Italien: Dieser Protest richtet sich nicht gegen Corona-Impfungen, sondern gegen Stellenabbau bei Alitalia
Auf Facebook und Telegram verbreitet sich ein Video, das Flugbegleiterinnen bei einem Protest in Italien zeigt. Sie würden die Corona-Impfung „verweigern“, heißt es. Das ist falsch: Die Flugbegleiterinnen protestierten gegen Stellenabbau bei der Fluggesellschaft Alitalia – der hatte aber mit Corona-Impfungen nichts zu tun.
In Sozialen Netzwerken kursiert seit Mitte Oktober ein Video, in dem Flugbegleiterinnen in Italien ihre Uniformen ausziehen und niederlegen (hier, hier und hier). Im Titelbild des Videos heißt es in vier Sprachen: „Italienische Stewardessen verweigern Todesspritze“. In einigen Beiträgen wird zudem behauptet, die Frauen hätten die Corona-Impfung verweigert und dafür ihren Job riskiert.
Das stimmt nicht – die Frauen sind Flugbegleiterinnen und protestierten Mitte Oktober gegen Stellenabbau bei Alitalia, indem sie ihre Uniformen auf dem Campidoglio-Platz in Rom auszogen. Die Fluglinie Alitalia war von der kleineren Linie ITA übernommen worden.
Video wurde ursprünglich von einer Gewerkschaft veröffentlicht
Wie Recherchen der AFP belegen, wurde das Protest-Video ursprünglich von der Gewerkschaft USB (auf Italienisch: „Unione Sindacale di Base“) veröffentlicht. Eine 30 Minuten lange Live-Übertragung des Protests war auf der Facebook– und Webseite der Gewerkschaft zu sehen – zwei Tage bevor das zweiminütige Video des Protests in Italien mit der falschen Behauptung viral ging.
Es sind dieselben Aufnahmen, wie in den Videos auf Facebook und Telegram: Die Flugbegleiterinnen ziehen auf dem Campidoglio-Platz in Rom ihre Uniformen aus und stehen am Ende in Unterwäsche auf dem Platz. Die Live-Übertragung des Protests auf der Facebook- und Webseite der USB wird allerdings von einer Stellungnahme der Gewerkschaft begleitet. In der Stellungnahme gibt die Gewerkschaft an, dass die Flugbegleiterinnen der Linie Alitalia gegen die geplante Entlassung von 8.000 Beschäftigten bei der Fluggesellschaft protestieren.
Impfungen, Corona-Regeln oder die Pandemie werden in der Stellungnahme der Gewerkschaft nicht erwähnt. Gegenüber der AFP bestätigte USB-Sprecher Piero Santonastaso: Die Gewerkschaft habe die Kundgebung mitorganisiert und könne bestätigen, dass sie „nichts mit Impfungen zu tun hatte“.
Während der Corona-Pandemie werden immer wieder Bilder von Kundgebungen in Sozialen Netzwerken aus dem Zusammenhang gerissen
Im Laufe der Covid-19-Pandemie wurden einige Aufnahmen von Kundgebungen und Menschenmengen in falschem Kontext verbreitet. Immer wieder heißt es, sie zeigten Proteste gegen geltende Corona-Auflagen.
Seit vergangenem Jahr überprüften wir mehrere solcher Behauptungen: Die Bilder zeigten Brexit-Proteste in Großbritannien, einen Protest von Stahlarbeitern in Genua oder Fußballfans, die 2018 den WM-Sieg Frankreichs feierten – Corona-Proteste zeigen sie nicht.
In einer Analyse samt interaktiver Grafik zeigt das Faktencheck-Netzwerk European Digital Media Observatory (EDMO) Beispiele aus ganz Europa, in denen Bilder von Menschenmengen fälschlicherweise als Corona-Proteste verbreitet werden.
Redigatur: Sarah Thust, Tania Röttger