Faktencheck

Impfpflicht: Nein, Ursula von der Leyen hat nicht die Abschaffung des Nürnberger Kodex gefordert

Ursula von der Leyen hat angeblich Zwangsimpfungen gegen Covid-19 und die Abschaffung des Nürnberger Kodex gefordert. Das wird in mehreren Facebook-Beiträgen behauptet und mit einem angeblichen Zitat von ihr belegt. Das Zitat ist jedoch frei erfunden.

von Steffen Kutzner

Belgium EU Summit
Ursula von der Leyen soll eine Abschaffung des Nürnberger Kodex gefordert haben. Das stimmt nicht. (Bild: Picture Alliance / Associated Press / Geert Vanden Wijngaert)
Behauptung
Ursula von der Leyen habe zugunsten von Zwangsimpfungen die Abschaffung des Nürnberger Kodex gefordert.
Bewertung
Frei erfunden
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Frei erfunden. Von der Leyen hat nicht die Abschaffung des Nürnberger Kodex gefordert und sich auch nicht für Zwangsimpfungen ausgesprochen. Das Zitat ist frei erfunden; eine Aussage auf einer Pressekonferenz wird falsch interpretiert.

Spätestens seit dem 3. Dezember wird auf Facebook behauptet, dass EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen eine Aufhebung des Nürnberger Kodex gefordert habe. Weiter soll Ursula von der Leyen gesagt haben: „Wir müssen es in Erwägung ziehen, Einzelpersonen dazu zu zwingen, diesen Impfstoff gegen ihren Willen einzunehmen.“

Der Nürnberger Kodex ist eine Verhaltensrichtlinie für Ärzte und Forschende, die medizinische oder psychologische Experimente an Menschen durchführen. Der Kodex besteht aus zehn Prinzipien und besagt unter anderem, dass Menschen Experimenten, an denen sie teilnehmen, zustimmen müssen und sie abgebrochen werden müssen, falls eine Schädigung oder der Tod der Teilnehmenden erwartbar ist.

Von der Leyen hat weder die Abschaffung des Nürnberger Kodex gefordert, noch Zwangsimpfungen gefordert.

Beiträge wie dieser kursieren seit Anfang Dezember auf Facebook. Ursula von der Leyen hat jedoch weder Zwangsimpfungen gefordert, noch eine Abschaffung des Nürnberger Kodex. (Quelle: Facebook; Screenshot und Schwärzung: CORRECTIV.Faktencheck)

Von der Leyen forderte weder Zwangsimpfungen noch die Abschaffung des Nürnberger Kodex in einer Pressekonferenz 

Wir haben eine Anfrage an von der Leyens Büro geschickt. Pressesprecher Peter Müller sieht die Ursache der Behauptung in einer Aussage von der Leyens bei einer Pressekonferenz am 1. Dezember (Minute 22:14). Das auf Facebook zu dem angeblichen Zitat verbreitete Foto stammt offenbar auch von dieser Konferenz – von der Leyen trug dieselbe Kleidung und denselben Schmuck. 

Damals hatte eine Journalistin gefragt (ab Minute 21:41), wie ihre Einstellung zur Impfpflicht sei. Von der Leyen antwortete darauf, dass dies allein in die Zuständig der einzelnen EU-Mitgliedstaaten falle und sie daher keine Empfehlung aussprechen könne. Ihrer persönlichen Ansicht nach sei die Impfung in der EU noch nicht in ausreichendem Maße verabreicht worden und es entstünden deshalb hohe Kosten im Gesundheitssystem. 

Von der Leyen sagt weiter: „Nicht jeder kann geimpft werden, aber die allermeisten schon. Deshalb ist es meiner Ansicht nach nachvollziehbar und angemessen, jetzt darüber zu diskutieren, wie wir die Leute zu Impfungen bewegen können und auch über eine eventuelle Impfpflicht in der EU nachzudenken. Das muss diskutiert werden, wir brauchen eine gemeinsame Lösung.“

Pressesprecher Müller betont: „Mit Nürnberg hat das nichts zu tun.“ Auch um Zwangsimpfungen geht es in dem Statement nicht. 

Eine Suche bei Google und Genios nach dem angeblichen Zitat hat ebenfalls keine relevanten Treffer ergeben. Es scheint frei erfunden zu sein und bedient die Narrative von der Covid-19-Impfung als Experiment, das gegen den Willen der Menschen durchgeführt werde. Eine ähnliche Behauptung hatten wir bereits im März überprüft.

Die Faktencheck-Redaktion von Full Fact hat sich ausführlich mit dem Nürnberger Kodex in Zusammenhang mit Covid-19-Impfungen beschäftigt. 

Redigatur: Sophie Timmermann, Matthias Bau

Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck:

  • Pressekonferenz mit Ursula von der Leyen vom 1. Dezember 2021: Link