Bundestagswahl 2025

Bundestagswahl: Fake-Kampagne versucht Friedrich Merz nach Taurus-Aussage zu diffamieren

Eine russische Desinformationskampagne unterstellt dem CDU-Spitzenkandidaten Friedrich Merz wenige Wochen vor der Bundestagswahl 2025, er sei psychisch „instabil“. Sie liefert gefälschte Beweise.

von Sarah Thust

Friedrich Merz Symbolbild
Friedrich Merz tritt bei der Bundestagswahl 2025 als Kanzlerkandidat der CDU an – über ihn kursiert russische Desinformation (Foto: Sebastian Bach / Fußball-News Saarland / Picture Alliance)
Behauptung
Friedrich Merz sei psychisch instabil und sei 2017 im Karolinen-Hospital in Arnsberg in psychologischer Behandlung gewesen.
Bewertung
Falsch. Die Behauptung stammt von einer Website, die zu einer russischen Einflusskampagne gehört und ist erfunden. Das Video, in dem ein angeblicher Arzt von Merz aussagt, sowie das Foto von Merz im Krankenhaus sind gefälscht.

„Seit Monaten kursieren Gerüchte über das zunehmend instabile Verhalten von Friedrich Merz“, heißt es wenige Wochen vor der Bundestagswahl 2025 in einem Video in Sozialen Netzwerken. „Übrigens ist das derselbe deutsche Politiker, der die Ukraine mit Taurus-Raketen aufrüsten will“, schreiben einige dazu. Manche der Beiträge erreichten auf X und Telegram hunderttausende oder gar Millionen Aufrufe. Auch die für die Verbreitung von Verschwörungsmythen bekannte Website Australian National Review griff die Behauptungen am 5. Februar 2025 auf. 

Geteilt wird hauptsächlich ein Video, das angeblich die Aussage eines Arztes aus dem Karolinen-Hospital in Arnsberg, ein Foto von Merz in einem Patientenhemd und Bandagen an den Handgelenken und eine Krankenakte zeigt. All das soll beweisen, dass der CDU-Vorsitzende 2017 in psychologischer Behandlung gewesen sei. 

Screenshot des X-Beitrags mit dem Fake-Video über Friedrich Merz
Dieses Video über Friedrich Merz enthält falsche Informationen und ein gefälschtes Video – es kursierte vor allem auf X und Telegram vor der Bundestagswahl 2025 (Quelle: X; Screenshot und Schwärzung: CORRECTIV.Faktencheck)

Video kommt von einer Webseite, die zu einer russischen Einflussoperation gehört

Doch dahinter steckt eine russische Einflussoperation, über die CORRECTIV bereits Mitte Januar berichtete. Unsere Recherche deckte mehr als hundert Fake-Nachrichtenseiten auf, deren Zweck es ist, die Bundestagswahl mit Desinformation zu beeinflussen. Darunter: „Wochenüberblick aus München“, registriert am 14. Dezember 2024. Auf derselben Webseite ist nun das Video über Merz erschienen: Laut Metadaten wurde die Video-Datei am 1. Februar erstellt. Seit mindestens 3. Februar werden Video und Link zur Webseite in englischer und deutscher Sprache verbreitet.

Ein Sprecher der CDU schrieb uns am 11. Februar, dass das Video über Merz frei erfunden sei. „Wir sind dazu mit den zuständigen Sicherheitsbehörden im ständigen Austausch.“ 

Schon im November 2024 hatte das Bundesamt für Verfassungsschutz vor möglichen Versuchen der Einflussnahme durch fremde Staaten auf die Bundestagswahl 2025 gewarnt. Vorstellbar sei unter anderem die „gezielte Diskreditierung ungewünschter Kandidatinnen und Kandidaten“. Einige der Fake-Webseiten sind weiterhin online, wie wir hier berichteten

Das Prinzip „Storm-1516“

Mit der Diskreditierung einzelner Politiker und dem Verbreiten falscher Informationen versuchen pro-russische Akteure die Bundestagswahl zu beeinflussen. Fakes, die der Desinformationskampagne „Storm-1516“ zugeordnet werden können, erreichen in der Regel mehr Nutzer als bisher in Deutschland beobachtete ähnliche pro-russische Kampagnen, wie Doppelgänger oder Matroschka. Das Prinzip dahinter: Falschbehauptungen werden unter dem Deckmantel vermeintlicher Nachrichtenartikel in die Welt gesetzt, um die Glaubwürdigkeit zu erhöhen und dann von Profilen mit teils hoher Reichweite verbreitet. Konkret sieht das bei „Storm-1516“ wie folgt aus: 

Schritt 1: Website mit normalen und erfundenen Inhalten erstellen, dabei kommt auch KI zum Einsatz. 

Schritt 2: Dazu passende gefälschte Beweise bringen Glaubwürdigkeit (zum Beispiel künstlich erstellte Deepfake-Videos oder bezahlte Artikel).

Schritt 3: Influencer und Bots mit Reichweite unterstützen bei der Verbreitung.

Video über Friedrich Merz zeigt keinen Arzt aus dem Karolinen-Hospital

Das Karolinen-Hospital Hüsten im nordrhein-westfälischen Arnsberg wird von der Alexianer Klinikum Hochsauerland GmbH betrieben. Auf deren Webseite und im Internet finden sich weder Name noch Foto des angeblichen Arztes, der im Video über Merz’ damaligen Gesundheitszustand aussagt. 

Ein Sprecher des Unternehmens teilte uns auf Nachfrage mit: „Weder im Kreise der aktiven noch der ehemaligen Beschäftigten des Klinikums findet sich ein Albert Mertens, der psychiatrisch tätig war.“ Zudem gebe es im Karolinen-Hospital keine psychiatrische Abteilung.

Auch das Dokument im Video ist eine Fälschung: Unterschrieben ist es im Namen des Arztes, den es im Karolinen-Hospital nicht gibt. Es ist zudem keine Krankenakte, wie im Video behauptet, sondern ein Informationsblatt zur psychotherapeutischen Sprechstunde (PTV 11). Das Formblatt diene der Dokumentation einer ambulanten Sprechstunde, es finde im Karolinen-Hospital keine Anwendung, schreibt uns der Sprecher.  

Unten rechts im Dokument stehen der Hinweis „Muster“ und die Jahreszahl 2020. Es handelt sich also um eine Vorlage von 2020, in der mehrere Felder mit einem Datum von 2017 überschrieben wurden. 

Collage eines gefälschten Musters des Formulars PTV 11
Unten rechts im Formular ist zu erkennen, dass es sich um eine Vorlage aus dem Jahr 2020 handelt – in den Feldern ist dagegen das Jahr 2017 eingetragen. Das kann nicht stimmen. (Quelle: X; Screenshots und Collage: CORRECTIV.Faktencheck)

Alle Faktenchecks rund um die Bundestagswahl 2025 lesen Sie hier.

Redigatur: Paulina Thom, Max Bernhard

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