Beschuss durch russische oder ukrainische Truppen? „Tagesschau“ korrigiert Bericht über Angriff auf einen Markt in Donezk
Dieselben Bilder, doch unterschiedliche Berichte – während die Nachrichtenagentur Reuters von einem ukrainischen Angriff im ostukrainischen Donezk berichtete, schrieb die „Tagesschau“ den Beschuss russischen Truppen zu. Der Bericht der „Tagesschau“ wurde nachträglich in der Mediathek korrigiert.
Auf Facebook, Twitter, Telegram und in Blog–Beiträgen wird der „Tagesschau“ falsche Berichterstattung über einen Angriff im ostukrainischen Donezk vorgeworfen. In den 20-Uhr-Nachrichten am 13. Juni verwendete die Sendung Bilder eines zerstörten Marktes und sprach von einem „russischen Angriff“. Dagegen schrieb die Nachrichtenagentur Reuters am selben Tag von einem „ukrainischen Artillerieangriff“.
Wir haben uns die beiden Berichte angeschaut. Im Artikel von Reuters steht: „Mindestens fünf Menschen wurden am Montag in der von Russland unterstützten ukrainischen Separatisten-Region Donezk getötet, als der ukrainische Beschuss nach Angaben der Separatisten zunahm. Separatistenvertreter und russische Nachrichtenagenturen berichteten mehrere ukrainische Artillerieangriffe, auch auf einen Markt.“ Weiter heißt es, es gebe keine unabhängige Quelle, die diese Geschehnisse bestätigten und Reuters habe die Ereignisse nicht verifizieren können. Gezeigt werden in dem Bericht Bilder des zerstörten Marktes.
Fakt ist: Die Region um Donezk, wo prorussische Separatisten eine Volksrepublik ausgerufen haben, wird bereits seit Wochen von Russland kontrolliert. Laut Medienberichten sprachen die Separatisten dort am 13. Juni von „heftigem ukrainischen Beschuss“.
Der „Tagesschau“-Beitrag in der Mediathek wurde nachträglich bearbeitet
In der Ursprungsversion des Beitrags der „Tagesschau“, die noch auf Twitter zu finden ist, hieß es aber: „Viel ist nicht übrig von diesem Markt in der ostukrainischen Stadt Donezk. Drei Menschen sollen bei dem russischen Angriff getötet, mehrere verletzt worden sein. Gegen den massiven Beschuss der russischen Armee ist die Ukraine zunehmend machtlos.“
Ein weiterer Hinweis, dass die von Reuters berichtete Version die richtige ist, ergibt sich daraus, dass der entsprechende Beitrag der „Tagesschau“ auf Youtube gelöscht wurde.
Die Aussage über einen „russischen Angriff“ wurde zudem in der Mediathek entfernt. Dort heißt es: „Die Sendung wurde nachträglich redaktionell bearbeitet.“ Der Beitrag, in dem es um die Situation in Donezk geht, ist dort nicht mehr so verfügbar, wie er sich in Sozialen Netzwerken verbreitet hat. Stattdessen lautet der Text jetzt an der entsprechenden Stelle der Sendung (ab Minute 5:58): „Zivile Ziele, immer wieder stehen sie unter Beschuss. Dies ist der Markt in der ostukrainischen Stadt Donezk – oder das, was davon übrig ist. An anderen Orten sind die ukrainischen Streitkräfte zunehmend machtlos gegen die massiven Angriffe der besser ausgerüsteten russischen Armee.“
Auf Nachfrage erklärt eine Pressesprecherin der ARD, dass es sich um ein Versehen gehandelt habe
Die Tagesschau-Redaktion sitzt in Hamburg. Daher haben wir beim Norddeutschen Rundfunk nachgefragt, ob der Beitrag nachträglich in der Mediathek entfernt wurde und wie es zu dem Fehler in der 20-Uhr-Sendung kam. Eine Pressesprecherin schrieb uns: „In der Tagesschau um 20 Uhr am 13. Juni wurde versehentlich davon gesprochen, dass es sich um einen russischen Angriff auf den Markt in Donezk gehandelt hat. Wir bedauern, dass dieser Fehler unterlaufen ist.“ Es sei ein Hinweis unter das Video gesetzt worden, dass die Sendung nachträglich redaktionell bearbeitet worden sei.
Übrigens: Im Liveticker auf Tagesschau.de wurde übereinstimmend mit dem Bericht von Reuters die Aussage der Separatisten zitiert, es habe sich um einen Artillerie-Angriff ukrainischer Truppen gehandelt. Datiert ist der Eintrag auf 13.05 Uhr am 13. Juni.
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Redigatur: Alice Echtermann, Sarah Thust
Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck: