Faktencheck

Kein neues „Heizungsverbot“ für Autos: Nur wer den Motor im Stand laufen lässt, riskiert ein Bußgeld

Auf Tiktok heißt es, in Deutschland solle ein Heizungsverbot für Autos kommen. Die Behauptung beruht auf einem irreführenden Artikel des Karlsruhe Insider. Doch es gibt keine neue Regelung: In Deutschland ist es schon länger verboten, den Motor im Stand unnötig laufen zu lassen.

von Matthias Bau

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Wer sein Auto ohne Sorgen vor dem Fahren heizen möchte, nutzt am besten eine Standheizung (Quelle: Christin Klose / DPA-Themendienst / Picture Alliance)
Behauptung
In Deutschland soll trotz Kälte ein Heizungsverbot für Autos kommen. Für das Vorwärmen des eigenen Autos müsse man in Deutschland in Zukunft ein Bußgeld von 80 Euro zahlen.
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Größtenteils falsch. Es gibt kein generelles Heizungsverbot für Autos und auch keine neue Regelung dazu. Ein Bußgeld riskiert bereits jetzt, wer seinen Motor unnötig im Stand laufen lässt. Das soll vermeidbarem Lärm und unnötigen Abgasemissionen vorbeugen. Das Bußgeld dafür beträgt schon seit 2020 80 Euro. Das Betreiben einer Standheizung ist zulässig.

Die Temperaturen sinken, im Auto wird es langsam kalt: Ist es da nicht ein Skandal, dass man in Zukunft das eigene Auto nicht mehr vorwärmen darf, weil sonst ein Bußgeld droht? Mit dieser Behauptung ging ein Video auf Tiktok am 14. November auf Stimmenfang und erreichte rund 160.000 Ansichten und mehr als 1.000 Kommentare.

Im Video ist ein Beitrag des Karlsruhe Insider mit der Überschrift „Trotz Kälte: Heizungsverbot für Autos in Deutschland soll kommen“ zu sehen. Warum das so nicht richtig ist, erklären wir in diesem Faktencheck.

Anders als auf Tiktok behauptet, gibt es keine neue Regelung „fürs Klima“. Das Vorheizen des Autos ist in Deutschland bereits verboten, wenn dafür der Motor im Stand läuft
Anders als auf Tiktok behauptet, gibt es keine neue Regelung „fürs Klima“. Das Vorheizen des Autos ist in Deutschland bereits verboten, wenn dafür der Motor im Stand läuft (Quelle: Tiktok; Screenshot und Schwärzung: CORRECTIV.Faktencheck)

Karlsruhe Insider lockt Leserinnen und Leser mit irreführender Überschrift

Über eine nahezu identische Irreführung desselben Tiktok-Kanals berichteten wir im Oktober 2024. Da hieß es, es drohe ein Bußgeld für ein verschmutztes Auto, ebenfalls unter Berufung auf einen Artikel des Karlsruhe Insider. Die Webseite fiel zuvor bereits mit falschen oder verkürzten Behauptungen auf. Das Medium ist nach Eigenbeschreibung ein News-Magazin für Karlsruhe und Baden-Württemberg und die „wichtigsten Nachrichten aus Deutschland.“ 

Titel und Texteinstieg bei Karlsruhe Insider suggerieren, es gebe ein „neues Verbot“, das sich auf die Heizung von Autos beziehe. Im ersten Absatz deutet der Artikel dann an, dass die Lage vielleicht doch nicht so dramatisch ist, wie sie durch die Überschrift schien. In Deutschland gebe es „so etwas wie ein Heizungsverbot“, heißt es dort weniger zugespitzt. Das Ganze habe aber nichts mit der Temperatur oder der Jahreszeit zu tun, sondern mit dem Paragraph 30 der Straßenverkehrsordnung. 

Bußgeld von 80 Euro für Motor im Stand laufen lassen gilt seit 2020

Der Paragraph 30 besagt: „Bei der Benutzung von Fahrzeugen sind unnötiger Lärm und vermeidbare Abgasbelästigungen verboten. Es ist insbesondere verboten, Fahrzeugmotoren unnötig laufen zu lassen und Fahrzeugtüren übermäßig laut zu schließen.“

Die Straßenverkehrsordnung bestimmt in Paragraph 30, dass Automotoren nicht unnötig laufen dürfen
Die Straßenverkehrsordnung bestimmt in Paragraph 30, dass Automotoren nicht unnötig laufen dürfen (Quelle: Straßenverkehrsordnung; Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)

Wer den Motor seines Autos dennoch im Stand laufen lässt, muss mit einem Bußgeld von 80 Euro rechnen. Das steht im Bußgeldkatalog des Kraftfahrt-Bundesamtes und ist seit 2020 so geregelt. Vorher betrug das Bußgeld dafür 10 Euro. Standheizungen zu nutzen, ist hingegen laut ADAC erlaubt.

Auszug aus dem aktuellen Tatbestandskatalog für Straßenverkehrsordnungswidrigkeiten des Kraftfahrt-Bundesamts. Sowohl das unnötige Verursachen von Lärm als auch von Abgasen zieht ein Bußgeld von 80 Euro nach sich.
Auszug aus dem aktuellen Tatbestandskatalog für Straßenverkehrsordnungswidrigkeiten des Kraftfahrt-Bundesamts. Sowohl das unnötige Verursachen von Lärm als auch von Abgasen zieht ein Bußgeld von 80 Euro nach sich. (Quelle: Kraftfahrt-Bundesamt; Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)

ADAC: Eingeschalteter Motor erhöht Temperatur im Stand kaum

Der ADAC veröffentlichte am 22. Oktober 2024 einen Artikel darüber, ob es überhaupt sinnvoll ist, den Automotor laufen zu lassen, um das Innere eines Fahrzeuges zu erwärmen.

Über das Ergebnis seines Tests schreibt der Automobilclub: „Nach vier Minuten Motor warmlaufen lassen bei einer Außentemperatur von minus 10 Grad hat das Motoröl gerade einmal eine Temperatur von minus 7 Grad erreicht. Und auch die Heizung im Wageninneren erzeugt mit etwa 13 Grad nur ein laues Lüftchen.“ Für diese geringe Erwärmung habe das Auto aber bereits etwa 0,1 Liter Sprit verbrennen müssen.

Das Auto im Stand laufen zu lassen, sei sogar schädlich für den Wagen und erhöhe den Verschleiß. Weil das Motoröl länger brauche, um Betriebstemperatur zu erreichen, erhöhe sich die Reibung im Motor.

Redigatur: Paulina Thom, Alice Echtermann

Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck:

  • Straßenverkehrsordnung: Link (archiviert)
  • Bußgeldkatalog des Kraftfahrt-Bundesamts, 22. August 2024: Link
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