Hunderte nagelneue Audi verschrottet? Was hinter diesem viralen Video steckt
Zu einem Video mit hunderten, angeblich zur Verschrottung aussortierten Audi-Fahrzeugen kursieren online verschiedene Mutmaßungen: Grund seien Sanktionen gegen Russland oder, dass der Hersteller die Preise nicht senken wolle. Was über das Video bekannt ist.

Audi für Audi, Reihe für Reihe, sind in einem Video zu sehen, das sich seit Mitte Juli 2025 in Sozialen Netzwerken in verschiedenen Sprachen verbreitet. Die Autos sollen angeblich „verschrottet“ werden – zu den Gründen kursieren verschiedene Mutmaßungen.
Besonders häufig heißt es in deutschen Beiträgen auf Tiktok und X: Die neuen Audis sollten vernichtet werden, damit der Preis nicht sinke und der Markt „nicht destabilisiert“ werde. Auf Italienisch heißt es, die Autos seien nicht rechtzeitig verkauft worden und ihre Instandhaltung sei zu teuer. In russischer Sprache wird gar über eine Verbindung zu den EU-Sanktionen gegen Russland spekuliert.
Doch laut Audi und dem Unternehmen, auf dessen Gelände die Aufnahme entstand, gibt es andere Gründe.
Autoverwertungsbetrieb: „Kein Zusammenhang mit EU-Sanktionen“
Im Video ist auf einem Gebäude ein Logo zu sehen: „Retek – Recycling durch Technik“. Eine Suche führt zu einem Autoverwertungsbetrieb in Ostfriesland. Auf Rückfrage schreibt uns das Unternehmen, das Video sei vor knapp einem Jahr auf dem Betriebsgelände entstanden, „heimlich und trotz eindeutigem Verbot“. Ein Abgleich mit einer Satellitenaufnahme der Anlage von Google Maps mit den Gebäuden, die nacheinander in der Aufnahme auftauchen (zum Vergleich markiert), bestätigt den Aufnahmeort.

„Bei den im Video zu sehenden Autos handelt es sich um ältere Fahrzeuggenerationen der Baureihen Audi A5 und A6“, schreibt Retek auf Nachfrage. Die Fahrzeuge seien „aufgrund von Transportschäden oder veränderten regulatorischen Vorschriften im Zielmarkt nicht mehr für den Vertrieb geeignet“ gewesen und von dem Unternehmen zerlegt worden, um Ersatzteile zurückzugewinnen. Das habe „einmalig eine niedrig vierstellige Anzahl von Fahrzeugen“ betroffen, eine regelmäßige Demontage von Audi-Neufahrzeugen finde nicht statt. Es gebe „absolut keinen Zusammenhang mit EU-Sanktionen“.
Audi: Fahrzeuge haben Transportschäden oder konnten wegen neuen Regularien nicht mehr verkauft werden
Audi bestätigt diese Angaben: „Ein Partnerunternehmen zerlegt die Fahrzeuge fach- und sachgerecht, um möglichst viele Ersatzteile zurückzugewinnen.“ Anders als in den Beiträgen in Sozialen Netzwerken suggeriert, werden die Fahrzeuge also nicht direkt verschrottet, sondern erst zerlegt und verwertet.
Die Fahrzeuge seien aufgrund von „Transportschäden oder veränderten regulatorischen Vorschriften“ nicht mehr für den Vertrieb im Zielmarkt geeignet gewesen, schreibt uns eine Sprecherin. Bei dem Auftrag sei es einmalig um „eine niedrig vierstellige Anzahl von Fahrzeugen“ gegangen – eine regelmäßige Demontage von Neufahrzeugen fände nicht statt.
Auf Nachfrage konkretisiert Audi, dass die Autos für Ländern in Nordamerika, Südostasien oder Osteuropa bestimmt waren. Die Fahrzeuge im Video hätten unter anderem Transportschäden oder Schäden gehabt, „die auf unsachgerechte Lagerung“ zurückzuführen seien. Zudem seien Fahrzeuge betroffen, die „unterschiedlichen regulatorischen Vorgaben“ unterliegen. Ob es dabei um Emissionsstandards oder andere Vorschriften geht, beantwortete das Unternehmen nicht.

Die Mutmaßung, dass durch die Verschrottung von wenigen Hundert oder Tausend Fahrzeugen der Preis beeinflusst werden solle, ist wenig glaubwürdig: Audi verkaufte 2024 nach eigenen Angaben weltweit rund 1,67 Millionen Fahrzeuge, darunter 244.000 A6-Modelle. Auch bei der Preisentwicklung in den letzten zwölf Monaten für gebrauchte A5 oder A6 finden sich keine Auffälligkeiten, die diese These stützen würden – der Gebrauchtwagenpreis sank in diesem Zeitraum relativ stetig.
Redigatur: Sarah Thust, Paulina Thom