Faktencheck

Weitere Fälschung: Dieses Bild eines angeblichen Selenskyj-Graffitis zeigt nicht Den Haag

Ein Bild in einem Telegram-Kanal zeigt ein Graffiti des ukrainischen Präsidenten Selenskyj am Galgen, angeblich im niederländischen Den Haag. Doch die Aufnahme zeigt einen Platz in der Schweiz – und sie ist nicht der erste Fake dieser Art.

von Max Bernhard

selenskyj-graffiti-bild-fake
Dieses angebliche Selenskyj-Graffiti soll in Den Haag entstanden sein. Das ist falsch. (Quelle: Telegram; Screenshot und Collage: CORRECTIV.Faktencheck)
Behauptung
Ein Bild zeige ein Graffiti des ukrainischen Präsidenten Selenskyj an einem Galgen in Den Haag.
Bewertung
Manipuliert. Die Aufnahme entstand nicht in Den Haag, sondern in Bülach, in der Schweiz. Es gibt keine Belege dafür, dass das Graffiti dort zu sehen war. Die zuständige Baugenossenschaft und ein Anwohner in Bülach gaben an, das Graffiti nicht zu kennen. Ursprung ist ein Telegram-Kanal, der schon mehrfach gefälschte Aufnahmen von Selenskyj-Graffitis in europäischen Städten verbreitete.

Am 26. Juni tauchte in Sozialen Netzwerken ein „Werk polnischer Künstler in Den Haag“ auf. Es zeigt einen Platz vor einem Gebäude mit einem Graffiti, das den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj als Karikatur darstellt. Ursprünglich stammt das Bild aus den Instagram- und Telegram-Kanälen „Typicaloptical“. Diese verbreiten immer wieder gefälschte Bilder von angeblichen Selenskyj-Graffitis – wir veröffentlichten dazu bereits mehrere Faktenchecks. Dennoch wird auch das aktuelle Bild wieder in Sozialen Netzwerken geteilt, unter anderem von dem prorussischen Telegram-Kanal DruschbaFM.

Unsere Recherche zeigt: Auch dieses Mal handelt es sich anscheinend um ein manipuliertes Bild. Es zeigt nicht Den Haag, sondern Bülach, eine Stadt nahe Zürich. Dafür, dass das Graffiti jemals dort war, gibt es keine Belege.

Das Instagram-Profil „Typicaloptical“ veröffentlichte das Bild des angeblichen Graffitis in einer Collage aus mehreren Einzelbeiträgen (Quelle: Instagram; Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)

Das Bild zeigt Bülach in der Schweiz – dort war keine Spur von dem Graffiti zu finden  

Ein Mitarbeiter des Technologie-Startups Logically, das sich auf die Bekämpfung von Desinformation spezialisiert hat, berichtete auf Twitter: Das Bild zeige das Glasi-Quartier in Bülach in der Schweiz. Laut Faktencheck von Logically bestätigte außerdem ein Anwohner, dass es dort kein solches Graffiti gab.

Tatsächlich konnten wir den Aufnahmeort durch einen Vergleich mit einem Bild von Google Maps vom Juni 2023 verifizieren. Mehrere Details stimmen überein, etwa Gebäudefassaden, eine Ziegelmauer und eine Skulptur.

grafitti-schweiz-den-haag-vergleich
Ein Vergleich der online verbreiteten Aufnahme (links) mit einem Bild von Google Maps zeigt, dass es sich um das Glasi-Quartier in Bülach handelt. Das ist etwa am Gebäude links (gelb), dem Ziegelstein-Rondell (grün) und der Metallskulptur (rot) erkennbar. (Quellen: Telegram, Google; Screenshot, Collage und Markierungen: CORRECTIV.Faktencheck)

Im Glasi-Quartier in Bülach ist die Baugenossenschaft Glattal Zürich für mehrere Wohnhäuser zuständig. Wir fragten auch dort nach, ob das Bild wirklich die Siedlung zeigt und ob das Graffiti gesichtet wurde. Thomas Lohmann, Präsident der Genossenschaft antwortete uns per E-Mail: „Der Bildhintergrund stammt aus dem Glasi-Quartier Bülach in der Schweiz und zeigt einen Teil der dortigen Piazza Santeramo.“ Das Graffiti selbst sei der Genossenschaft jedoch gänzlich unbekannt. „Wir haben auch keine Meldungen vorliegen, dass dies aktuell existiert, oder für eine Zeit lang existierte“, schrieb Lohmann.

Die gefälschten Bilder sollen den Präsidenten der Ukraine abwerten: Er wird als nach Geld greifende Krake gezeigt, oder als gefräßige Heuschrecke. Der russische Journalist und Chefredakteur des Faktencheck-Portals Provereno Ilya Ber sagte France24, dass dahinter eine weitere Strategie stecke: Menschen in Russland solle durch die Bilder suggeriert werden, dass Europa nicht geeint sei, die Unterstützung für die Ukraine früher oder später enden und Russland den Krieg gewinnen werde.

CORRECTIV.Faktencheck und andere Redaktionen haben die angeblichen Selenskji-Graffitis immer wieder als Fälschungen entlarvt. Sie sind Teil unterschiedlicher Versuche, die Meinung der Menschen im Sinne Russlands zu beeinflussen. So wurden auch gefälschte Titelseiten verschiedener Medien in Umlauf gebracht. Auf Facebook ist indes weiter eine prorussische Desinformationskampagne zu Gange, über die wir hier berichteten.

Einen Überblick mit allen Faktenchecks von uns zum Krieg in der Ukraine finden Sie hier.

Redigatur: Gabriele Scherndl, Sarah Thust