Faktencheck

Angeblicher WDR-Artikel über ukrainische Lösegeldforderung für Shani Louk ist gefälscht

In zahlreichen pro-russischen Beiträgen wird behauptet, aus der Ukraine seien 500.000 Euro Lösegeld für Shani Louk gefordert worden – die Deutsch-Israelin war auf jenem Musikfestival, das die Hamas am 7. Oktober stürmte, mittlerweile gilt sie als tot. Doch ein Artikel des WDR, der die Lösegeldforderung belegen soll, ist gefälscht.

von Gabriele Scherndl

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Die Deutsch-Israelin Shani Louk war auf jenem Festival, das die Hamas am 7. Oktober überfiel. Mittlerweile gilt sie als tot. (Quelle: Antonio Pisacreta / Ropi / Picture Alliance)
Behauptung
Laut einem Beitrag des WDR sei eine Lösegeldforderung in Höhe von 500.000 Euro für die von der Hamas verschleppte Shani Louk aus der Ukraine gestellt worden.
Bewertung
Manipuliert. Der WDR-Beitrag ist gefälscht. Für die angebliche Lösegeldforderung gibt es keine Belege. Nach israelischen Angaben ist Shani Louk tot.

In diesem Beitrag wird Bildmaterial verlinkt, das die Folgen von Gewalt zeigt.

Als die Hamas am 7. Oktober 2023 Israel überfiel, tötete sie nicht nur hunderte Menschen, sondern nahm laut israelischen Angaben auch mindestens 200 Geiseln. Auch die Deutsch-Israelin Shani Louk war bei jenem Festival, dass die von der EU und den USA als Terrororganisation eingestufte Hamas stürmte. Am 30. Oktober gaben die israelischen Behörden bekannt, dass Louk tot sei. Wann genau sie getötet wurde, ist unklar.

Ebenfalls am 30. Oktober und den Tagen danach verbreiteten zahlreiche Kanäle – etwa pro-russische Telegram-Kanäle, russische Medien und Nutzer auf X und Facebook – die Behauptung, es habe eine Lösegeldforderung für Louk in Höhe von 500.000 Euro gegeben. Die sei „höchstwahrscheinlich“ aus der Ukraine gekommen. Mehrere Nutzerinnen und Nutzer stützen diese Behauptung mit einem Screenshot eines angeblichen Artikels des WDR. Doch dieser ist gefälscht. Für die Lösegeldforderung gibt es keine Belege.

Ein Telegram-Beitrag, in dem der gefälschte WDR-Artikel geteilt wird.
Unter anderem der pro-russische Kanal DruschbaFM teilte den gefälschten Artikel des WDR (Quelle: Telegram, Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)

Rechtschreibfehler, falsche Schriftart und ein Dementi des WDR

Der angebliche WDR-Artikel soll am 30. Oktober morgens erschienen sein. Doch eine Suche auf der Webseite des WDR bringt keine Ergebnisse. Nicolas Parman, Sprecher des WDR, schreibt auf Anfrage von CORRECTIV.Faktencheck, dass die Meldung eine Fälschung sei. Auch mehrere Details in dem Screenshot geben darüber Aufschluss. 

Der Text enthält zum Beispiel mehrere Rechtschreibfehler und unstimmige Bezeichnungen. So ist im Teaser vom „für den von der Hamas gestohlenen Shani Louk“ die Rede. Bei genauerem Hinsehen fällt auch auf, dass eine etwas andere Schriftart verwendet wird als in echten Artikeln des WDR – so hat das M dort schräge Schenkel, in der Fälschung aber gerade.

Links ein echter WDR-Artikel, rechts der Fake - markiert ist jeweils der Buchstabe M, er sieht in den beiden Versionen unterschiedlich aus.
Die echten Beiträge des WDR (links) verwenden eine andere Schriftart als jene in dem gefälschten Beitrag (rechts) (Quellen: WDR, X; Screenshot, Collage und Markierungen: CORRECTIV.Faktencheck)

Eine Google-Suche bringt außerdem keine Ergebnisse für einen echten Artikel zu dem Thema. Und auch sonst gibt es keine Belege für die angebliche Lösegeldforderung. Seriöse Artikel dazu erschienen weder auf Deutsch, noch auf Englisch oder Hebräisch.

Wer die Fälschung in die Welt gesetzt hat, lässt sich nicht abschließend nachvollziehen. Auffällig ist, dass viele russische Seiten oder pro-russische Accounts den Fake geteilt haben, darunter etwa die Telegram-Kanäle DruschbaFM und InfoDefenseDEUTSCH, die beide immer wieder Falschbehauptungen zum Ukraine-Krieg teilten. Einer der ersten auffindbaren Beiträge mit dem gefälschten WDR-Text ist ein X-Account mit dem Namen der russischen Fernsehpersönlichkeit Andrey Bocharov. Er fällt ebenfalls im Krieg gegen die Ukraine mit Desinformation auf.

Alle Faktenchecks zu Falschmeldungen und Gerüchten zum Krieg im Nahen Osten finden Sie hier.

Redigatur: Max Bernhard, Sophie Timmermann