Täuschung durch Namensänderung? Süßstoff Aspartam muss weiter so gekennzeichnet werden
Im Netz wird behauptet, Aspartam sei umbenannt worden, um Verbraucherinnen und Verbraucher zu täuschen. Tatsächlich vertreibt ein Hersteller den Süßstoff mittlerweile als Aminosweet, doch das schon seit 2009. Aspartam muss auf Lebensmitteln weiterhin gekennzeichnet werden – unabhängig vom Markennamen. Aspartam gilt bei einer Tagesdosis von maximal 40 Milligramm pro Körpergewicht als unbedenklich.
„Verbrauchertäuschung: Das giftige Aspartam heißt jetzt ,Aminosweet‘“ lautet die Überschrift eines Blog-Eintrags auf der Website des Schild-Verlags. Die Autorin Niki Vogt behauptet im Text, die Herstellerfirma Ajinomoto habe den Süßstoff umbenannt, um Verbraucher zu täuschen. Außerdem sei Aspartam giftig und stehe im Verdacht, Krebs zu erzeugen. Auch auf Facebook kursiert diese Behauptung.
Doch beides ist falsch: Es stimmt zwar, dass die Firma Ajinomoto Aspartam seit 2009 nicht mehr unter dem Namen Aspartam, sondern als Aminosweet vertreibt. Das hat jedoch keinen Einfluss auf die Kennzeichnungspflicht in Deutschland und der EU. Hier muss „Aspartam“ oder die sogenannte E-Nummer angegeben werden – unabhängig vom Hersteller oder Markennamen. Der Süßstoff ist in der EU in Nahrungsmitteln zugelassen. Die WHO bewertet Aspartam seit Mitte Juli 2023 als „möglicherweise krebserregend“. Eine Tagesdosis von maximal 40 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht stufen die EU und die WHO jedoch als unbedenklich ein.
Kennzeichnung von Aspartam und anderen Zusatzstoffen ist EU-weit geregelt, Markennamen sind nicht zulässig
So wie Zahnpasta manchmal Colgate oder Elmex heißt, haben auch Süßstoffe, abhängig vom Hersteller, andere Markennamen: AminoSweet, NutraSweet oder Equal zum Beispiel. Darauf, wie der Süßstoff auf der Verpackung stehen muss, haben diese Markennamen aber keinen Einfluss.
Wie Zusatzstoffe von Lebensmitteln ausgewiesen werden müssen, regelt die Lebensmittel-Informationsverordnung, die in allen EU-Staaten gilt. Demnach muss Aspartam mit dem Klassennamen, also Süßungsmittel, und der E-Nummer oder dem Namen, also E951 oder Aspartam, genannt werden – ein Markenname ist nicht zulässig. Gibt ein Hersteller in der Zutatenliste nur die E-Nummer an, dann muss zusätzlich auf dem Etikett „enthält Aspartam (eine Phenylalaninquelle)“ stehen.
Dieser Hinweis soll Menschen mit einer Stoffwechselerkrankung Phenylketonurie schützen, denn sie müssen einen Abbaustoff des Süßungsmittels namens Phenylalanin meiden.
Auf die Kennzeichnungspflicht wies uns auch eine Sprecherin des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) hin: „Ein Markenname kann die rechtlich vorgeschriebene Bezeichnung darüber hinaus allenfalls (außerhalb des Zutatenverzeichnisses) ergänzen, jedoch nicht ersetzen“, schreibt sie.
EU-Lebensmittelsicherheitsbehörde bewertet Aspartam in momentan gebräuchlichen Mengen als unbedenklich
Auch, dass Aspartam giftig sei, wie in den Beiträgen behauptet wird, stimmt nicht. Die europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA kam nach mehreren wissenschaftlichen Studien zu dem Schluss, dass eine Menge von 40 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag unbedenklich sei.
Die US-amerikanische Food and Drug Administration, also die Prüfbehörde der USA, kam ebenfalls zu dem Ergebnis, dass Aspartam nicht krebserregend sei. Allerdings rät die Verbraucherzentrale Berlin, generell eher Zucker zu reduzieren, als auf Süßungsmittel umzusteigen.
Auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) nennt 40 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag als unbedenkliche Tagesdosis. Der Wert wurde von einer Expertenkommission, die die Gefährlichkeit von Lebensmittelzusatzstoffen einschätzt, festgelegt. Diese Kommission nennt sich „Gemeinsamer FAO/WHO-Sachverständigenausschuss für Lebensmittelzusatzstoffe“ oder kurz JECFA. Sowohl JECFA als auch die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC), die ebenfalls zur WHO gehört, haben Aspartam 2023 neu bewertet. Am 14. Juli stufte IARC Aspartam als „möglicherweise krebserregend“ ein. Die Einstufung erfolgte auf Grundlage „begrenzter Beweise“ für Krebs beim Menschen, insbesondere für eine Art von Leberkrebs, so die WHO in einer Mitteilung.
„Die Bewertungen von Aspartam haben gezeigt, dass die Sicherheit bei den üblicherweise verwendeten Dosen zwar kein großes Problem darstellt, dass aber potenzielle Auswirkungen beschrieben wurden, die durch mehr und bessere Studien untersucht werden müssen“, sagte Francesco Branca, Direktor der Abteilung für Ernährung und Lebensmittelsicherheit der WHO, laut der Pressemitteilung. JECFA hielt in ihrer Neubewertung an der bisherigen unbedenklichen Tagesdosis fest.
Die Ergebnisse „unterstreichen die Notwendigkeit weiterer Forschung, um unser Verständnis darüber zu verfeinern, ob der Verzehr von Aspartam eine krebserregende Gefahr darstellt“, sagte Mary Schubauer-Berigan, Leiterin des IARC-Monographienprogramms, das sich mit der Identifizierung von möglicherweise krebserregenden Stoffen befasst.
Weitere Informationen zur Sicherheit von Aspartam haben wir hier im Mai 2023 in einem Faktencheck recherchiert.
Update, 14. Juli 2023: Wir haben die Ergebnisse der Neubewertung der WHO im Text ergänzt und die Bewertung entsprechend angepasst. Diese stuft Aspartam nun als „möglicherweise krebserregend“ ein, hält aber an der bisherigen unbedenklichen Tagesdosis fest.
Update, 4. Juli 2023: Wir haben die Einschätzung der WHO, sowie einen Ende Juni bekannt gewordenen Bericht, demnach die Internationale Agentur für Krebsforschung Aspartam künftig als „möglicherweise krebserregend“ einstufen könnte, ergänzt und die Bewertung entsprechend erweitert. Bestätigt ist das bislang nicht. Die Ergebnisse der Neubwertung sollen am 14. Juli veröffentlicht werden.
Redigatur: Matthias Bau, Gabriele Scherndl