Keine Belege, dass israelischer General Nimrod Aloni von der Hamas entführt wurde
In Sozialen Netzwerken verbreitet sich im Kontext der Terrorangriffe der Hamas auf Israel ein Bild, das die Gefangennahme des israelischen Generals Nimrod Aloni zeigen soll. Doch das ist höchstwahrscheinlich falsch, das Bild zeigt mutmaßlich einen Zivilisten.
Die Hamas feuerte am 7. Oktober Medienberichten zufolge tausende Raketen auf Israel ab und rückte in israelische Gebiete vor. Während der Überraschungsoffensive wurden mehrere hundert Zivilisten getötet und mehr als hundert von Mitgliedern der palästinensischen Terrororganisation als Geiseln genommen.
In Sozialen Netzwerken wird ein Bild verbreitet, das im Zuge dessen auch die Gefangennahme eines hochrangigen israelischen Militärs, Generalmajor Nimrod Aloni, durch die Hamas zeigen soll. Das Foto mit der Behauptung wird auf Facebook, Telegram und X, ehemals Twitter, verbreitet. Ein Telegram-Kanal, der zu einem russischen Desinformations-Netzwerk gehört, teilte es ebenfalls. Zu sehen ist ein mit einem schwarzem T-Shirt, Sonnenbrille und Unterwäsche bekleideter Mann; uniformierte, unkenntlich gemachte Männer halten ihn fest beziehungsweise zerren an ihm.
Unsere Recherche zeigt: Das Foto zeigt vermutlich einen Zivilisten, der von der Hamas entführt wurde. Die israelischen Streitkräfte (IDF) dementieren, dass Nimrod Aloni gefangen genommen worden sei. Außerdem kursieren Aufnahmen von Aloni, die nach der angeblichen Gefangennahme gemacht worden sein sollen.
Israelische Streitkräfte dementieren: General Aloni wurde nicht gefangen genommen
Die Hamas hat mehr als hundert Menschen verschleppt – ihr Schicksal ist unklar. Wie die Washington Post berichtete, töteten die Terroristen eine Gruppe von Geiseln, kurz nach ihrer Gefangennahme. Die Behauptung, dass Aloni unter den von der Hamas Entführten sei, verbreitete sich ab dem 7. Oktober in Sozialen Netzwerken. Einen Tag später veröffentlichten die israelischen Streitkräfte jedoch ein Video auf Youtube und ein Foto auf ihrer Webseite, in denen Aloni zu sehen ist. Die Aufnahmen sollen laut IDF am 8. Oktober entstanden sein. Dafür spricht, dass am Anfang des Videos im Hintergrund auf einem Bildschirm dieses Datum zu sehen ist.
Außerdem veröffentlichte der israelische Journalist Yosi Yehoshua am 9. Oktober auf X ein Foto, das den General zeigen soll. Im Beitrag dazu schrieb er „General Nimrod Aloni schließt sich nach Gerüchten in der Gaza-Division den Kämpfen an“. Yehoshua antwortete uns bisher nicht auf eine Anfrage, wann und wo er das Foto aufgenommen hat.
Laut Medienberichten dementierte ein Sprecher des Militärs, Daniel Hagari, bereits am 7. Oktober in einer Pressekonferenz, dass Aloni gefangen genommen worden sei. Auch die Associated Press und eine israelische Faktencheck-Redaktion kamen zu dem Schluss, dass Aloni nicht von der Hamas entführt wurde.
Mann auf dem Foto ist vermutlich Zivilist und wird vermisst
Teilweise wird die Behauptung mit einer Collage aus zwei Fotos verbreitet. Das Foto rechts zeigt tatsächlich Aloni, es findet sich auf der Webseite der israelischen Streitkräfte, in einem Beitrag vom Juli 2023. Damals wurde Aloni zum Kommandeur der Militärhochschulen ernannt. Der Mann auf dem verbreiteten Foto – links in der Collage – könnte ihm ähneln, die Bildqualität ist jedoch zu schlecht und die Brille verdeckt die Augenpartie. Dass der Mann im Foto links weiße Haare hat, ist ein Indiz, dass es sich nicht um dieselbe Person handelt. Trotzdem ist das Foto nicht ausreichend, um die Behauptung zu be- oder widerlegen.
Aber seit dem Angriff der Hamas haben sich weltweit Menschen gemeldet, die Angehörige vermissen. So auch eine israelische Frau, die sagt, der Mann auf dem verbreiteten Foto sei ihr Vater – und nicht Nimrod Aloni. Laut einem Bericht der Zeitung Israel Hayom, sagte die Frau, sie sei mit ihrem Vater über Whatsapp in Kontakt gewesen, bis kurz bevor er von der Hamas verschleppt wurde. Auch ihre Mutter sei entführt worden. Sie habe keinen Kontakt mehr zu ihren Eltern.
Einen Überblick mit allen Faktenchecks von uns zu dem Thema finden Sie hier.
Redigatur: Matthias Bau, Uschi Jonas