Faktencheck

Nein, Whatsapp-Chat belegt keinen Wahlbetrug zulasten der AfD

Eine Whatsapp-Unterhaltung, die am Tag der Europawahl auf X kursierte, soll Wahlbetrug belegen. Doch an der Geschichte gibt es einige Unstimmigkeiten.

von Viktor Marinov

symbol-whatsapp-frau-europawahl
In Sozialen Netzwerken kursiert ein Whatsapp-Chat, der angeblich Wahlbetrug zulasten der AfD belegt – doch das tut er nicht (Symbolbild: Weronika Peneshko / Picture Alliance)
Behauptung
Der Screenshot einer Whatsapp-Unterhaltung belege Wahlbetrug zulasten der AfD. Eine Wahlhelferin habe demnach beim Auszählen Stimmzettel für die AfD unter den Tisch fallen lassen.
Bewertung
Frei erfunden
Über diese Bewertung
Frei erfunden. Die Whatsapp-Unterhaltung hat ursprünglich ein Account veröffentlicht, der sich selbst als Parodie-Account bezeichnet und sonst regelmäßig AfD-Inhalte teilt. Die Unterhaltung selbst soll um 16 Uhr stattgefunden haben. Doch zu dieser Zeit hatte die Auszählung der Stimmen noch gar nicht begonnen, sie fing erst um 18 Uhr an. Auch der Bundeswahlleiterin sind keine Belege für einen solchen Vorfall bekannt.

Am Tag der Europawahl gab es mehrere Beiträge auf X, die manche Nutzerinnen und Nutzer als Beleg für Wahlbetrug sahen – einige davon haben wir hier und hier geprüft. Ein weiterer solcher Beitrag verbreitete sich als Screenshot auf Facebook, X, Tiktok und 9gag. Darin sieht man eine Unterhaltung auf Whatsapp, bei der jemand das Foto eines für den AfD angekreuzten Zettels teilt. „Hoppla, da ist beim Auszählen wohl etwas unter den Tisch gefallen“, schreibt die Person dazu. Es sei blöd für „die Blauen“, dass solche Fehler immer sie getroffen hätten.

„Hier seht Ihr ‚echte Demokraten‘ bei der Arbeit! Wie widerwärtig mit Wahlbetrug auch noch zu kokettieren!“, kommentiert ein Nutzer auf X zu diesem Screenshot. 290.000 Menschen sahen den Beitrag. Auch die Dresdner AfD-Stadträtin Silke Schöps verbreitete den Screenshot. Sie schrieb dazu: „Keine Ahnung, ob das echt ist. Wenn ja, rühmt man sich hier der Wahlfälschung.“

Doch der ursprüngliche X-Beitrag belegt keine Wahlmanipulation. Mehrere Hinweise sprechen dafür, dass die Behauptung frei erfunden ist.

x-behauptung-wahlbetrug-wahlhelfer-europawahl
Diese Whatsapp-Unterhaltung soll Wahlbetrug belegen. Doch es sprechen mehrere Hinweise dagegen. (Quelle: X; Screenshot und Schwärzung: CORRECTIV.Faktencheck)

X-Profil bezeichnet sich selbst als Parodie-Account und teilt sonst regelmäßig Pro-AfD-Inhalte

Dass der ursprüngliche Beitrag vermutlich nicht ernst gemeint war, zeigt schon die Profilbeschreibung. Darin bezeichnet sich der Account als „VS-Mitarbeiter der Herzen“. Die Abkürzung VS steht für Verfassungsschutz. In seinem Profilnamen steht in Klammern das Wort „Parodie“. Wer hinter dem Account steckt, ist unklar. 

In einem Beitrag am 10. Juni schrieb er zu Screenshots von seinem Post mit dem Whatsapp-Chat: „Knapp 2.800 Buhmern muss ganz dringend der Router ausgestöpselt werden“ – ein Hinweis darauf, dass sein ursprünglicher Beitrag nicht ganz ernst gemeint war. Der Account teilt regelmäßig Pro-AfD-Inhalte und veröffentlicht selbst rassistische und homophobe Beiträge. 

Die vermeintliche Whatsapp-Unterhaltung und das Verschwindenlassen der AfD-Wahlzettel geschah laut dem Screenshot darüber hinaus um 16 Uhr. Doch um diese Uhrzeit hatte die Auszählung noch gar nicht begonnen. Sie fängt regelkonform erst um 18 Uhr an, wenn die Wahllokale nach der Stimmabgabe geschlossen sind.

Bundeswahlleiterin: „Eine Behauptung in einem Post ist kein Beleg für Wahlmanipulation“

Auch die Bundeswahlleiterin ist am Tag der Wahl auf den Beitrag aufmerksam geworden. In einem Beitrag auf X schrieb sie am 9. Juni um 22:37 Uhr: „Eine Behauptung in einem Post ist kein Beleg für tatsächliche Wahlmanipulation.“ Kein Wahlvorstandsmitglied entscheide allein oder sei allein mit den Wahlunterlagen. Ein Wahlvorstand umfasse sieben bis neun Personen, damit sei eine Manipulation durch Einzelne ausgeschlossen. 

„Wir haben bisher keinerlei Berichte über tatsächliche Manipulationsversuche“, heißt es in dem X- Beitrag weiter. Wer Unregelmäßigkeiten beobachtet habe, könne sich bei der Kreis- oder Stadtwahlleitung melden. Bei nachweislich berechtigten Zweifeln käme es dann zur Neuauszählung der Stimmen.

Auch zwei Tage nach der Wahl schrieb uns eine Sprecherin der Bundeswahlleiterin per E-Mail: „Die Kampagne auf X ist nach unseren Erkenntnissen eine Falschinformation.“ Es gebe weiterhin keine Auffälligkeiten bei den Wahlvorständen. 

Alle Faktenchecks zur Europawahl finden Sie hier.

Redigatur: Mathias Bau, Uschi Jonas

Korrektur, 17. Juni 2024: AfD-Politikerin Silke Schöps ist nicht Landesrätin, wir wir ursprünglich geschrieben hatten, sondern Stadträtin. Das haben wir korrigiert.