Faktencheck

Nein, CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz kündigte keine Wehrpflicht für Rentner an

Vor der Bundestagswahl 2025 verbreitet sich über ein Tiktok-Video die Behauptung, Friedrich Merz habe angekündigt, eine Wehrpflicht für Rentner zu diskutieren. Doch dafür gibt es keinerlei Belege, ein Sprecher dementiert.

von Kimberly Nicolaus

friedrich-merz-cdu-kanzlerkandidat-pressekonferenz-november-2024-falschbehauptung-rentner-wehrpflicht-gesellschaftsjahr
CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz bei einer Pressekonferenz am 15. November 2024 (Quelle: Kay Nietfeld / Picture Alliance / DPA)
Behauptung
Friedrich Merz habe angekündigt, eine Wehrpflicht für Rentner zu diskutieren.
Bewertung
Falsch. Es gibt keine Hinweise, dass sich Friedrich Merz so geäußert hat. Laut einem CDU-Pressesprecher hat Merz nichts dergleichen gefordert.

Sollte Friedrich Merz (CDU) Kanzler werden, sei seine erste Amtshandlung, die Wehrpflicht für Rentner zu diskutieren. Das habe Merz bereits angekündigt. So lautet zumindest die Behauptung eines Tiktok-Videos, das über 400.000 Mal aufgerufen wurde. Demnach wolle Merz auch, dass Rentner während dieses Wehrdienstes in die Rentenkasse einzahlen. Die CDU arbeite gar schon an entsprechenden Entwürfen. 

Die Behauptung verbreitet sich weiter auf anderen Sozialen Netzwerken. Manche kommentierten dazu: „Dieser Mensch ist nicht wählbar“, oder: „Jetzt erst Recht die AfD wählen“. Ein anderer Nutzer fragte nach der Quelle für die Behauptung.

Dieses Tiktok-Video enthält falsche Informationen. Es gibt keine Hinweise darauf, dass Friedrich Merz angekündigt habe, eine Wehrpflicht für Rentner zu diskutieren – ein Sprecher dementiert die Forderung. (Quelle: Tiktok; Screenshot und Schwärzung: CORRECTIV.Faktencheck)
Dieses Tiktok-Video enthält falsche Informationen. Es gibt keine Hinweise darauf, dass Friedrich Merz angekündigt habe, eine Wehrpflicht für Rentner zu diskutieren – ein Sprecher dementiert die Forderung. (Quelle: Tiktok; Screenshot und Schwärzung: CORRECTIV.Faktencheck)

CDU möchte Aussetzung der Wehrpflicht schrittweise zurücknehmen

Mehrere Google-Suchen belegen: Es gibt keine belastbare Quelle. Die angebliche Ankündigung von CDU-Kanzlerkandidat Merz, über einen Wehrdienst für Rentner zu diskutieren, steht in keinerlei Medienberichten. Ein CDU-Pressesprecher schreibt uns auf Anfrage: „Zu diesem Thema kursierende Beiträge sind allesamt Unfug, Herr Merz hat nichts dergleichen gefordert.“ Auch im Grundsatzprogramm der CDU steht nichts von einer angeblichen Wehrpflicht für Rentner. 

Auf ihrem Bundesparteitag im Mai 2024 stimmte die CDU dafür, dass die Aussetzung der Wehrpflicht schrittweise zurückgenommen wird. Die CDU möchte die Wehrpflicht in ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr überführen. Wie Medien berichteten, geht es bei diesem Vorschlag jedoch um junge Menschen. 

Wie die Welt im Juni 2024 berichtete, schlug Ex-CDU-Bundesfamilienministerin Kristina Schröder zwar vor, dass ältere Menschen zu Beginn ihres Ruhestands einen sogenannten verpflichtenden Dienst an der Gesellschaft leisten könnten. Schröder ordnete aber ein, ihr Vorschlag sei „provokant und ironisch“ gemeint gewesen. 

Nach unserer Anfrage an den Tiktok-Nutzer wurde das Video offenbar gelöscht. Wir erhielten keine Antwort auf unsere Fragen, der Nutzer hat unser Tiktok-Profil blockiert.

Ehemalige Ampel-Regierung setzt auf neue Form des freiwilligen Wehrdienstes

Seit 2011 ist die Wehrpflicht in Deutschland ausgesetzt. Wie das Bundesverteidigungsministerium auf seiner Webseite erklärt, kommt die Wehrpflicht nur dann wieder zum Einsatz, wenn ein Spannungs- oder Verteidigungsfall festgestellt wird. Laut dem Wehrpflichtgesetz sind alle Männer vom vollendeten 18. Lebensjahr an wehrpflichtig (Paragraf 1). Die Wehrpflicht endet mit Ablauf des Jahres, in dem das 45. Lebensjahr vollendet oder, im Spannungs- oder Verteidigungsfall, das 60. Lebensjahr vollendet wird (Paragraf 3).

Nicht nur die CDU plant Änderungen zur Wehrpflicht-Regelung, sondern auch die ehemalige Ampel-Regierung. Der von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) eingebrachte Gesetzentwurf von Anfang November 2024 sieht die Einführung eines „neuen Wehrdienstes“ vor. Damit soll die sogenannte Wehrerfassung und -überwachung wieder eingeführt werden. Dazu ist unter anderem eine für Männer verpflichtende Befragung vorgesehen über ihre Bereitschaft und Fähigkeit, den Wehrdienst abzuleisten. Es sei davon auszugehen, heißt es im Entwurf, dass sich damit die Zahl der freiwilligen Bewerber für den Wehrdienst erhöhen wird. 

Der Gesetzentwurf liegt aktuell beim Bundesrat. Die Beratungen dazu sind noch nicht abgeschlossen (Stand: 29. November 2024). Nachdem die Ampelkoalition im November 2024 zerbrach, ist ungewiss, ob das Gesetz kommen wird. Eine Erhöhung des Wehrpflichtalters in die übliche Rentenzeit hinein, sieht jedoch auch dieser Entwurf nicht vor.

Alle Faktenchecks rund um die Bundestagswahl 2025 lesen Sie hier.

Redigatur: Steffen Kutzner, Gabriele Scherndl

CORRECTIV im Postfach
Lesen Sie von Macht und Missbrauch. Aber auch von Menschen und Momenten, die zeigen, dass wir es als Gesellschaft besser können. Täglich im CORRECTIV Spotlight.