Faktencheck

Nein, Cannabis-Konsum ist nicht die häufigste Todesursache weltweit

Ein Diagramm zeigt angeblich die „häufigsten Todesursachen der Welt“: Auf dem ersten Platz stehe Cannabis, danach Crystal Meth, Heroin und Alkohol. Das ist falsch. Die häufigste Todesursache weltweit sind Herzkrankheiten. Bei Drogenkonsum sind die meisten Todesfälle auf Opioide wie Heroin zurückzuführen.

von Viktor Marinov

Symbolbild Cannabis Drogenkonsum
Ab April darf in Deutschland legal gekifft werden. In Cannabis-Clubs soll die Droge angebaut und kontrolliert ausgegeben werden. (Symbolbild: Pixabay / Erin Hinterland)
Behauptung
Cannabis-Konsum sei laut Bundesgesundheitsamt die häufigste Todesursache weltweit, darauf folgten Crystal Meth, Alkohol und Heroin.
Bewertung
Frei erfunden
Über diese Bewertung
Frei erfunden. Das Bundesgesundheitsamt, von dem die Daten angeblich stammen, existiert seit 1994 nicht mehr. Die häufigste Todesursache weltweit sind Herzerkrankungen. Aus Daten der Drogenbeauftragten der Bundesregierung geht zudem hervor, dass in Deutschland keine Todesfälle aufgrund von Cannabis-Konsum bekannt sind.

Am 26. September veröffentlichte eine Twitter-Nutzerin ein Diagramm, das angeblich die häufigsten Todesursachen weltweit zeigt. Demnach stehe Cannabis-Konsum an erster Stelle, gefolgt von Crystal Meth, Alkohol und Heroin. Als Quelle der Grafik ist das Bundesgesundheitsamt angegeben. 

Einige Nutzerinnen und Nutzer zweifelten die Echtheit der Grafik in Kommentaren umgehend an – sie fragten nach einer genauen Quelle oder bezeichnen das Bild als Fälschung. Zunächst verteidigte die Autorin ihren Beitrag gegen die Kritik – doch etwa eine Stunde später schrieb sie, es handle sich „nicht um einen ernstgemeinten Tweet“. 

Die Angaben in dem Diagramm sind erfunden. Die häufigste Todesursache sind sowohl weltweit als auch in Deutschland Herzerkrankungen. Es gibt nach Daten der Drogenbeauftragten der Bundesregierung in Deutschland keine bekannten Todesfälle aufgrund von Cannabis-Konsum. Auch in den USA sind laut dem Nationalen Institut für Drogenmissbrauch keine solchen Fälle bekannt.

Die Angaben in diesem Kreisdiagramm mit der Quelle „Bundesgesundheitsamt“ sind frei erfunden (Quelle: Twitter; Screenshot und Schwärzung: CORRECTIV.Faktencheck)

Das Diagramm gibt das Bundesgesundheitsamt als Quelle an, das seit 1994 nicht mehr existiert

Es gibt mehrere Hinweise, dass das Kreisdiagramm unseriös ist: Die Überschrift suggeriert, es gehe um Todesfälle weltweit, doch als Quelle wird das „Bundesgesundheitsamt“ in Deutschland genannt. Dieses Amt wurde jedoch bereits 1994 aufgelöst, wie Medienberichte zeigen. Außerdem sind auf dem Diagramm keine Prozentangaben zu sehen. Das Betäubungsmittel „Chrystal Meth“ ist zudem falsch geschrieben, man schreibt Crystal Meth.

Crystal Meth und Heroin sind sogenannte „harte Drogen“. Insbesondere das Opioid Heroin macht rasant körperlich abhängig – eine Überdosis kann zu Atemlähmung und Tod führen. Cannabis zählt zu den sogenannten weichen Drogen, die mit geringerer Wahrscheinlichkeit körperlich abhängig machen, aber dennoch psychische und physische Folgen haben können.

Herzerkrankungen sind häufigste Todesursache weltweit

Es stimmt nicht, dass der Missbrauch solcher Substanzen zu den „häufigsten Todesursachen weltweit“ zählt. Nach Daten der Weltgesundheitsorganisation (WHO) starben 2019 die meisten Menschen weltweit an einer ischämischen Herzerkrankung, auch koronare Herzerkrankung genannt. 2019 betraf dies laut WHO weltweit 8,9 Millionen Menschen, was 16 Prozent aller Todesfälle entspricht. Darauf folgen als häufigste Todesursache Schlaganfälle, Lungenerkrankungen und Erkrankungen von Neugeborenen. 

Zum Vergleich: Laut Schätzungen der WHO sterben jedes Jahr etwa drei Millionen Menschen an den Folgen eines zu hohen Alkoholkonsums. Auf Drogenkonsum sind hingegen weltweit laut WHO etwa 500.000 Todesfälle jährlich zurückzuführen. Mehr als 70 Prozent dieser Todesfälle stehen demnach im Zusammenhang mit Opioiden. Dazu gehören zum Beispiel Heroin, Morphin oder Kodein. 

Dass die meisten Menschen an Drogenkonsum sterben würden, stimmt folglich nicht. Auch in Deutschland war im Jahr 2020 die häufigste Todesursache die ischämische Herzkrankheit, wie aus Daten des Statistischen Bundesamts hervorgeht. Laut einem Bericht des Drogenbeauftragten der Bundesregierung starben 2021 in Deutschland 1.826 Menschen am Konsum illegaler Drogen. Laut Bundesgesundheitsministerium gehen Analysen davon aus, dass es in Deutschland jährlich 74.000 Todesfälle durch Alkoholkonsum allein oder bedingt durch den Konsum von Tabak und Alkohol gibt. 

Keine bekannten Todesfälle durch Cannabis-Konsum in Deutschland und den USA

Im März 2020 antwortete das Bundesministerium für Gesundheit laut dem Portal Frag den Staat auf eine Bürgeranfrage, dass in Deutschland keine Todesfälle auf Grund von Cannabiskonsum bekannt seien. Am 10. Oktober 2022 bestätigte uns zudem eine Sprecherin des Drogenbeauftragten der Bundesregierung, dass es bisher „keine erfassten Todesfälle aufgrund von missbräuchlichem Cannabiskonsum in Deutschland“ gebe. 

2022 gab es laut der Statistik des Drogenbeauftragten insgesamt zehn Todesfälle in Zusammenhang mit synthetischen Cannabinoiden. Das sind künstlich hergestellte Substanzen, die eine ähnliche Wirkung wie pflanzlicher Cannabis haben. 

Laut dem Nationalen Institut für Drogenmissbrauch der USA gibt es ebenfalls keine bekannten Berichte über Todesfälle durch Cannabis. 

Cannabiskonsum kann aber kurz- und langfristig eine Reihe negativer Nebenwirkungen auf die mentale und körperliche Gesundheit haben. Jugendliche sind besonders gefährdet. Cannabis wird zudem häufig zusammen mit Tabak konsumiert. Das erhöht das Risiko für Lungenerkrankungen und Lungenkrebs.  

Redigatur: Steffen Kutzner, Sarah Thust

Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck:

  • Die zehn häufigsten Todesursachen weltweit, Weltgesundheitsorganisation, 9. Dezember 2020: Link
  • Sterbefälle in Deutschland für die häufigsten Todesursachen ab 1998, Statistisches Bundesamt: Link 
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