Faktencheck

Erfundenes Zitat: Robert Habeck sagte im ZDF nicht, dass Deutschland Erdgas ins Ausland verkaufe und damit große Spekulationsgewinne erziele

Auf Facebook und Whatsapp wird Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck eine Aussage zugeschrieben, laut der Deutschland aktuell Erdgas ins Ausland verkaufe und damit große Gewinne erziele. Doch das Zitat ist frei erfunden.

von Sophie Timmermann

Wirtschaftsminister Robert Habeck besucht die VNG Gasspeicher GmbH
Robert Habeck bei einem Besuch einer Gasspeicheranlage am 28. Juli. Dem Bundeswirtschaftsminister wird eine falsche Aussage zu Deutschlands Erdgashandel zugeschrieben. (Symbolbild: Picture Alliance / ZB / Kirsten Nijhof)
Behauptung
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck habe am 29. Juli 2022 um 19 Uhr in ZDF Heute vor laufender Kamera bestätigt, dass Deutschland derzeit Erdgas ins Ausland weiterverkaufe und damit große Spekulationsgewinne erziele. Deutschland müsse dann einfach darauf achten, dass die Gasspeicher im Oktober 2022 zu mindestens 90 Prozent voll seien.
Bewertung
Frei erfunden
Über diese Bewertung
Frei erfunden. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz dementiert, dass sich Habeck so geäußert hat. In der ZDF-Sendung warnte Habeck vor kurzfristigem Handel, der den Füllstand der Gasspeicher reduzieren könnte.

Auf Facebook und Whatsapp verbreitet sich eine angebliche Aussage von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck. Demnach habe er am 29. Juli 2022 um 19 Uhr in der ZDF-Nachrichtensendung „Heute“ „bestätigt“, dass „Deutschland derzeit Erdgas ins Ausland weiterverkauft und damit große Spekulationsgewinne erzielt“. Zudem habe er gesagt: „Deutschland müsse dann einfach darauf achten, dass die Gasspeicher im Oktober 2022 zu mindestens 90 Prozent voll seien.“

Das ist falsch. In der ZDF-Sendung äußerte sich Robert Habeck so nicht – im Gegenteil. 

Facebook-Beitrag über angebliches Habeck-Zitat
Auf Facebook verbreitet sich dieser Screenshot, der Robert Habeck eine Aussage über Deutschlands Erdgasverkauf andichtet (Quelle: Facebook: Screenshot und Unkenntlichmachung: CORRECTIV.Faktencheck)

Habeck sprach in der ZDF-Sendung davon, dass Ausspeichern von Gas zu verhindern 

Die angesprochene „Heute“-Sendung vom 29. Juli ist über eine Google-Suche schnell ausfindig zu machen. Ab Minute 4:30 spricht die ZDF-Moderatorin über neue Vorschriften für Gasspeicher, die darauf abzielen, die Gasversorgung in Deutschland sicherzustellen. Ab Minute 5:50 kommt Robert Habeck zu Wort. Er sagt: „Was wir verhindern müssen, ist, dass bei den hohen Gaspreisen, die am Spotmarkt zu erzielen sind, Gas wieder ausgespeichert wird. Aber was nicht gut wäre, wäre, wenn Anfang August die Gasspeicher bei 90 [Prozent] sind und auf einmal, weil man Geld macht, sie Ende September nur noch bei 75 [Prozent] sind.“

Zum Verständnis: Auf dem Spotmarkt kann Gas kurzfristig gehandelt werden, im Gegensatz zum Terminmarkt, wo längerfristig Gasverträge abgeschlossen werden. Durch die aktuell stark gestiegenen Gaspreise könnten Unternehmen bei kurzfristigem Gasverkauf höhere Gewinne erzielen und zu dem Zweck Gas aus den Speichern entnehmen, also „ausspeichern“. Habeck warnte vor diesem Vorgehen, da das zu geringen Füllständen in den nächsten Monaten führen könnte.

Der Bundeswirtschaftsminister sagte somit in der ZDF-Sendung nicht, dass Deutschland derzeit Erdgas ins Ausland weiterverkaufe und damit große Spekulationsgewinne erziele, wie auf Facebook und Whatsapp behauptet. Eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministerium bestätigte uns am 9. August: „Minister Habeck hat sich weder in der ZDF-Sendung oder auch sonst so geäußert.“

Verordnung schreibt neue Füllstände für die nächsten Monate vor

Zudem erklärte die Sprecherin, dass ‚Deutschland‘ kein Gas ins Ausland verkauft: „Prinzipiell kaufen und verkaufen die Unternehmen“ – und die würden aktuell in erster Linie kaufen und nicht verkaufen. Hier wirke auch die Gasspeicherverordnung, die Unternehmen dazu verpflichte, Gas in definierten Größenordnungen einzuspeichern.

Eine neue Verordnung dazu trat am 29. Juli in Kraft, sie schreibt strengere Vorschriften zum Mindestfüllstand von Gasspeichern vor. Demnach müssen die Speicher ab dem 1. September 2022 mindestens zu 75 Prozent gefüllt sein, zu 85 Prozent am 1. Oktober und zu 95 Prozent am 1. November. Das Bundeswirtschaftsministerium schrieb dazu in einer Pressemeldung: „Die Vorgaben zielen darauf, dass auch bei geringen Gasflüssen nicht ausgespeichert wird, sondern die Speicher kontinuierlich weiter befüllt werden.“

Aktuell kursieren vermehrt Falschmeldungen zu Gasspeichern und der Gasversorgung in Deutschland, wie wir etwa in diesen Faktenchecks recherchierten

Redigatur: Steffen Kutzner, Uschi Jonas

Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck:

  • ZDF Heute Sendung vom 29. Juli, 19 Uhr: Link
  • Verordnung zur Anpassung von Füllstandsvorgaben für Gasspeicheranlagen, Bundeswirtschaftsministerium: Link