UN-Sicherheitsrat: Warum diese Kerze von Israel nichts mit der Ukraine zu tun hat
Ein Videoausschnitt von einer Sitzung des UN-Sicherheitsrats soll zeigen, wie die israelische Delegation um Gefallene in der Ukraine trauerte und danach aus Protest den Saal verließ. Die Aktion des Ständigen Vertreters Israels hatte aber einen anderen Hintergrund.
Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen (UN) traf sich am 25. April in New York, um über die Situation in Palästina und den Nahen Osten zu sprechen. Ein Videoausschnitt, der die israelische Delegation zeigt, verbreitet sich anschließend irreführend weiter. Bei der Sitzung hätte sie eine Kerze zu Ehren der ukrainischen Opfer angezündet und den Saal verlassen, weil sie sich keine „weiteren russischen Lügen“ anhören wolle, heißt es. Das Video wurde auf Twitter mehr als 1.700 Mal geteilt. Auch auf Facebook verbreitet sich die Behauptung.
Doch die israelische Aktion hat einen anderen Hintergrund. Der Sprecher im Video – Gilad Erdan, Ständiger Vertreter Israels bei der UN – zündete die Kerze zum Gedenken an gefallene israelische Soldatinnen und Soldaten an, denn die Sitzung fiel auf einen nationalen Gedenktag.
UN-Sicherheitsrat: Kerze der israelischen Delegation für gestorbene Militärangehörige in Israel
Der Ausschnitt stammt von der 9309. Sitzung des UN-Sicherheitsrats. Die Mitglieder sprachen an diesem Tag über die Situation im Nahen Osten und die Frage, ob Palästina als Staat anerkannt werden sollte. Die Sitzung fand am 25. April statt, einem Gedenktag in Israel. An Yom Hazikaron gedenkt das Land gefallenen Soldatinnen und Soldaten sowie Opfern terroristischer Anschläge.
Laut eigenen Angaben habe die israelische Delegation deshalb mehrfach versucht, die Sitzung zu verschieben. Wie in der Originalaufnahme ab Minute 41:56 zu hören, sagte Israels-Vertreter Erdan: „Wenn sich der Sicherheitsrat weigert, ihr Andenken zu achten, werde ich ihnen meine Rede widmen. Ich zünde diese Kerze an, um sie zu ehren, möge ihr Andenken gesegnet sein. Es tut mir leid, aber ich weigere mich, diesen heiligen Tag damit zu verbringen, mir Lügen und Verurteilungen anzuhören. Diese offene Debatte ist eine Schande für die Gefallenen, und Israel wird sich daran nicht beteiligen.“ Im Anschluss verlässt die israelische Delegation den Sitzungssaal.
Nach Redebeitrag Palästinas verlässt israelische Delegation die Sitzung des UN-Sicherheitsrats
Die Rede von Israels Ständigem Vertreter folgte auf eine Ansprache von Riyad al-Maliki, dem Außenminister der Palästinensischen Autonomiebehörde. Er hatte bei der Sitzung des UN-Sicherheitsrats die Anwesenden dazu aufgefordert, den Staat Palästina anzuerkennen. Bis heute ist Palästina von Deutschland und vielen anderen europäischen und nordamerikanischen Staaten nicht anerkannt. Seit 2012 hat das Land einen Beobachtungsstatus in der UN, das heißt: Palästina ist zwar kein UN-Mitglied, hat jedoch Mitspracherechte.
Weitere Redebeiträge zur Situation im Nahen Osten und Palästina wollte sich die israelische Delegation an ihrem nationalen Gedenktag demnach nicht anhören – einen Bezug zu Russland oder der Ukraine gab es also, anders als online behauptet, nicht.
In den letzten Wochen spitzte sich die Gewalt im Nahost-Konflikt zu. Nach Raketenbeschuss aus dem Libanon auf Israel attackierte das israelische Militär Ziele im Libanon und im Gazastreifen. Dutzende Palästinserinnen und Palästinenser, darunter Kinder, wurden verletzt und getötet. Im Mai feuerten militante Palästinenser im Gazastreifen Raketen in Richtung Israel – auch in diesem Zusammenhang kursierten Aufnahmen in einem falschen Kontext.
Redigatur: Sarah Thust, Sophie Timmermann