Für einen angeblich bevorstehenden Lockdown in Paderborn gibt es keine Belege
In einer Sprachnachricht auf Telegram wird behauptet, der Bürgermeister in Paderborn habe seinen Beschäftigten gesagt, dass ein zwei- bis dreiwöchiger Lockdown bevorstehe. Die Stadtverwaltung Paderborn dementiert ein solches Treffen. Zudem kann nur der Bundestag einen Lockdown beschließen.
Auf Telegram kursiert seit dem 21. September eine Sprachnachricht, der zufolge „ein mindestens zweiwöchiger, eventuell dreiwöchiger Lockdown“ in Paderborn bevorstehe. Dies habe der Paderborner Bürgermeister seinen „Bediensteten“ bei einem Treffen mitgeteilt und ihnen empfohlen, sich mit entsprechenden Nahrungsmitteln und Wasser einzudecken. Rund 18.000 Menschen sahen den Beitrag auf Telegram.
Wir haben bei der Stadt Paderborn nachgefragt, ob das den Tatsachen entspricht. Ein Sprecher dementiert ein derartiges Treffen. Ein Lockdown sei nicht geplant und rechtlich nicht möglich. Dies bestätigte uns auch das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales in Nordrhein-Westfalen.
Stadt Paderborn dementiert angebliches Treffen
Aus der Sprachnachricht auf Telegram geht nicht hervor, wer der Sprecher ist und auf welche Quelle er seine Behauptung stützt. Ebenso wenig nennt er Gründe für den vermeintlichen Lockdown. Die angebliche Anweisung des Bürgermeisters, sich mit Lebensmitteln und Wasser einzudecken, ergibt zudem wenig Sinn: Während vergangener Lockdowns war die Grundversorgung mit Trinkwasser stets gesichert und Supermärkte waren normal geöffnet.
Jens Reinhardt aus dem Amt für Öffentlichkeitsarbeit und Stadtmarketing der Stadt Paderborn schrieb uns auf Anfrage, dass es kein derartiges Treffen zwischen dem Bürgermeister und seinem Personal gegeben habe. Auch ein Lockdown sei nicht geplant: „Ein Bürgermeister einer kreisangehörigen Stadt wie Paderborn kann keinen Lockdown verhängen.“ Dafür seien Entscheidungen auf übergeordneter Ebene, also Landes- oder Bundesebene notwendig.
Ein Lockdown kann nur im Rahmen einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite verhängt werden
Wir haben zusätzlich beim Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales in Nordrhein-Westfalen nachgefragt, ob in Paderborn ein Lockdown bevorstehe. Sprecherin Charlotte Dymek antwortete uns, dass dem Ministerium keine Erkenntnisse über das angebliche Treffen und einen Lockdown vorlägen. Schutzmaßnahmen, die einem Lockdown entsprächen, kämen nur in Betracht, wenn der Bund zuvor eine epidemische Lage nationaler Tragweite erklären würde. „Das ist derzeit nicht der Fall und aktuell nicht zu erwarten.“
Die Kommunen müssten sich bei Schutzmaßnahmen an die Corona-Schutzverordnung halten. In Nordrhein-Westfalen gelte aktuell zum Beispiel eine Maskenpflicht im öffentlichen Personennahverkehr und in Krankenhäusern und Pflegeheimen. Daneben ließe das Bundesgesetz eine „Schließung von Einrichtungen und Betrieben im Einzelfall“ zu. „Das ermöglicht aber keinen Lockdown, sondern nur die Schließung einzelner Einrichtungen, in denen es zum Beispiel ein besonderes Ausbruchsgeschehen gegeben hat.“ Aktuell sei aus Paderborn jedoch kein besonderes Infektionsgeschehen bekannt, daher gehe das Ministerium von einer Falschinformation aus.
Die letzte epidemische Lage von nationaler Tragweite endete am 25. November 2021 und wurde seitdem nicht erneut durch den Bundestag festgestellt. Welche Maßnahmen ein Bundesland unabhängig von dieser Lage treffen kann, ist in Paragraph 28a Absatz 8 des aktuellen Infektionsschutzgesetzes geregelt. Bei einer „konkreten Gefahr einer sich dynamisch ausbreitenden Infektionslage“ können die Länder beispielsweise die Maskenpflicht ausweiten oder ein Abstandsgebot durchsetzen. Nicht gestattet ist es ihnen hingegen, Ausgangsbeschränkungen zu verhängen oder flächendeckend Betriebe, Gewerbe, Einzel- oder Großhandel zu schließen. Solche Maßnahmen sind auch mit der Neufassung des Infektionsschutzgesetzes ab 1. Oktober 2022 nur im Fall einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite rechtens.
Redigatur: Matthias Bau, Viktor Marinov