Faktencheck

Keine Belege für dieses angebliche Fontane-Zitat

Auf Facebook kursiert ein angebliches Zitat von Theodor Fontane. So habe er gesagt, Menschen würden „zum Schweigen gebracht“, weil „sie die Wahrheit“ sagten. Dafür, dass Fontane das gesagt hat, gibt es laut dem Theodor-Fontane-Archiv der Universität Potsdam keine Belege.

von Till Eckert

fontane collage
Dieses Bild kursiert auf Facebook – es gibt jedoch keine Belege dafür, dass das Zitat von Theodor Fontane stammt (Screenshot und Collage: CORRECTIV.Faktencheck)
Behauptung
Angebliches Zitat von Theodor Fontane, wonach er gesagt habe, dass Menschen „zum Schweigen gebracht“ würden, wenn sie „die Wahrheit“ sagten.
Bewertung
Unbelegt. Es gibt keine Belege dafür, dass Theodor Fontane diese Aussage getroffen hat.

Auf Facebook kursiert ein Bild von Theodor Fontane, zusammen mit einem angeblichen Zitat. So soll Fontane gesagt haben: „Der Grund, warum Menschen zum Schweigen gebracht werden, ist nicht, weil sie lügen, sondern weil sie die Wahrheit reden. Wenn Menschen lügen, können ihre eigenen Worte gegen sie angewandt werden. Doch wenn sie die Wahrheit sagen, gibt es kein anderes Gegenmittel als die Gewalt.“

Wir haben zu dem angeblichen Zitat recherchiert. Eine Google-Suche führt unter anderem zu einem Beitrag im Blog „Zitateforschung“ des Philosophen und Zitateforschers Gerald Krieghofer. Krieghofer schreibt: „Dieses Zitat stammt nicht von Theodor Fontane, sondern aus einem Buch mit dem Titel ‚Die Jahrhundertlüge‘, in dem schon im zweiten Satz ein falsches George-Orwell-Zitat steht.“

Laut Theodor-Fontane-Archiv gibt es keine Belege dafür, dass das Zitat von Fontane stammt

Tatsächlich ist das Zitat in dem Buch auf Seite 277 zu finden, es wird dort jedoch nicht Theodor Fontane zugeschrieben, sondern stammt offenbar vom Autor Holger Fröhner selbst. Das Buch wurde erstmals 2006 veröffentlicht.

Laut Zitateforscher Gerald Krieghofer tauchte das Zitat erstmals im Jahr 2006 im Buch „Die Jahrhundertlüge“ auf (Quelle: Holger Fröhner: „Die Jahrhundertlüge“, Seite 277 / Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)

Es handele sich laut Krieghofer um ein Buch, das vor allem im rechtsextremen Milieu und von der Querdenker-Szene gelesen werde. In einem weiteren Buch desselben Autors sei es 2011 Theodor Fontane untergeschoben worden und verbreite sich seither im Netz.  

Krieghofer schreibt, das Theodor-Fontane-Archiv der Universität Potsdam habe ihm bestätigt, dass der Satz in den Briefen und Schriften Fontanes nicht zu finden sei. Wir haben ebenfalls beim Archiv nachgefragt. Ein Sprecher schrieb uns per E-Mail: ​​„Dafür, dass das fragliche Zitat von Theodor Fontane stammt, liegen keinerlei Belege vor.“

Redigatur: Sarah Thust, Steffen Kutzner