Faktencheck

Narrativ der Deindustrialisierung: Nein, das Siemens-Werk in Amberg schließt nicht

In einer Kampagne mit Fake-Seiten auf Facebook wird behauptet, deutsche Unternehmen würden wegen der Energiekrise Arbeitsplätze abbauen, Werke schließen oder in Konkurs gehen. Auch Siemens ist betroffen: Ein gefälschtes Profil, das sich als Mitarbeiter ausgibt, verbreitet Falschinformationen.

von Alice Echtermann

Siemens-Werk in Amberg
Eines der Siemens-Werke in Amberg (Bayern), aufgenommen am 13.01.2016. An dem Siemens-Standort wird Technik produziert, mit der Maschinen und Anlagen gesteuert und industrielle Fertigungen automatisiert werden. (Symbolbild: Armin Weigel/dpa)
Behauptung
Das Siemens-Werk in Amberg schließe wegen der Energiekrise. Es werde in die USA verlegt.
Bewertung
Frei erfunden
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Frei erfunden. Der Siemens-Standort in Amberg schließt nicht und wird auch nicht in die USA verlegt.

„Die offiziellen Medien sprechen nicht darüber“, behauptet eine Facebook-Seite unter dem Namen „Herbert Dressel“. Sie gibt vor, als Ingenieur bei Siemens im bayerischen Amberg zu arbeiten und exklusive Informationen zu haben, dass das Werk dort schließen werde. Am Standort Amberg gibt es zwei Siemens-Werke.

Die Behauptung stimmt nicht, und die Facebook-Seite ist eine Fälschung.

Bernhard Lott, Pressesprecher von Siemens, teilte uns per E-Mail mit: „Die Behauptung, der Siemens-Standort Amberg soll geschlossen oder verlagert werden, entbehrt jeglicher Grundlage.“ Zudem arbeite keine Person namens Herbert Dressel bei Siemens.

In diesem Facebook-Beitrag wird fälschlich behauptet, der Standort von Siemens in Amberg werde schließen
In diesem Facebook-Beitrag wird fälschlich behauptet, das Werk von Siemens in Amberg werde schließen. Welches der beiden Siemens-Werke dort gemeint ist, schreibt der Nutzer nicht. (Quelle: Facebook; Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)

Die Facebook-Seite gibt sich als Mitarbeiter von Siemens aus, ist aber ein Fake

Die Facebook-Seite mit diesem Namen wurde laut den Transparenz-Angaben auf Facebook am 9. September unter dem Namen „Agrostore“ angelegt, hieß zwischendurch „Thomas Konze“ und dann eben „Herbert Dressel“. Sie hat nur einen einzigen Beitrag geschrieben: den über Siemens am 16. November. Als Job ist „Ingenieur bei Siemens AG, Elektronikwerk“ angegeben, auch eine Amberger Adresse wird genannt. Doch gleichzeitig wird die Seite als „Internetmarketingservice“ beschrieben, gibt eine ukrainische Telefonnummer an und verlinkt auf eine Art ukrainischen Onlineshop oder Online-Marktplatz. 

Die gleichen ukrainischen Kontaktdaten werden auf Facebook auch für einen ukrainischen Gartenshop aus Butscha verwendet. Dessen Seite hat aber außer ein paar Bildern von blühenden Pflanzen im Juni bisher auch nichts veröffentlicht. All das sind Hinweise, dass es sich bei „Herbert Dressel“ nicht um eine echte Person handelt.

Zahlreiche Informationen auf der Facebook-Seite von „Herbert Dressel“ sind unstimmig. Er hinterlegt dieselben ukrainischen Kontaktdaten wie ein angeblicher Gartenshop aus Butscha.
Zahlreiche Informationen auf der Facebook-Seite von „Herbert Dressel“ sind unstimmig. Er hinterlegt dieselben ukrainischen Kontaktdaten wie ein angeblicher Gartenshop aus Butscha. (Quelle: Facebook; Screenshot und Collage: CORRECTIV.Faktencheck)

Siemens ist nicht als einziges Unternehmen von solchen falschen Behauptungen betroffen. Dieser Facebook-Beitrag ist nach unseren Recherchen Teil einer Kampagne mit Falschinformationen über Schließungen von Firmenstandorten oder Konkurse von deutschen Unternehmen. Das Narrativ, Deutschland zerstöre wegen der Energiekrise und der Unterstützung für die Ukraine seine Industrie, wird derzeit in verschiedenen pro-russischen Kanälen verbreitet. So behauptete etwa ein angeblicher Mitarbeiter von Oettinger auf Facebook, die Brauerei stehe vor dem Konkurs. Auch bei Oettinger arbeitet nach Angaben des Unternehmens keine Person mit dem Namen. Mehr dazu lesen Sie hier

Redigatur: Gabriele Scherndl, Sophie Timmermann 

Update, 28. November 2023: Wir haben verdeutlicht, dass es am Standort Amberg zwei Siemens-Werke gibt.