Gefangener mit Hakenkreuz-Tattoos: Foto stammt nicht aus der Ukraine, sondern von 2005 aus Belarus
In Sozialen Netzwerken verbreitet sich aktuell ein Foto eines Häftlings mit Hakenkreuz-Tätowierungen bei einer ärztlichen Untersuchung – Ort der Aufnahme sei Donezk, so die Behauptung. Doch das Foto wurde bereits 2005 in einem Gefängnis in Belarus aufgenommen und hat keinen Bezug zur Ostukraine.
Auf Telegram, Facebook und Twitter wird ein Foto eines Mannes mit Hakenkreuz-Tätowierungen geteilt und behauptet, es zeige einen Gefangenen in der ostukrainischen Stadt Donezk. Dazu heißt es in den Kommentaren auf Telegram: „Schon wieder so ein Nazi, den es gar nicht gibt“ oder „Aha, KEINE Nazis, oder???“.
Das Foto wird also als vermeintlicher Beleg für Neonazis in der Ukraine herangezogen – ein Narrativ, mit dem der russische Präsident Wladimir Putin seinen Angriffskrieg rechtfertigt. Aber das Foto wurde bereits 2005 aufgenommen – in einem Gefängnis in Belarus.
Eine Bilder-Rückwärtssuche nach dem Foto mit den Hakenkreuz-Tattoos führt zu einem Gefängnis in Belarus
Mithilfe einer Bilder-Rückwärtssuche bei Google haben wir das Foto auf der Webseite der Bildagentur Getty Images gefunden. Als Quelle ist die französische Nachrichtenagentur AFP angegeben, erstellt wurde die Aufnahme am 22. Juni 2005.
Die Beschreibung des Fotos lässt keinen Zusammenhang zur Stadt Donezk erkennen: Die Aufnahme zeige einen Häftling in einem Gefängnis in der belarussischen Stadt Mahiljou. „Ein weißrussischer Gefängnisarzt untersucht einen Gefangenen mit Nazi-Tätowierungen im 15. Gefängnis in der Stadt Mahiljou, etwa 200 Kilometer von Minsk entfernt, am 22. Juni 2005“, lautet die Übersetzung der Beschreibung. In Belarus wurde 2005 mehreren Tausend Inhaftierten zum 60. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges Amnestie gewährt, heißt es weiter.
Eine weitere Aufnahme des gleichen Häftlings aus einer anderen Perspektive hat eine ähnliche Bildbeschreibung, und auch hier wird als Ort der Entstehung Mahiljou angegeben.
Bereits 2014 wurde das Foto des Häftlings fälschlich mit dem Krieg in der Ukraine in Verbindung gebracht
In einem Artikel aus dem Jahr 2014 berichtet die ukrainische Faktencheck-Organisation Stopfake.org, dass die Aufnahme schon länger in einen Zusammenhang mit der Ukraine gesetzt wird: Damals sei auf einer russischen Webseite fälschlicherweise behauptet worden, das Foto zeige die Rekrutierung von Freiwilligen für das Bataillon Asow. Weshalb dieser Truppe nachgesagt wird, aus Neonazis zu bestehen, können Sie in unserem Hintergrundbericht zu diesem Thema lesen.
Alle Faktenchecks, die wir im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine veröffentlicht haben, finden Sie hier.
Redigatur: Uschi Jonas, Alice Echtermann
Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck:
- Foto vom 22. Juni 2005 mit Beschreibung auf der Webseite von Getty Images: Link (archiviert)