Nein, Wolodymyr Selenskyj kaufte keine Luxusyachten für 75 Millionen US-Dollar
Angeblich soll der ukrainische Präsident zwei Luxusyachten über Mittelsmänner erworben haben. Kaufverträge, die das belegen sollen, sind jedoch gefälscht. Die Yachten stehen weiterhin zum Verkauf.
Immer wieder verbreiten sich online Behauptungen über die angebliche Korruption von Wolodymyr Selenskyj. Teils sind darunter übertriebene Angaben über das Privatvermögen des ukrainischen Präsidenten, teils wahre Informationen über seine Verwicklungen in Geschäfte mit Offshore-Firmen.
Nun heißt es, Selenskyj habe zwei Luxusyachten für 75 Millionen US-Dollar gekauft. Die Behauptung kursiert etwa auf Telegram und Tiktok. Besonders viral ging sie auf X durch einen Beitrag des Internetunternehmers Kim Dotcom. Er kämpft aktuell in Neuseeland gegen seine Auslieferung an die USA wegen Urheberrechtsverletzungen. Auf X schrieb er am 27. November: „US-Steuergelder am Werk. Selenskyj kaufte über Mittelsmänner angeblich zwei Yachten, die über 75 Millionen US-Dollar wert sind, wie The Islander berichtete.“ Der Beitrag wurde 4,2 Millionen Mal angezeigt (Stand: 13. Dezember 2023).
Das ist falsch. Beide Yachten stehen weiterhin zum Verkauf. Angebliche Kaufverträge, die den Deal belegen sollen, basieren auf einem frei zugänglichen Mustervertrag und sind gefälscht.
Falschbehauptung über Yachtkauf geht auf Youtube-Kanal eines vermeintlichen Journalisten zurück
Wie aus dem Tweet von Kim Dotcom hervorgeht, schrieb der Blog The Islander über den angeblichen Kauf der Luxusyachten. Dieser bezog sich wiederum auf ein Youtube-Video eines Mannes, der sich selbst Shahzad Nasir nennt und als Journalist bezeichnet.
Auf dem Youtube-Kanal von Nasir ist ein einziger Beitrag zu finden – das Video zu den Yachten. Auch auf seinem Twitter-Account veröffentlichte er nur diesen Beitrag. Dafür, dass er sonst journalistisch tätig ist, finden sich keine Belege.
In seinem Video behauptet Nasir, an Kaufverträge gelangt zu sein, die belegten, dass Boris und Serhij Schefir die Luxusyachten gekauft hätten. Beide Männer arbeiteten mit Selenskyj bei der Produtkionsfirma Kwartal 95 zusammen, bevor dieser Präsident wurde. Darüber haben wir am 22. Mai 2022 in einem Faktencheck geschrieben.
Yachten standen weiterhin zum Verkauf, angebliche Kaufverträge sind eine Fälschung
An den beiden Kaufverträgen fällt zunächst auf, dass die Unterschriften der angeblichen Käufer jeweils auf der ersten und der dritten Seite der Verträge unterschiedlich sind. Ein erster Hinweis darauf, dass es sich um eine Fälschung handeln könnte.
Die Mediterranean Yacht Brokers Association (MYBA), deren Name auf dem Kaufvertrag zu lesen ist, ist der alte Name einer Organisation für Yachtmakler. Seit 2008 heißt sie „The Worldwide Yachting Association“.
Nicht nur der Name ist veraltet. Auch das Logo, das auf dem angeblichen Kaufvertrag zu sehen ist, entspricht nicht dem aktuellen Logo auf der MYBA-Webseite. Das alte Logo wurde bereits 2014 abgelöst, wie archivierte Versionen der MYBA-Webseite zeigen.
Zudem ist der Vertrag selbst nicht mehr aktuell. Jane Adlington-Brumer, Generalsekretärin von MYBA, sagte der Faktencheck-Redaktion der AP, dass das Dokument offenbar eine alte Vereinbarung aus der Zeit vor 2012 sei. Eine Blankoversion davon kann jeder und jede online herunterladen.
Laut dem Magazin Boat International standen die beiden Yachten am 13. Dezember weiterhin zum Verauf. Das bestätigten zuvor auch die Unternehmen BehneMar und Burgess Yachts, denen die Yachten gehören, gegenüber den Faktencheck-Redaktionen von Logically Facts und AP. Beide Firmen erklärten, dass die Yachten nicht verkauft worden seien.
Einen Überblick mit allen Faktenchecks von uns zum Krieg in der Ukraine finden Sie hier.
Redigatur: Viktor Marinov, Gabriele Scherndl