Eis bedeckt, und eiskaltes Wetter lässt die 30.000 Windkraftanlagen überwiegend stillstehen. Soviel zum ‘Übergang’ zu einer wind- und sonnengetriebenen Zukunft.“ Der Kommentar bezieht sich offenbar auf das Winterwetter, das Anfang Februar in Teilen Deutschlands für starke Schneefälle sorgte. 

Unsere Recherche ergab: Die Aussage ist größtenteils falsch. Auch wenn einzelne Windräder im Winter stillstanden, hatten Schnee und Eis keine Auswirkung auf die Versorgung mit Strom aus Erneuerbaren Energien, wie der Bundesverband Solarwirtschaft und der Bundesverband Windenergie bestätigen. Auch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie weist die Behauptung zurück. 

Das gezeigte Foto, das eine zugeschneite Photovoltaikanlage zeigt, stammt zudem aus Russland und nicht aus Deutschland. 

Screenshot eines Facebook-Beitrages.
In diesem Facebook-Beitrag wird behauptet, dass Erneuerbare Energien bei Schnee und Eis nicht für die Stromproduktion geeignet seien. . (Quelle: Picture Alliance/ dpa/ Patrick Pleul)

Schnee und Eis waren für Windräder kein Problem

„Die Behauptung, dass durch Wetterbedingungen Windkraftanlagen im ganzen Land überwiegend stillstehen würden, ist schlichtweg falsch. Am Wochenende des 6. und 7. Februar, als die Temperaturen in Teilen Deutschlands auf -18 Grad sanken, lagen die Stromerzeugungsmengen aus Wind sogar über dem Monatsmittel“, sagt Wolfram Axthelm, Geschäftsführer des Bundesverbandes Windenergie. 

Screenshot einer E-Mail.
Auszug aus der E-Mail des Bundesverbandes Windenergie (Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)

Vereiste Rotorblätter spielten für die über 31.000 Windkraftanlagen in Deutschland nur eine untergeordnete Rolle. Sie würden bei Vereisung automatisch abgeschaltet. In Regionen wie Skandinavien, in denen die Eisbildung eine größere Rolle spiele, gäbe es sogar spezielle „Blattheizungen“, um eine Vereisung zu verhindern, erklärt er. CORRECTIV.Faktencheck hat darüber bereits am 18. Februar berichtet

Susanne Ungrad, Pressesprecherin des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie, teilte per E-Mail mit, dass „Windenergieanlagen bei den in Deutschland gegeben klimatischen Bedingungen ganzjährig betrieben werden“ könnten. Die Windenergie habe in der ersten Februarwoche „teilweise erhebliche Beiträge für die Stromversorgung“ beigesteuert. 

Photovoltaik-Anlagen erzeugen auch im Winter Strom

In dem Facebook-Beitrag heißt es außerdem, dass „Millionen von Sonnenkollektoren mit  Schnee und Eis bedeckt seien. Daraus zieht die Nutzerin den Schluss, dass die Energiewende gescheitert sei: Soviel zum Übergang zu einer wind- und sonnengetriebenen Zukunft“, kommentiert sie

Die Behauptung, dass Photovoltaikanlagen im Winter nicht zur Stromerzeugung geeignet seien, weist Karsten Schäfer, Pressesprecher des Bundesverbandes Solarwirtschaft, als „Unsinn“ zurück. Er schreibt per E-Mail: „Sobald die ersten Sonnenstrahlen auf schneebedeckte Module treffen, erwärmen die sich durch die sehr dunklen Solarzellen hinter der glatten Glasoberfläche so schnell, dass die Schneeschicht leicht antaut und durch die Neigung des Moduls sehr schnell komplett herunterrutscht.“ So sei Schnee auf Photovoltaikanlagen „in der Solarwirtschaft kein Thema“.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie teilte CORRECTIV.Faktencheck auf Anfrage mit, dass Photovoltaikanlagen im Winter zwar weniger Strom erzeugten als im Sommer, das sei aber kein Problem, weil dafür die Windenergie im Winter mehr Strom beisteuere. Beide Stromerzeugungsarten ergänzten sich und seien somit „ganzjährig zur Stromerzeugung geeignet.“ 

Foto stammt aus dem Jahr 2017 und wurde nicht in Deutschland aufgenommen

Die verschneite Solaranlage, die auf dem Foto auf Facebook zu sehen ist, steht zudem gar nicht in Deutschland. Eine Google-Suche nach dem Bild aus dem Facebook-Beitrag führt zu den Symbolbild-Agenturen Shutterstock und iStock. Der Anzeige bei iStock zufolge ist das Bild dort bereits am 14. Februar 2017 eingestellt worden. Als Urheber ist dort der Name Alexey Murzin angegeben. Gegenüber den Faktenchecker der AFP bestätigte der Fotograf, dass er das Bild nahe der russischen Großstadt Orsk aufgenommen habe. 

Redigatur: Tania Röttger, Sarah Thust

Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck: 

  • Umweltbundesamt: „Monatsbericht zur Entwicklung der erneuerbaren Stromerzeugung und Leistung in Deutschland“: Link
  • Deutscher Wetterdienst „Deutschlandwetter im Februar 2021“: Link