Faktencheck

Bochum: Polizei dementiert Facebook-Beiträge über Mann mit weißem Kleinbus vor Schule

Auf Facebook werden ein angeblicher Elternbrief mit einer Warnung und einige Fotos geteilt, auf denen ein Mann und ein weißer Kleinbus zu sehen sind. Der Vorwurf: Der Mann habe Kindern vor einer Schule nachgestellt. Die Bochumer Polizei dementiert.

von Till Eckert

GER, 2.FBL, Bochum, Stimmung entlang der Castroper Strasse,
Ein Polizeiwagen fährt durch die Bochumer Innenstadt. (Symbolbild: Rauch / nordphoto / picture alliance)
Behauptung
Ein Mann würde in Bochum mit einem weißen Bus Schulkindern nachstellen, sollen Fotos belegen.
Bewertung
Teilweise falsch
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Teilweise falsch. Tatsächlich meldeten sich mehrere Eltern in Sorge um ihre Kinder bei der Bochumer Polizei. Diese dementiert jedoch einen Zusammenhang mit den Fotos – der Mann auf den Bildern habe sich zum angeblichen Tatzeitraum nicht in Bochum befunden, es handele sich um Fotos von Februar.

Der Screenshot eines angeblichen Elternbriefs einer Bochumer Schule macht auf Facebook die Runde. Er ist Bestandteil einer Bildergalerie, die zudem einige Fotos eines Mannes und eines weißen Kleinbusses zeigt. In dem angeblichen Elternbrief steht, ein Mann solle einen Jungen vor einer Bochumer Schule verfolgt haben – suggeriert wird damit, es handele sich um den Mann auf den Fotos. 

Die Bildergalerie wurde mittlerweile offenbar gelöscht, die Fotos des Mannes sind jedoch in etlichen weiteren Beiträgen zu sehen (zum Beispiel hier, hier, hier oder hier). Dazu wird konkret behauptet, der Mann wolle Kinder „entführen“. Die Fotos wurden insgesamt mehrere Tausend Mal geteilt.

CORRECTIV.Faktencheck hat bei der zuständigen Polizei in Bochum nachgefragt, ob ihr ein solcher Vorfall bekannt sei. Diese teilt mit, dass sich seit 10. Juni tatsächlich Meldungen von besorgten Eltern mehren, deren Kinder angeblich dazu überredet worden sein sollen, in einen weißen Lieferwagen zu steigen. Bisher ließen sich solche Vorfälle allerdings durch die Arbeit erfahrener Ermittler nicht bestätigen. Die Polizei dementiert zudem einen Zusammenhang mit den Fotos des Mannes und des Kleinbusses.

Die Bildergalerie, wie sie auf Facebook kursierte. Der angebliche Elternbrief ist oben rechts zu sehen. (Screenshot und Verpixelung: CORRECTIV.Faktencheck)

Bochumer Polizei: „Wir können nicht bestätigen, dass ein Ansprechen in dieser oder ähnlicher Form stattgefunden hat“

„Erfahrene Ermittler der Bochumer Kriminalpolizei, denen die Tragweite und die Sensibilität dieser Thematik bewusst ist, beschäftigen sich intensiv mit den Schilderungen der Kinder. Bislang können wir nicht bestätigen, dass ein Ansprechen in dieser oder ähnlicher Form stattgefunden hat“, schreibt die Bochumer Polizei auf Anfrage per E-Mail. Und weiter: „Ein Grundschüler, der seinen Eltern am 14. Juni von einem solchen Vorfall erzählte, hat mittlerweile gegenüber den Beamten aus dem Fachkommissariat für Sexualdelikte eingeräumt, dass er das Ansprechen auf dem Schulweg erfunden hat.“

Die von den Eltern angezeigten Tatvorwürfe würden in Sozialen Netzwerken intensiv diskutiert und geteilt, teils werde von „Entführungsfällen“ gesprochen, die es so nach Kenntnis der Polizei nicht gegeben habe.

Die Polizei schreibt weiter: „Die auf verschiedenen Social-Media-Plattformen getätigten Vorwürfe können seitens der Polizei entkräftet werden. So war der Mann zum vermeintlichen ‘Tatzeitpunkt’ überhaupt nicht in Bochum und die Fotos, die im Februar dieses Jahres gemacht worden sind, bilden kein strafbares Verhalten ab.“ 

Mann auf den Fotos erstattet laut Polizei Anzeige wegen „übler Nachrede“

Der Mann auf den Fotos habe sich am vergangenen Wochenende bei der Polizei gemeldet: „Er sieht sich zu Unrecht in der Öffentlichkeit bloßgestellt und hat eine Anzeige gegen eine Vielzahl von Personen wegen ‘Übler Nachrede’ erstattet.“

Den Facebook-Beiträgen vorausgegangen waren mehrere Medienberichte, zuerst erschien ein Bericht von Radio Bochum. Dort wird von einem mutmaßlichen Fall vom 11. Juni berichtet, bei dem ein Mädchen von einem Mann mit weißem Lieferwagen angesprochen worden sein soll. Das Mädchen habe sich jedoch mit einem Trick von dem Mann entfernen können. Radio Bochum schreibt dazu, die Polizei habe den Vorfall gegenüber des Senders bestätigt. 

Wir haben den Pressesprecher der Bochumer Polizei, Volker Schütte, am 22. Juni telefonisch explizit zu diesem mutmaßlichen Vorfall befragt. Er widerspricht der Berichterstattung von Radio Bochum in einem zentralen Punkt: „Wir haben nur bestätigt, dass die Mutter des Mädchens dessen Aussagen bei der Polizei vorgetragen hat – nicht, dass der Vorfall sich so zugetragen hat.“ Ausschließen könne man laut Schütte nie, dass die Fälle so passiert seien, aber: „Wir haben zum aktuellen Zeitpunkt keine Sachbeweise, dass die Aussagen der Kinder so stimmen.“ Die Ermittlungen dauerten an und würden laut Schütte intensiv geführt. So würde zum Beispiel Videomaterial von Überwachungskameras ausgewertet.

Von der Bochumer Schule, von der der angebliche Elternbrief stamme, erhielten wir bis zur Veröffentlichung dieses Textes keine Antwort.

Fazit: Laut der Bochumer Polizei meldeten sich tatsächlich vermehrt besorgte Eltern bei der Polizei, weil ihre Kinder angeblich in weiße Lieferwagen gelockt worden sein sollen. Nach den bisherigen Ermittlungen sei dies bislang jedoch nicht bestätigt. Einen Zusammenhang mit dem Mann auf den Fotos im Facebook-Beitrag dementierte die Polizei. 

Redigatur: Uschi Jonas, Sarah Thust