Faktencheck

Nein, der „Fluthilfe-Fonds“ wurde nicht speziell für Geflüchtete verwendet

Ein rechter Influencer behauptet, 2014 sei beschlossen worden, Geld aus dem „Fluthilfe-Fonds“ für Geflüchtete auszugeben. Das stimmt nicht: Aus dem Fonds wurden Hochwasserschäden aus dem Jahr 2013 beglichen. 1,8 Milliarden Euro blieben übrig und flossen zurück in den Bundeshaushalt.

von Sarah Thust

Hochwasser 2021
Fehlt Geld für die Opfer der Hochwasserkatastrophe 2021, weil 2014 ein Fluthilfe-Fonds für Geflüchtete ausgegeben worden sei? Nein: Erstens hat der Fluthilfe-Fonds mit den aktuellen Hochwassern nichts zu tun und zweitens flossen die daraus nicht genutzten Gelder 2016 zurück in den Bundeshaushalt. (Foto vom 25. Juli 2021: Picture Alliance / DPA / David Young)
Behauptung
Die Hilfen der Bundesregierung für die Betroffenen des Hochwassers seien „so gering“, weil 2014 beschlossen worden sei, Geld aus dem Fluthilfe-Fonds für Geflüchtete auszugeben.
Bewertung
Größtenteils falsch
Über diese Bewertung
Größtenteils falsch. Der Aufbaufonds nach dem Hochwasser 2013 hat mit den aktuellen Fluthilfen nichts zu tun und es wurde auch nicht 2014 beschlossen, Geld aus dem damaligen Fonds für Geflüchtete auszugeben. 2015 und 2016 gingen nicht verteilte Gelder daraus zurück in den Bundeshaushalt.

Nach dem Hochwasser in Deutschland behauptet der rechte Influencer „Neverforgetniki“, 2014 sei beschlossen worden, Geld aus „dem Fluthilfe-Fonds“ für Geflüchtete auszugeben. Er erweckt den Eindruck, deswegen fehle es nun an Hilfsgeldern für Betroffene. Der Beitrag wurde auf Facebook und Twitter insgesamt mehr als 1.700 Mal geteilt – doch die Behauptung ist falsch. 

Es wurde nie beschlossen, Geld aus dem Aufbaufonds aus dem Jahr 2013 zweckgebunden für Geflüchtete zu verwenden. Der im Beitrag genannte Fonds wurde zudem längst verteilt. Er hat nichts mit den schweren Hochwassern 2021 zu tun, sondern mit der Hochwasserkatastrophe 2013

Der Hintergrund: Nach einer Hochwasserkatastrophe in Deutschland im Mai und Juni 2013 hat der Bund acht Milliarden Euro Aufbauhilfen gestellt. Laut Medienberichten gab es 2014 Pläne, nicht genutzte Mittel an die Länder zu verteilen für die Unterbringung von Asylbewerbern – das sei jedoch nicht umgesetzt worden. 2015 und 2016 gingen nicht genutzte 1,8 Milliarden zurück in den Bundeshaushalt, wie uns das Bundesfinanzministerium bestätigte.

Twitter-Beitrag von Neverforgetniki
Der rechte Influencer „Neverforgetniki“ verbreitete die Falschbehauptung am 20. Juli in den Sozialen Netzwerken (Quelle: Twitter / Screenshot am 2. August: CORRECTIV.Faktencheck)

Aus dem Aufbauhilfefonds 2013 flossen knapp 1,8 Milliarden Euro zurück in den Bundeshaushalt

Wir haben auf Google nach den Begriffen „Fluthilfe-Fonds Flüchtlinge“ gesucht – und fanden weitere Medienberichte, die sich alle auf das Hochwasser 2013 beziehen. Mit dem Aufbauhilfefonds finanzierten Bund und Länder damals die Schadensbeseitigung und den Wiederaufbau. Insgesamt wurde der Fond „Ausbauhilfe“ mit acht Milliarden Euro ausgestattet. 

Eine Sprecherin des Bundesfinanzministeriums schrieb uns am 30. Juli per E-Mail: „In den Jahren 2015 und 2016 wurden insgesamt rund 1,8 Mrd. Euro aus dem Sondervermögen ‘Aufbauhilfe’ wieder im Bundeshaushalt vereinnahmt, weil die Schadensermittlung ergeben hatte, dass die Mittel für den gesetzlich bestimmten Zweck nicht mehr benötigt wurden.“

Auch aus den Bundeshaushaltsplänen für 2017 und 2018 geht hervor, dass 2015 und 2016 rund 1,754 Milliarden Euro aus dem Aufbauhilfe-Fonds in den Bundeshaushalt zurückgeflossen sind. 

Solche Mittel, die nicht mehr benötigt werden und in den Bundeshaushalt zurückfließen, dienen der Finanzierung aller Ausgaben – und sind nicht zweckgebunden

Es kann sein, dass indirekt Teile des Geldes für Geflüchtete ausgegeben wurden. Seit 2016 beteiligt sich der Bund finanziell an den Kosten der Unterkunft für Geflüchtete, um Länder und Kommunen zu entlasten. Dies wurde aber nicht explizit durch die Aufbauhilfen finanziert, sondern aus dem Bundeshaushalt. 

Die aktuellen Hochwasser-Hilfen stammen nicht aus dem Aufbauhilfefonds 2013

Am 21. Juli kündigte Finanzminister Olaf Scholz laut Medienberichten an, dass zunächst 200 Millionen Euro Soforthilfen aus dem Bundeshaushalt bereitgestellt würden. Dazu sollten die Länder 200 Millionen Euro beisteuern. 

Die Sprecherin des Bundesfinanzministeriums schrieb uns zudem: „In Bezug auf die aktuelle Hochwasserkatastrophe hat die Bundesregierung beschlossen, dass sich der Bund zu 50 Prozent an den Soforthilfen der betroffenen Länder beteiligt. Derzeit laufen die Gespräche mit den Ländern zur Umsetzung des Beschlusses.“ Die Mittel dafür sollten aus dem Bundeshaushalt außerplanmäßig bereitgestellt werden.

e-mail finanzministerium
In einer E-Mail beantwortet eine Sprecherin den Bundesfinanzministeriums am 29. Juli die Frage: „Wurden Gelder aus Hochwasser-Hilfefonds für Geflüchtete eingesetzt?“ (Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)

Fazit: Es stimmt nicht, dass 2014 beschlossen wurde, Geld aus dem „Fluthilfe-Fonds“ für Geflüchtete auszugeben. 

Richtig ist: Nach der Hochwasserkatastrophe 2013 hat die Bundesregierung einen Aufbaufonds für Betroffene angelegt. 1,8 Milliarden aus dem Fonds blieben übrig – und flossen 2015 und 2016 zurück in den Bundeshaushalt. Die Soforthilfen nach der Hochwasserkatastrophe 2021 werden aus dem Bundeshaushalt bereitgestellt. 

Redigatur: Till Eckert, Tania Röttger

Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck:

  • Bundeshaushaltspläne: 2016 (Link), 2017 (Link), 2018 (Link), 2021 (Link)
  • Kabinettsbericht zur Flutkatastrophe 2013 (4. September 2013): Link
  • Gesetz zur Beteiligung des Bundes an den Kosten der Integration und zur weiteren Entlastung von Ländern und Kommunen (6. Dezember 2016): Link