Faktencheck

Das sind die Unterschiede zwischen der gesetzlichen Rente und der Beamtenpension

Auf Facebook verbreitet sich ein Bild mit Text, welches das Rentenniveau und die Pension von Verbeamteten gegenüberstellt. Doch es fehlt wesentlicher Kontext, und die beiden Systeme zur Altersvorsorge lassen sich grundsätzlich nur schwer miteinander vergleichen.

von Sophie Timmermann

Symbolbild Rente
Es gibt wichtige Unterschiede zwischen der gesetzlichen Rente und der Pension von Verbeamteten. Diese werden auf Facebook außer Acht gelassen (Symbolbild: Pixabay / wir_sind_klein)
Behauptung
Menschen, die arbeiten und Rentenbeiträge zahlen würden, erhielten 48 Prozent Rente. Beamte würden keine Rentenbeiträge bezahlen, aber 71,75 Prozent Pension erhalten.
Bewertung
Fehlender Kontext
Über diese Bewertung
Fehlender Kontext. Nicht alle Menschen bekommen eine Rente in Höhe von 48 Prozent ihres Gehalts. Bei der Zahl handelt es sich um das sogenannte Rentenniveau, welches ein statistischer Durchschnittswert ist – er sagt nichts über die Höhe der individuellen Rente aus. Auch Verbeamtete erhalten nicht alle eine Pension in Höhe von 71,75 Prozent ihrer vorherigen Besoldung. Bei dieser Zahl handelt es sich um den möglichen Höchstsatz, im Schnitt liegt der Wert bei 67,2 Prozent.

Auf Facebook verbreitet sich seit dem 22. Mai ein Bild mit dem Text: „Warum erhalten Menschen, die arbeiten und Beiträge zahlen 48 Prozent Rente und Beamte, die keine Beiträge bezahlen 71,75 Prozent Pension?“ Der Beitrag wurde bisher mehr als 2.900 Mal (Stand: 31. Mai) geteilt. Bilder mit ähnlichen Behauptungen kursierten bereits 2018

Dabei werden jedoch grundlegende Unterschiede zwischen der Pension von Verbeamteten und der gesetzlichen Rente außer Acht gelassen. Bei dem Rentenniveau, auf das sich der Wert 48 Prozent wohl bezieht, handelt es sich um einen Durchschnittswert. Richtig ist zwar: Die Pension von Beamten ist durchschnittlich höher als eine Rente. Bei dem angegebenen Prozentsatz von 71,75 für Beamtinnen und Beamten handelt es sich jedoch um den Höchstsatz – der Durchschnittswert liegt laut dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) darunter.

Bild mit Text über Rente
Dieses Bild über angebliche Rentenbezüge von Beamten und Nicht-Beamten wird auf Facebook geteilt (Quelle: Facebook; Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)

BMAS: Systeme der Altersabsicherung beruhen auf unterschiedliche Prinzipien und sind nicht zu vergleichen

Hinter den beiden Systemen der Altersabsicherung stünden unterschiedliche Prinzipien, schrieb uns das BMAS auf Anfrage. Bei der Altersvorsorge wird allgemein von drei Säulen gesprochen: Die gesetzliche Rentenversicherung erfülle die Funktion einer Regelsicherung (erste Säule), die betriebliche Altersvorsorge und eine privaten Vorsorge (zum Beispiel die Riester-Rente) sind Zusatzvorsorgen und bilden die zweite und dritte Säule.

Tatsächlich ergänzen viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihre gesetzliche Rente mit einer betrieblichen Rente. Einer Umfrage von 2021 zufolge hatten rund 18,5 Millionen Menschen eine Betriebsrente oder leben mit Menschen in einem Haushalt, die darauf Anspruch haben. Die Pension von Verbeamteten deckt laut BMAS die erste und zweite Säule ab, also eine Regel- und Zusatzsicherung. 

Auch das Geld für die beiden Systeme kommt aus unterschiedlichen Töpfen. Die gesetzliche Rentenversicherung wird vor allem durch Beiträge von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern sowie Zuschüsse des Bundes finanziert. 

Verbeamtete zahlen tatsächlich keine Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung ein. Statt einer gesetzlichen Rente erhalten sie eine staatliche Pension.

Rentenniveau gibt das Verhältnis zwischen der Höhe der Rente und dem durchschnittlichen Einkommen an

Bei den 48 Prozent Rente, von denen auf Facebook die Rede ist, handelt es sich vermutlich um das sogenannte Rentenniveau. Damit wird angegeben, wie hoch die Rente später im Verhältnis zum Gehalt ausfällt. Berechnet wird das Rentenniveau anhand von zwei Annahmen: Erstens, dass die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer 45 Jahre lang in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlt. Zweitens, dass er oder sie über diese Zeit ein Einkommen hat, dass dem bundesweiten Durchschnitt entspricht. Aktuell sind das laut der Deutschen Rentenversicherung 38.901 Euro Brutto. Ende 2021 lag das Rentenniveau bei 48,2 Prozent, schrieb uns Dirk Manthey, Pressesprecher der Deutschen Rentenversicherung. Ab Juli 2022 liege es bei 48,1 Prozent, erklärte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales. 

Rentenniveau sagt nichts über individuelle Rentenansprüche aus

„Das Rentenniveau ist damit eine Kennzahl für die Leistungsfähigkeit des Rentensystems”, so das BMAS. Vereinfacht ausgedrückt werde damit gezeigt, wie sich die Renten im Verhältnis zu den Löhnen entwickeln. Es diene jedoch nicht dazu, Aussagen über individuelle Rentenansprüche zu treffen. Anders als auf Facebook behauptet, sagt es somit nichts über die Höhe der Rente aus. Denn nicht alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zahlen 45 Jahre lang ohne Unterbrechung in die Rentenversicherung ein oder haben das Durchschnittseinkommen, das zur Berechnung des Rentenniveaus genutzt wird. 

Die individuelle Rentenhöhe sei abhängig von der Dauer und der Höhe der Beitragszahlung, sowie zum Beispiel Arbeitslosigkeit, Zeiten der Kindererziehung oder der Ausbildung, bestätigte auch Dirk Manthey. Rentnerinnen und Rentner, die die überwiegende Zeit ihres Erwerbslebens in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert waren und auf mindestens 35 Versicherungsjahre kommen, erhielten Ende 2020 laut Manthey eine durchschnittliche Brutto-Altersrente, also vor dem Abzug von Steuern, von 1.466 Euro (Männer 1.632 Euro, Frauen 1.225 Euro). 

Ruhegehalt von Beamten liegt im Schnitt unter 71,75 Prozent

Beamte verdienen im Schnitt mehr als normale Angestellte und bekommen im Schnitt eine höhere Pension. Laut dem Statistischen Bundesamt lag diese 2021 bei Personen des öffentlichen Diensts bei 3.160 Euro Brutto. Voraussetzung für eine Pension ist unter anderem eine Dienstzeit von mindestens fünf Jahren.

Die Höhe der Pension wird anhand der Dienstzeit und den Dienstbezügen aus den letzten zwei Jahren vor der Pensionierung berechnet. Die Pension kommt vom sogenannten Dienstherren (zum Beispiel den Ländern oder dem Bund).

Die Beamtenpension erhöhe sich laut BMAS mit jedem Jahr um 1,79375 Prozent. Sie sei begrenzt auf maximal 71,75 Prozent und werde erst bei einer Dienstzeit von 40 Jahren (in Vollzeit) erreicht. Jedes weitere Dienstjahr wirke sich nicht mehr auf die Pension aus. Die 71,75 Prozent entsprechen der Zahl, die auf Facebook genannt wird, allerdings handelt es sich laut BMAS um den Höchstruhegehaltssatz. Der tatsächlich erreichte Satz liege in der Regel darunter. Laut dem Bundesinnenministerium lag der Durchschnitt für Verbeamtete und Richterinnenen und Richter 2021 bei 67,2 Prozent.

Redigatur: Viktor Marinov, Matthias Bau

Update, 1. Juni 2022: Wir haben die Bewertung und den Texteinstieg umformuliert und die Bewertung von „teilweise falsch“ zu „fehlender Kontext“ geändert.

Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck: 

  • Häufig gestellte Fragen zur Altersversorgung, Bundesinnenministerium: Link
  • Häufige Fragen zur Rente, Deutsche Rentenversicherung: Link