Bundestagswahl 2025

Briefwahl: Warum die obere Ecke der Stimmzettel abgeschnitten ist

Kaum geht es einer Wahl entgegen, erheben sich online Stimmen, die die Sicherheit der Wahl in Zweifel ziehen. Ein beliebtes Ziel: die Briefwahl. Doch anders als immer wieder behauptet, sind Stimmzettel auch dann gültig, wenn die obere rechte Ecke gelocht oder abgeschnitten ist.

von Matthias Bau

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Online wird seit Jahren Stimmung gegen die Sicherheit der Briefwahl gemacht (Quelle: ABBfoto / Picture Alliance)
Behauptung
Briefwahl-Stimmzettel seien ungültig, wenn eine Ecke abgeschnitten ist. Dokumente wie Reisepässe, Führerscheine oder Ausweise würden ungültig, wenn sie gelocht oder eingeschnitten sind oder eine Ecke entfernt wurde.
Bewertung
Teilweise falsch
Über diese Bewertung
Teilweise falsch. Stimmzettel mit einer abgeschnittenen Ecke sind gültig. Eine abgeschnittene Ecke oder eine Lochung des Stimmzettels sind sowohl für die Brief- als auch Urnenwahl gesetzlich vorgeschrieben. Die Aussparung hilft Menschen mit Sehbehinderung, die Zettel in eine Wahlschablone einzulegen. Ausweise werden durch Lochungen oder andere Beschädigungen aber ungültig.

Kaum steht eine Wahl an, verbreiten sich in Sozialen Netzwerken Warnungen davor, per Brief abzustimmen. Auch vor der Bundestagswahl am 23. Februar 2025 kursiert wieder ein Video in Sozialen Netzwerken, das vor der Briefwahl warnt. 

Darin packt ein Mann Briefwahlunterlagen für die Bundestagswahl aus, zeigt den Stimmzettel und sagt: „Wie werden Dokumente ungültig gemacht? Man schneidet sie ein, locht sie oder schneidet eine Ecke ab. Versteht das jeder? Die Wahlen sind von vornherein ungültig.“ Kurios daran: Briefwahlunterlagen für die Bundestagswahl 2025 wurden noch gar nicht versandt. Die Stimmzettel werden erst ab dem 30. Januar gedruckt, erst dann stehen die Parteien und Einzelbewerber für die Wahl fest.

Auf X widersprechen Nutzerinnen und Nutzer der Falschbehauptung, dass Stimmzettel  mit einer abgeschnittenen Ecke ungültig seien
Auf X widersprechen Nutzerinnen und Nutzer der Falschbehauptung, dass Stimmzettel mit einer abgeschnittenen Ecke ungültig seien (Quelle: X; Screenshot und Schwärzung: CORRECTIV.Faktencheck)

Über das Video und die Behauptung haben wir bereits im Jahr 2021 in einem Faktencheck berichtet: Die fehlende Ecke dient dazu, dass sehbehinderte Menschen den Stimmzettel in eine Stimmzettelschablone einlegen können. Das ist sogar gesetzlich geregelt. In Paragraf 45 der Bundeswahlordnung heißt es: „Zur Verwendung von Stimmzettelschablonen wird die rechte obere Ecke des Stimmzettels gelocht oder abgeschnitten.“ Das gilt für die Briefwahl genauso wie für die Urnenwahl.

Personalausweis mit abgeschnittener Ecke ist ungültig

Darüber hinaus behauptet der Mann im Video, dass Dokumente wie Reisepässe, Führerscheine oder Ausweise ungültig werden, wenn sie gelocht oder eingeschnitten sind oder eine Ecke entfernt wurde. Das ist richtig, wie wir im Mai 2024 berichteten.

Eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums sagte uns damals: Jegliche Veränderung eines Personalausweises mache diesen ungültig – und dazu zähle es auch, eine Ecke abzuschneiden. Für Pässe wie Personalausweise gelte die Passverwaltungsvorschrift, laut derer alte Pässe entwertet werden, indem ein bestimmter Teil abgeschnitten wird: „Vielen entwerteten Ausweisdokumenten, die dem Dokumenteninhaber auf Wunsch wieder als Andenken ausgehändigt werden, fehlt daher zumindest eine Ecke“, so die Sprecherin.

Redigatur: Paulina Thom, Gabriele Scherndl

Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck:

  • Bundeswahlordnung § 45 Stimmzettel, Umschläge für die Briefwahl: Link (archiviert)
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