Faktencheck

Nein, Robert Habeck sagte nicht, es sei ihm egal, ob die Menschen ihm vertrauen

Robert Habeck soll im ZDF auf die Frage, ob die Deutschen ihm vertrauen, geantwortet haben, das interessiere ihn nicht. Doch ein Video, dass das belegen soll, wurde manipulativ zusammengeschnitten: Diese Antwort gab der Bundeswirtschaftsminister auf eine ganz andere Frage.

von Matthias Bau

Habeck Illner Vertrauen
Robert Habeck am 29. November auf der Industriekonferenz 2022 (Quelle: Jens Krick / Picture Alliance / Flashpic)
Behauptung
Robert Habeck habe in der ZDF-Sendung „Maybrit Illner“ auf die Frage, „Glauben Sie, dass die Menschen in diesem Land Ihnen noch vertrauen?“ geantwortet: „Ich finde das sind völlig irrelevante Fragen, das interessiert mich überhaupt nicht.“
Bewertung
Manipuliert. Der Videoausschnitt wurde irreführend zusammengeschnitten. Habeck antwortete auf die Frage nach dem Vertrauen der Menschen: „Die Frage ist: Mache ich meinen Job für das Land? Und ich tue das.“ Die Antwort, die sich online verbreitet, gab er an anderer Stelle des Interviews auf eine Nachfrage zur Gasumlage.

Auf Facebook und Telegram wird behauptet, Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck habe gesagt, es sei ihm egal, ob die Menschen in Deutschland ihm vertrauen würden. Ein kurzes Video aus der ZDF-Talksendung „Maybrit Illner“ soll das belegen. „Herr Habeck, glauben Sie, dass die Menschen in diesem Land Ihnen noch vertrauen? Antwort: Das interessiert mich überhaupt nicht!“, heißt es in den Beiträgen (hier und hier). 

Die Sendung, auf die sich die Beiträge beziehen, stammt vom 17. November. Doch sie wurde manipulativ zusammengeschnitten. Habecks Aussage, „ich finde das [sind] völlig irrelevante Fragen, das interessiert mich überhaupt nicht“, war die Antwort auf eine andere Frage, die Illner ihm erst später im Interview stellte. Da wollte sie wissen, wieso er als Einziger die Gasumlage verteidigt habe und Bundeskanzler Olaf Scholz ihn nicht früher unterstützt habe. Auf die Frage nach dem Vertrauen der Menschen in ihn antwortete er hingegen: „Die Frage ist: Mache ich meinen Job für das Land? Und ich tue das.“

Auf Facebook und Telegram verbreitet sich ein manipulativ zusammengeschnittenes Video eines Interviews mit Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck
Auf Facebook und Telegram verbreitet sich ein manipulativ zusammengeschnittenes Video eines Interviews mit Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Quelle: Facebook; Screenshot und Schwärzung: CORRECTIV.Faktencheck)

Video mit Habeck-Aussagen ist manipulativ zusammengeschnitten

Die Illner-Sendung findet sich sowohl in der Mediathek des ZDF als auch auf Youtube. Sie trägt den Titel „Energie, Geld, Jobs – keine Strategie in der Mega-Krise?“ Neben Robert Habeck war Christian Sewing, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank, Studiogast. 

Über die Transkriptfunktion bei Youtube lässt sich die etwas mehr als einstündige Sendung schnell nach den angeblichen Zitaten Habecks durchsuchen. 

Über die Transkriptfunktion bei Youtube, lassen sich Zitate in Videos schnell aufspüren
Über die Transkriptfunktion bei Youtube, lassen sich Zitate in Videos schnell aufspüren (Quelle: Youtube; Screenshot und Markierung: CORRECTIV.Faktencheck)

Die Frage Illners, die auf Facebook und Telegram verbreitet wird, findet sich in der Sendung ab Minute 2:57. Da fragt sie schon zum zweiten Mal nach dem Vertrauen, bereits bei Minute 1:58 fragte sie zum ersten Mal. Habeck ging darauf aber nicht ein und sprach davon, dass man Ausfälle bei Energielieferungen kompensiert und die Situation „beherrschbarer“ gemacht habe. Damit bezog er sich offenbar auf die Beschaffung von Gas für die deutschen Gasspeicher. 

Illner hakt also nach und stellt erneut die Frage: „Glauben Sie, dass die Menschen in diesem Land Ihnen noch vertrauen?“ Wie auf Facebook und Telegram zu sehen, fragt Habeck dann, ob Illner die Bundesregierung meine. Sie entgegnet: „Ihnen persönlich. Dem Bundeswirtschaftsminister.“ Darauf antwortet Habeck jedoch nicht, dass er die Frage für irrelevant halte, wie es in dem verbreiteten Video suggeriert wird. Er sagt stattdessen: „Die Frage ist: Mache ich meinen Job für das Land? Und ich tue das.“ Anschließend geht es darum, ob die Bundesregierung und das Bundeswirtschaftsministerium genug dafür getan hätten, dass die Menschen ihre Energiekosten begleichen können. 

Habecks Aussage bezieht sich nicht auf das Vertrauen der Bevölkerung, sondern auf eine Frage zur Gasumlage

Die Aussage Habecks, die manipulativ an die Frage Illners nach dem Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger geschnitten wurde, fällt zu einem wesentlich späteren Zeitpunkt der Sendung, nämlich bei Minute 24:53 und hat mit der Verstaatlichung des Energieunternehmens Uniper und der Gasumlage zu tun. 

Bereits einige Minuten zuvor (ab Minute 19:25) begann ein neuer Gesprächsabschnitt in der Sendung. Illner befragte Habeck zu den Vorgängen um die zunächst eingeführte und dann wieder abgeschaffte Gasumlage mit der auf die Insolvenz des Energieunternehmens Uniper reagiert worden war. Rund um die Gasumlage und Uniper hatte es immer wieder Streit zwischen Bundesfinanzminister Christian Lindner und Robert Habeck gegeben. Habeck verteidigte in der Unterhaltung sein Handeln und das Agieren der Bundesregierung. 

Illner fragt ihn dann erneut (Minute 24:38): „Ich frage trotzdem nochmal: Christian Lindner hat das damals offensichtlich verhindert. Wer ist Schuld daran? Warum hat Olaf Scholz sich nicht früher vor diesen Vorschlag gestellt? Warum mussten Sie den als Einziger alleine verteidigen?“ Habeck will diese Diskussion offenbar hinter sich lassen und reagiert mit der Aussage: „Wenn ich das mal sagen darf, ich hoffe, dass sie es mir nicht krumm nehmen. Ich finde das [sind] völlig irrelevante Fragen, es interessiert mich überhaupt nicht.“ Diese Antwort wurde in dem verbreiteten Video also hinter eine Frage geschnitten, die 20 Minuten vorher gestellt wurde und dadurch sinnentstellend manipuliert.

Redigatur: Steffen Kutzner, Gabriele Scherndl

Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck:

  • Maybrit-Illner-Sendung vom 17. November 2022 „Energie, Geld, Jobs – keine Strategie in der Mega-Krise?“: Link