Video von Menschen auf Boot in Lampedusa kursierte schon vor einem Jahr
Ein Video soll im August 2024 eine „neue Fluchtwelle“ vor der süditalienischen Insel Lampedusa zeigen. Doch es kursierte schon vor Monaten, als deutlich mehr Geflüchtete in Italien ankamen als aktuell.
„Breaking“, heißt es in einem X-Beitrag, zu einem Video, das zahlreiche Menschen auf einem Boot zeigt. Hunderte Migranten seien „heute“ und „gestern“ angekommen, schreibt das Profil am 24. August. Auch auf Tiktok heißt es, das Video zeige eine „neue Fluchtwelle“. Die Beiträge erreichten über eine Million Aufrufe. Auch der X-Kanal Visegrád 24, der sich als Nachrichtenseite ausgibt, aber auch Desinformation verbreitet, teilte das Video.
Doch die Aufnahme ist nicht aktuell.
Video, dass Geflüchtete in Lampedusa zeigen soll, kursierte schon 2023
Mehrere Bilder-Rückwärtssuchen führen zu Beiträgen, in denen das Video schon im September und Oktober 2023 geteilt wurde. Der älteste darunter ist ein X-Beitrag vom 30. September 2023 von einem Account namens Radio Genoa. „Von Tunesien nach Italien. Ist das nicht eine Invasion?“, heißt es darin.
Radio Genoa ist aber nicht, wie der Name annehmen lassen würde, ein seriöser Nachrichtensender. Laut Medienberichten verbreitet der Kanal prorussische Propaganda. Wann genau das Video entstanden ist, ist unklar. Der Vergleich mit einem Pressebild belegt aber, dass es den Hafen von Lampedusa zeigt.
Im September 2023 kamen deutlich mehr Geflüchtete an der Küste Italiens an, als aktuell, wie Zahlen des Operational Data Portal, einer Datenbank des UN-Flüchtlingskommissariats UNHCR, zeigen. Allein am 12. September 2023 kamen laut dieser Zahlen über 5.000 Geflüchtete dort an – der Großteil von ihnen in Lampedusa – im August 2024 waren es nie mehr als wenige Hundert pro Tag.
Dass damals besonders viele Menschen Italien über Lampedusa – das westlich vor der tunesischen Küste liegt – erreichten, hatte laut dem Mediendienst Integration mehrere Gründe: Migrantinnen und Migranten aus Ländern südlich der Sahara seien seit Ende 2022 in Tunesien zunehmend Opfer rassistischer Gewalt geworden. Außerdem sei laut Matteo Villa, Forscher beim italienischen Institute for International Political Studies, die Zahl der Rettungsschiffe im Mittelmeer gesunken. Deswegen hätten Geflüchtete vermehrt direkt die südlich gelegene Insel Lampedusa angesteuert.
Redigatur: Max Bernhard, Uschi Jonas