Gefälschtes Video stammt nicht von der Bild und hat nichts mit ukrainischen Geflüchteten zu tun
Ein angebliches Video der Bild-Zeitung wird verbreitet, um Stimmung gegen ukrainische Flüchtlinge zu machen. Diese hätten bei dem Versuch, eine russische Flagge zu verbrennen, ihre Unterkunft in Wulfen niedergebrannt, heißt es darin. Der Vorfall ist frei erfunden, das Video eine plumpe Fälschung.
Auf Youtube und in Sozialen Netzwerken (hier und hier) verbreitet sich ein Video mit dem Titel „Ukrainische Flüchtlinge brennen das Haus ihrer Gastgeber nieder“. Darin wird behauptet, Flüchtlinge aus der Ukraine hätten ein Haus niedergebrannt. Zuvor hätten sie versucht, „mit der höllischen Tesla-Maschine“ eine russische Flagge zu verbrennen. In dem Video ist oben rechts das Logo der Bild zu sehen. Links sind ein Ort und ein Datum angegeben: „Wulfen, Sachsen-Anhalt 10. Mai 2022“. Es soll sich demnach um einen aktuellen Vorfall handeln.
Doch der angebliche Beitrag ist eine Fälschung, die aus Aufnahmen von drei, teilweise mehrere Jahre alten Ereignissen zusammengeschnitten ist. Geflüchtete aus der Ukraine haben damit nichts zu tun. Die Bild-Redaktion bestätigte, dass sie eine solche Meldung nicht veröffentlicht hat.
Erster Teil des Videos mit Teslaspule stammt von einem Studenten aus Tschechien
Das Video beginnt mit den Aufnahmen eines sogenannten Tesla-Transformators, der Hochspannung erzeugt, auch Teslaspule genannt, neben einer russischen Flagge. Aus der Teslaspule schießen Blitze heraus, die die Flagge entzünden. Oben im Video ist ein Profilname zu sehen: „@marek415“.
Eine Google-Suche nach @marek415 führt zum Instagram-Profil eines tschechischen Studenten namens Marek Novotný. Auf seinem Profil sind weitere Videos mit einer Teslaspule zu finden, etwa unter einem Weihnachtsbaum oder auf einem Balkon. Die Faktencheck-Redaktion der AFP hat Novotný kontaktiert und nach dem Video gefragt – der Student bestätigte demnach, dass er der Urheber des Video-Ausschnitts mit der Teslaspule sei.
„Ich habe das vor ungefähr zwei Monaten aufgenommen und auf Youtube und Instagram veröffentlicht“, sagte er der AFP. Das Video sei in Tschechien entstanden und als Unterstützung für die Ukraine gedacht. „Nun habe ich es auf Instagram gelöscht und auf Youtube auf privat gestellt. Ich will nicht, dass das Video noch mehr Schaden anrichtet.“ Die AFP hat nach eigenen Angaben das Originalvideo erhalten und verifiziert, dass es sich um dieselben Aufnahmen wie im angeblichen Bild-Bericht handelt.
Zweiter Teil des Videos zeigt einen neun Jahre alten Hausbrand
Nach den ersten Bildern von der Tesla-Spule gibt es einen Schnitt im Video, man sieht ein brennendes Haus. Separat von dem Video verbreiten sich auch Screenshots dieser Aufnahme im Netz – sie zeigen das Haus und einen angeblichen Bild-Artikel mit einer ähnlichen Behauptung wie im Video.
Zu diesem angeblichen Artikel haben wir bereits am 19. Mai einen Faktencheck veröffentlicht. Der stellvertretende Chefredakteur der Zeitung, Timo Lokoschat, bezeichnete den Screenshot auf Twitter als Fälschung. „Ein kompletter Fake“, schrieb er. Eine solche Meldung oder Beitrag habe es von Bild nie gegeben, bestätigte uns auch ein Sprecher der Zeitung.
Eine Bilder-Rückwärtssuche mit einem Standbild aus dem Video zeigt, dass die Aufnahme von dem brennenden Haus mindestens neun Jahre alt ist. Das Video tauchte schon im Juli 2013 auf Youtube auf und zeigt offenbar einen Brand in Walluf, einem Vorort von Wiesbaden. Ein Medienbericht vom 19. Juli 2017 bestätigt, dass dort der Dachstuhl eines Einfamilienhauses Feuer gefangen hatte. Das Video hat also mit Geflüchteten aus der Ukraine nichts zu tun.
Letzte Szene stammt aus einem alten Video von einem Dachstuhlbrand in Niedersachsen
Die letzte Szene im Video zeigt eine junge Frau, die in einem abgebrannten Haus steht und unter Tränen erzählt, das sei der Schlafplatz ihrer Mutter gewesen. Dazu wird der Text „Natalie Michalski Auszubildende“ eingeblendet. Auch dieses Video ist weder aktuell, noch hat es mit ukrainischen Geflüchteten zu tun.
Eine Suche nach dem Namen führt auf Youtube zu einem Video, das am 27. Januar 2021 hochgeladen wurde. Darin sieht man dieselbe Szene mit der jungen Frau. Doch wie aus dem Video und den Links in der Beschreibung deutlich wird, entstand es nach einem Brand in der niedersächsischen Stadt Osterholz-Scharmbeck. Die junge Frau hatte ihre Mutter demnach kurz vor dem Brand verloren. Über den Fall gab es mehrere Medienberichte.
Unser Fazit: Alle drei im Video gezeigten Szenen sind schon älter und entstanden an unterschiedlichen Orten. Sie wurden manipulativ zusammengeschnitten. Der angebliche Vorfall mit den Geflüchteten aus der Ukraine, die das Haus ihrer Gastgeber niederbrannten, ist frei erfunden.
Redigatur: Sophie Timmermann, Alice Echtermann
Update 3. Juni 2022: Wir haben die Bewertung von „frei erfunden“ auf „manipuliert“ geändert.