Faktencheck

Nein, dieses Video zeigt keine Geflüchteten in der Nähe des Bautzener Stausees

In Sozialen Netzwerken kursiert ein Video, das angeblich Geflüchtete in der Nähe des Bautzener Stausees zeigen soll. Das ist falsch, die Aufnahme entstand in Ungarn.

von Max Bernhard

bautzener-stausee-gefluechtete
In Sozialen Netzwerken wird eine Aufnahme verbreitet um Stimmung gegen Geflüchtete zu machen – doch anders als behauptet entstand sie in Ungarn und nicht in der Nähe des Bautzener Stausees (Quelle: Facebook; Collage: CORRECTIV.Faktencheck)
Behauptung
Ein Video zeige Geflüchtete in der Nähe des Bautzener Stausees.
Bewertung
Falscher Kontext
Über diese Bewertung
Falscher Kontext. Das Video wurde in Ásotthalom im Süden Ungarns, nahe der Grenze zu Serbien aufgenommen. Die Bürgermeisterin der Gemeinde bestätigte, dass das Video von dort stammt. Auch das Landratsamt Bautzen bestätigte, dass das Video nicht den Bautzener Stausee zeigt.

Ein Video, das auf Facebook, Twitter, Tiktok und Telegram kursiert, soll angeblich Geflüchtete in der Nähe des Bautzener Stausees zeigen. Auch der AfD-Kreisverband Stendal und der ehemalige AfD-Politiker Georg Pazderski sowie ein Youtube-Kanal, der nach eigener Aussage von drei Gründungsmitgliedern der rechtsextremen Partei Freie Sachsen betrieben wird, verbreiteten das Video.

Die Profile, die das Video teilen, sprechen von einer „Invasion“ durch Asylbewerber. Ein Nutzer schrieb: „Macht endlich die Grenzen zu! Überwachungskamera eines Anwohners am Stausee Bautzen.“ Doch die Behauptung ist falsch. Das Video wurde in Ásotthalom, Ungarn aufgenommen, nicht am Bautzener Stausee.

In Sozialen Medien verbreitet sich ein Video, das angeblich Geflüchtete in der Nähe des Bautzener Stausees zeigt – das stimmt nicht (Quelle: Facebook; Screenshot und Schwärzung: CORRECTIV.Faktencheck)

Video entstand in Ungarn nahe der Grenze zu Serbien 

Über eine Bilderrückwärtssuche stoßen wir auf einen Artikel der Sächsischen Zeitung vom 6. Oktober. Dort wird ein Beitrag auf X, ehemals Twitter, des Bautzener Landratsamts zitiert.  Darin schreibt die Behörde, dass das Video aus Ungarn stamme.

In dem X-Beitrag teilte das Landratsamt einen ungarischen Artikel der Nachrichtenseite Hu.24 vom 27. September. Darin steht, dass Renáta Papp, die Bürgermeisterin von Ásotthalom im Süden Ungarns, das Video geteilt hatte. Der Facebook-Beitrag von Papp vom 26. September ist ebenfalls verlinkt – dort teilte sie das Video in schwarz-weiß mit Verpixelungen.

Frances Lein, Pressesprecherin am Landratsamt Bautzen, schreibt uns ebenfalls auf Anfrage: „Ich kann Ihnen bestätigen, dass das Video nicht den Bautzener Stausee oder Umgebung zeigt.“

Die Bürgermeisterin von Ásotthalom, Renáta Papp, teilte das Video am 26. September auf Facebook – sie bestätigte uns, dass das Video aus der ungarischen Gemeinde stammt (Quelle: Facebook; Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)

Auch Papp, die Bürgermeisterin der ungarischen Gemeinde, bestätigte uns auf Anfrage, dass das Video aus Ásotthalom stamme. Es zeige „Einwanderer in Ásotthalom, Ungarn – nahe der ungarisch-serbischen Grenze. Es ist unser eigenes Video! Von unserer Feldwache/Patrouille.“

In der Gemeinde gibt es schon seit Jahren eine „Bürgerwehr“, über die die ARD bereits im Jahr 2016 berichtete. Sie sieht es als ihre Aufgabe, Migrantinnen und Migranten aufzuhalten. Serbien sandte im September Spezialkräfte an die Grenze zu Ungarn, weil dort täglich hunderte Menschen versuchten, über die Grenze in die Europäische Union zu gelangen.

Papp wurde 2022 zur Bürgermeisterin gewählt. Laut dem Nachrichtenmagazin Szeged Ma trat sie als unabhängige Kandidatin an, bekam aber Unterstützung von der rechtsextremen Partei Mi Hazánk Mozgalom. Ein Telegram-Kanal der Partei teilte das Video in Farbe und unverpixelt ebenfalls am 26. September mit demselben Text, den Papp auf Facebook geteilt hatte.

Rechtsextreme Gruppe aus Bautzen verbreitete das Video 

In mehreren Beiträgen, die das Video verbreiteten, ist das Logo von „Balaclava Graphics“ zu sehen. Bei der Gruppe handelt es sich laut Belltower News um rechtsextreme Medienaktivisten. Die Amadeu-Antonio Stiftung erwähnt die Gruppe in einem Bericht vom Februar 2023 zur antidemokratischen Protestszene in Sachsen – der Kanal sei durch kontinuierliches Wachstum aufgefallen.

Einer der frühesten Beiträge, der das Video mit der Behauptung verbreitete, es zeige einen Ort in der Nähe des Bautzener Stausees, stammt vom Telegram-Kanal der Gruppe.

Redigatur: Matthias Bau, Gabriele Scherndl