Faktencheck

Explosion auf der Krimbrücke: Russland veröffentlicht widersprüchliche Beweise zu beteiligtem LKW

Auf Telegram kursieren ein Video und ein Röntgenbild, die angeblich den LKW zeigen, der die Explosion auf der Krimbrücke verursacht hat. Das Bildmaterial wurde mutmaßlich vom russischen Geheimdienst FSB veröffentlicht. Doch die Aufnahmen zeigen zwei unterschiedliche Fahrzeuge.

von Viktor Marinov

Krimbrücke Schaden nach Explosion
Die Krimbrücke verbindet die von Russland 2014 annektierte Halbinsel Krim mit Russland. Am 8. Oktober 2022 hat eine Explosion die Brücke beschädigt (Foto: Picture Alliance / Associated Press)
Behauptung
Ein Video und eine Röntgenaufnahme zeigten einen mit Sprengstoff beladenen LKW, der die Explosion auf der Krimbrücke am 8. Oktober 2022 verursacht habe.
Bewertung
Unbelegt. Das Video und das Röntgenbild zeigen zwei unterschiedliche LKW. Die Fahrzeuge haben unterschiedlich viele Reifen, der Reserve-Reifen ist zudem an anderer Stelle. Ein LKW hat ein Schutzgitter unter der Tragfläche, das bei dem anderen fehlt. Wer für die Explosion verantwortlich ist, ist noch unklar.

Die staatliche russische Nachrichtenagentur Ria Novosti verbreitete am 12. Oktober auf Telegram angebliche Aufnahmen des LKW, der angeblich die Explosion auf der Krimbrücke am 8. Oktober 2022 verursacht hat. Die Brücke verbindet die von Russland 2014 annektierte Halbinsel Krim mit Russland. Ein Video soll die Kontrolle des „mit Sprengstoff beladenen“ LKW an der Brücke zeigen, eine Röntgenaufnahme die Ladung des LKW. Als Quelle beruft sich die staatlich kontrollierte Nachrichtenagentur auf die „offizielle Erklärung“ des russischen Geheimdienstes FSB. Auch weitere russische Medien zeigten die Röntgenaufnahme oder das Video des LKW mit Verweis auf den russischen Geheimdienst. 

In Deutschland verbreitete unter anderem der pro-russische Telegram-Kanal „Neues aus Russland“ von Alina Lipp die Aufnahmen. Dort hieß es ursprünglich auch, dass das Video und die Röntgenaufnahme denselben LKW zeigten, das belegen eine archivierte Version des Beitrags und Weiterleitungen von anderen Kanälen. Inzwischen ist die Beschreibung überarbeitet. In der aktuellen Version steht, die Röntgenaufnahme sei ein „Beispielfoto des Röntgens von LKWs an der Zollstelle“. Mehr als 80.000 Menschen haben den Beitrag gesehen.

Korrigiert wurde der Beitrag wohl deshalb, weil beim Vergleich der Bilder starke Ungereimtheiten auffallen – es kann sich nicht um denselben LKW handeln.

LKW Krimbrücke Telegram
In Deutschland verbreitete Alina Lipp über ihren Telegram-Kanal „Neues aus Russland“ die Behauptung des russischen Geheimdienstes FSB (Quelle: Telegram; Screenshot: CORRECITV.Faktencheck)

Krimbrücke: Lastwagen unterscheiden sich in wesentlichen Details

Das Fahrzeug auf dem Röntgenbild hat unter dem Anhänger insgesamt vier sichtbare Reifen: drei im hinteren Bereich und einen vorne. Beim Fahrzeug aus dem Video sind es fünf: drei hinten und zwei vorne. Darüber hinaus ist die Position des Reserve-Reifens unterschiedlich. Unter dem Anhänger ist beim LKW auf dem Video zudem eine Art Schutzgitter zu sehen – dieses fehlt auf dem Röntgenbild.

Krimbrücke Collage LKW
Zwischen dem LKW auf dem Röntgen-Bild (oben) und dem LKW aus dem Video (unten) gibt es deutliche Unterschiede: Die Anzahl der Reifen stimmt nicht überein, der Reserve-Reifen ist an unterschiedlichen Stellen und nur das Fahrzeug aus dem Video hat ein Schutzgitter (Quelle: Telegram; Screenshot und Markierungen: CORRECTIV.Faktencheck)

Fest steht also: Es handelt sich um zwei unterschiedliche LKW. Was die Aufnahmen wirklich zeigen, und ob eines der zwei Fahrzeuge in den Vorfall verwickelt war, können wir allerdings nicht sagen.

Wer für die Explosion auf der Krimbrücke verantwortlich ist, ist noch unklar. Russlands Präsident Wladimir Putin hat die Ukraine beschuldigt und von einem Terrorakt gesprochen. Olexij Arestowytsch, Berater des ukrainischen Präsidenten, bestreitet den Vorwurf

Einen Überblick mit allen Faktenchecks von uns zum Krieg in der Ukraine finden Sie hier.

Redigatur: Kimberly Nicolaus, Alice Echtermann

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