Faktencheck

Keine Belege, dass diese Autos wegen eines pro-russischen Korsos angezündet wurden

Auf Facebook und Telegram kursiert ein Video, das Autos zeigt, die angeblich von Ukrainern in Berlin oder in Hannover in Brand gesteckt worden sein sollen. Gehören sollen diese Russen, die an einem pro-russischen Autokorso teilgenommen hätten. Belege dafür gibt es laut der Polizei jedoch nicht.

von Sophie Timmermann

Beschädigte Autos
Ein Ausschnitt des Videos, das sich verbreitet: Es stammt aus Hannover, einen Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine gibt es laut Polizei nicht. (Quelle: Facebook; Screenshot und Collage: CORRECTIV.Faktencheck)
Behauptung
Ein Video zeige verbrannte Autos in Berlin beziehungsweise Hannover, deren Besitzer Russen seien beziehungsweise bei einem Autokorso mitgemacht hätten. Ukrainische Flüchtlinge würden solche Attacken planen.
Bewertung
Teilweise falsch
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Teilweise falsch. Anders als teils behauptet wird, stammt das Video nicht aus Berlin, sondern aus Hannover. Die Polizei ermittelt dort wegen vorsätzlicher Brandstiftung. Ansatzpunkte dafür, dass diese im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine stehen, gebe es bislang nicht. Die Besitzer der Autos seien nicht russischstämmig.

Auf Facebook kursiert seit Mitte April ein Video mehrerer ausgebrannter Autos. Dazu heißt es: „Berlin! 6 Autos verbrannt! Die Autos gehören den Besitzern die an einem Autokorso mitgemacht haben [sic]! Ukrainische Flüchtlinge planen solche Attacken in ihren Gruppen!“ Dasselbe Video wurde zuvor auf Telegram (hier, hier und hier) verbreitet, dort hieß es jedoch, der Vorfall habe sich in Hannover ereignet und die Autos würden „Russen gehören“. Für die Behauptungen gibt es laut der Polizei in Hannover jedoch keine Anhaltspunkte.

Deutschlandweit wurden im April verschiedene „prorussische“ Autokorsos organisiert. In Berlin nahmen am 3. April 2022 laut Angaben der Polizei 900 Personen mit 450 Autos an einem Autokorso teil. In Hannover waren es am 10. April 2022 laut der Polizei 600 Personen mit 400 Fahrzeugen. Etwa 3.500 Menschen versammelten sich zu Gegenprotesten.

Beschädigte Autos
In dem Beitrag wird behauptet, die Autos seien in Berlin verbrannt. Das stimmt nicht. Auch gibt es keine Belege, dass sie von Ukrainern in Brand gesteckt wurden. (Quelle: Facebook; Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)

Brand fand in Hannover statt, laut Polizei bisher keine Anhaltspunkte für politisch motivierte Tat

Anders als auf Facebook behauptet, stammt das geteilte Video jedoch nicht aus Berlin, sondern tatsächlich aus der niedersächsischen Landeshauptstadt. Die Polizeidirektion Hannover schrieb in einer Pressemeldung, in der Nacht zum 15. April hätten Unbekannte mehrere Fahrzeuge im Stadtteil Kleefeld in der Fichtestraße angezündet. Bilder der Petrikirche und der Häuserfassade belegen, dass es sich um die im Video gezeigte Straße handelt.

Petrikirche Hannover
Die Petrikirche (rechts) befindet sich am Ende der Fichtstraße und ist in dem Video (links) zu sehen. Zu erkennen ist das beispielsweise an der speziellen Dachform, der Form der Fenster und der Verzierungen darunter. (Quelle: Facebook / Google Maps; Screenshot und Collage: CORRECTIV.Faktencheck)

Auf unsere Anfrage schrieb uns die Pressestelle der Polizei Hannover, der Zentrale Kriminaldienst ermittle wegen vorsätzlicher Brandstiftung. Derzeit werde in alle Richtungen ermittelt und dabei auch eine politische Tatmotivation geprüft. Belastbare Anhaltspunkte dafür lägen bislang jedoch nicht vor.

Dass es sich bei den Besitzern der Autos, wie in den Telegram-Beiträgen behauptet, um Russen handele, verneinte die Polizei: „Bei den Haltern der ausgebrannten bzw. beschädigten Fahrzeugen liegt kein Migrationshintergrund im Kontext des Russland-Ukraine-Konflikts vor.“

Ähnliche Behauptungen über angeblich im Zusammenhang mit dem Russland-Ukraine-Krieg beschädigte Autos gab es bereits in Berlin und Hamburg. Sie stellten sich als falsch heraus, wie wir berichteten (hier und hier). 

Einen Überblick mit allen Faktenchecks von uns im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine finden Sie hier.

Redigatur: Matthias Bau, Uschi Jonas