Coronavirus: Nein, Drosten sagte nicht, dass eine Ansteckung „am besten“ vor Covid-19 schützt
Auf Facebook kursiert die Behauptung, Christian Drosten habe gesagt, eine Infektion mit dem Coronavirus schütze „am besten“ vor dem Coronavirus. Das stimmt so nicht, eine Aussage des Virologen wird missverständlich interpretiert.
„Jetzt erzählt der Drosten allen Ernstes, dass sich Geimpfte auch infizieren sollen am besten, weil dann wird die Immunität nochmal verstärkt. Also man wird am besten vor einer Ansteckung geschützt, indem man sich ansteckt“, das behauptet eine Frau in einem Video, das am 9. September auf Facebook veröffentlicht und bereits mehr als 54.000 Mal geteilt wurde.
Doch die Behauptung führt in die Irre. Drosten hat sich so nicht geäußert. Eine Aussage, die der Virologe im NDR-Podcast getroffen hat, wird missverständlich interpretiert.
Im NDR-Podcast sagte Drosten am 6. September: „Mein Ziel als Virologe Drosten, wie ich jetzt gerne immun werden will, ist: Ich will eine Impfimmunität haben und darauf aufsattelnd will ich dann aber durchaus irgendwann meine erste allgemeine Infektion und die zweite und die dritte haben. Damit habe ich mich schon lange abgefunden.“
Drosten sagte nicht, dass eine Ansteckung besser vor Covid-19 schützt als eine Impfung
Drosten sagte also nicht, wie aktuell in Sozialen Netzwerken fälschlicherweise behauptet wird, dass nur eine Infektion vollständigen oder besseren Schutz vor einer Covid-19-Erkrankung bietet als eine Impfung.
Was der Virologe stattdessen damit meint, erklärt sich, wenn man ihm weiter zuhört: „Und dann weiß ich, bin ich richtig langhaltig belastbar immun und werde nur noch alle paar Jahre überhaupt mal dieses Virus sehen, genau wie ich die anderen Coronaviren auch immer mal wieder sehe. Das kann ich als relativ gesunder Erwachsener so für mich verantworten. Es gibt andere Bevölkerungsgruppen, die können das natürlich nicht. Aber ich kann das für mich selbst, für meine eigene Gesundheit auch nur verantworten, weil ich jetzt zweifach geimpft bin. Und ich muss zugeben, ich wäre gerne auch noch ein drittes Mal geimpft.“
Kontakt mit dem Virus kann Drosten zufolge wichtig für den weiteren Verlauf der Pandemie werden – denn durch eine ausreichende Impfquote könnte sich das Coronavirus zu einem weniger gefährlichen Krankheitserreger entwickeln, etwa einer gewöhnlichen Erkältung, die ebenfalls oft durch permanent zirkulierende Coronaviren hervorgerufen wird. Durch den wiederkehrenden Kontakt mit dem Virus werde auch die Immunität der Bevölkerung immer belastbarer: „Und da kriege ich dann Schleimhautimmunität, die ortsständig ist.“ Diese Immunität und lokale Antikörper schützen auf Dauer robuster vor dem Coronavirus.
Zudem betonte Drosten weiter, für wie wichtig er das Impfen hält: „Und darum sage ich weiter auch mit großer Überzeugung, dass wir uns aus dieser Pandemie rausimpfen können, wenn wir über eine Impfquote von 90 Prozent kommen – gesamtgesellschaftlich. Das sollte auch unser Ziel sein.“
Frau stellt in Video weitere irreführende Behauptung zu Covid-19-Impfungen auf
Im Video auf Facebook stellt die Frau noch weitere Behauptungen auf, zu denen wir bereits Faktenchecks veröffentlicht haben. So behauptet sie unter anderem: „Eine richtige Impfung bedeutet, ich kann mich nicht anstecken.“ Das ist falsch.
So erklärt beispielsweise das Bundesgesundheitsministerium auf seiner Webseite: „Es kann jedoch auch trotz Covid-19-Impfung zu einer Covid-19-Erkrankung kommen, da die Impfung keinen hundertprozentigen Schutz bietet.“ Auch das Robert-Koch-Institut (RKI) erklärt, dass die Wahrscheinlichkeit, dass sich eine geimpfte Person anstecke, gering sei – aber eben nicht Null.
Der Infektiologe Bernd Salzberger erklärte gegenüber dem Bayerischen Rundfunk, dass fast keine Impfung eine Schutzwirkung von 100 Prozent habe. Impfdurchbrüche gebe es schon lange. Die Wirksamkeit der aktuell zugelassenen Covid-19-Impfstoffen sei hoch, durch das Auftreten neuer Coronavirus-Varianten könne sie jedoch etwas abgeschwächt werden.
Dass Menschen trotz Impfung das Coronavirus übertragen können, ist nicht überraschend
Weiter suggeriert die Frau im Video, es sei überraschend, dass Geimpfte das Virus an andere übertragen könnten und dass es trotz Impfung zu schweren Covid-19-Verläufen kommen kann. Diesen Behauptungen fehlt relevanter Kontext.
Dass Geimpfte das Coronavirus übertragen können, ist nicht überraschend und auch bei anderen Viruerskrankungen beobachtet worden. Das hatten wir bereits in einem Faktencheck erklärt. Das RKI erklärt jedoch, in der Summe sei das Risiko einer Virusübertragung durch die Impfung stark vermindert. Es müsse zwar davon ausgegangen werden, „dass einige Menschen nach Kontakt mit SARS-CoV-2 trotz Impfung (asymptomatisch) PCR-positiv werden und dabei auch infektiöse Viren ausscheiden“. Geimpfte spielten jedoch mutmaßlich für die Verbreitung des Coronavirus „keine wesentliche Rolle“ mehr.
Es stimmt, dass Geimpfte trotzdem erkranken können, unter Umständen auch mit einem schweren Verlauf. Insgesamt schützen die Impfstoffe dem RKI zufolge jedoch gut vor schweren Verläufen. Dass es trotzdem dazu kommen kann, kann unterschiedliche Ursachen haben: Ein schwaches Immunsystem, Vorerkrankungen, das Auftreten von Mutationen oder die Tatsache, dass die Impfwirkung nach einiger Zeit nachlässt.
Redigatur: Steffen Kutzner, Tania Röttger
Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck: