Berlin: Facebook-Seite greift im Namen der BVG Kontodaten ab
Sechs Monate VBB-Umweltkarte für 2,35 Euro? Dieses angebliche Angebot der BVG klingt zu schön, um wahr zu sein, und das ist es auch. Wer seine Zahlungsdaten eingibt, wird Opfer einer internationalen Betrugsmasche.

„Die BVG feiert ihr 25-jähriges Jubiläum mit einer besonderen VBB Umweltkarte – 6 Monate unbegrenztes Reisen für nur 2,35 Euro“, heißt es in einem Beitrag der Facebook-Seite „Öffentlicher Nahverkehr in Berlin“.
Doch hinter dem Beitrag steckt eine internationale Betrugsmasche. Wir erklären, woran das zu erkennen ist.
Erfundenes BVG-Angebot wurde über Werbeanzeigen verbreitet
Ein Blick in die Werbebibliothek von Meta zeigt: Der Beitrag wurde zwischen 8. und 18. Juli immer wieder als Werbung auf Facebook verbreitet, die gezielt Menschen in Berlin erreichen sollte. Zum Teil gelang das auch: Die Anzeigen waren zwar oft nur wenige Stunden aktiv, viele hatten dennoch mehr als 1.000 Ansichten. Und: Meta entfernte zwar die Werbeanzeigen auf Facebook nach einigen Stunden, doch der Fake-Beitrag wurde nicht gelöscht. Auch für die Seiten selbst haben die Fake-Anzeigen keine Konsequenzen. Sie versuchen immer wieder neue Anzeigen zu schalten.

Die internationale Betrugsmasche imitiert regionale Verkehrsbetriebe
Über solcherlei Fakes berichtete zuerst die spanische Faktencheck-Organisation Maldita: Sie enttarnte mehr als 1.000 Facebook-Seiten, die regionale Verkehrsdienstleister in mehr als 60 Ländern weltweit imitierten. Sie alle gehen nach demselben Prinzip vor und verwenden nahezu identische Beitragstexte. Ziel ist es, Kontodaten zu erbeuten und Gelder einzufordern.
Dahinter steckt ein internationales Betrugsnetzwerk, das schwer zu fassen ist: Im aktuellen Fall aus Berlin ist nicht angegeben, aus welchem Land die Facebook-Seite betrieben wird. Dort wo er angegeben ist, berichtet Maldita, sitzen die Administratoren der Facebook-Seite oft in Vietnam. Die Fake-Webseiten laufen dagegen häufig über den russischen Anbieter JSC Selectel.
Auch Deutschland ist betroffen, wie der aktuelle BVG-Fall und eine Fake-Anzeige aus Düsseldorf zeigen. CORRECTIV.Faktencheck erklärt, woran die Masche zu erkennen ist.
Fake-Anzeigen zu Berlin und zu Düsseldorf im Vergleich (Quelle: Facebook; Grafik: CORRECTIV.Faktencheck)
Tipp 1: Sehen Sie sich die Facebook-Seite genauer an
Die Facebook-Seite, die den Beitrag am 7. Juli 2025 veröffentlicht hat, gibt Adressdaten an, die nichts mit der BVG zu tun haben. Die Vorwahl der Festnetz-Nummer lautet nicht 030 für Berlin, sondern führt nach Holtsee in Schleswig-Holstein. Die E-Mail-Adresse und auch die Webseite, die gelistet sind, nutzen merkwürdige Namen wie „berlintrans“ oder „orionkm“.
Ebenfalls auffällig: Der Seite folgen nur 8 Nutzer und es gibt sie erst seit dem 9. Juni. Ein Blick auf den Abschnitt Seitentransparenz zeigt, dass sie unter einem völlig anderen Namen erstellt wurde – für den öffentlichen Nahverkehr in Alès in Südfrankreich (Transports publics à Alès).

Tipp 2: Prüfen Sie die Primärquelle
Prüfen Sie immer die Primärquelle – in dem Fall die BVG. Das Angebot für 2,35 Euro findet sich weder auf der Webseite, noch auf der offiziellen Facebook-Seite der BVG.
Ein Sprecher der BVG schrieb uns: „Account und Angebot stammen nicht von der BVG. Ein extrem günstiges Ticket für sechs Monate gibt es nicht.“ Zudem hatte die BVG ihr 25-jähriges Jubiläum bereits 1953. Die VBB-Umweltkarte ist eine Monatskarte für den Berliner Nahverkehr und kostet mindestens 76 Euro.
Tipp 3: Vorsicht bei Webseiten ohne Impressum
Der Beitrag mit der Verlosung ist der einzige, den die Facebook-Seite veröffentlicht hat. Er verlinkt auf eine andere Web-Adresse als im Profil genannt. Auch sie heißt anders als die offizielle Webseite der BVG und hat kein Impressum. Warum Webseiten ohne Impressum oft unseriös sind, erklären wir hier.

CORRECTIV.Faktencheck hat über einen sicheren Weg ausprobiert, was passiert, wenn man die Fragen auf der dubiosen Webseite beantwortet: Daraufhin zeigt die Seite ein Glücksspiel, bei dem das Angebot scheinbar verlost wird. Bei unseren Versuchen haben wir ohne Ausnahme beim zweiten Versuch das angepriesene Ticket „gewonnen“. Die Seite fordert danach dazu auf, persönliche Daten wie die Kreditkartennummer einzugeben.
Laut Maldita berichten Betroffene im Fall der Fake-Verkehrsseiten, dass nach den ersten 2,35 Euro weitere Zahlungsaufforderungen über größere Summen gestellt werden. Ein Ticket hätten sie nicht erhalten.
Transparenzhinweis: CORRECTIV ist seit 2017 in einer Kooperation mit dem Facebook-Konzern Meta, um Desinformation auf dem Sozialen Netzwerk zu bekämpfen. Mehr Informationen zu der Kooperation erhalten Sie hier.
Mitarbeit: Johannes Gille
Redigatur: Steffen Kutzner, Sophie Timmermann
Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck:
Recherche zum weltweiten Netzwerk aus Betrugsseiten, Maldita, 16. Juli 2025: Link (Englisch)