Massaker im Sudan: Satellitenbild wird in falschem Kontext verbreitet
In Sozialen Netzwerken verbreitet sich ein Bild von Google Maps, das ein Massaker im Sudan zeigen soll. Das Bild ist veraltet – es zeigt laut Expertinnen keine getöteten Menschen, sondern Tiere an einer Wasserstelle.
Nachdem die RSF-Miliz im Sudan Ende Oktober die Stadt Al-Faschir eingenommen hat, häufen sich Berichte über Massenhinrichtungen und sexuelle Gewalt gegen die dortige Zivilbevölkerung. Neben Zeugenaussagen von vor Ort spielen auch Aufnahmen aus Sozialen Netzwerken und Satellitenbilder eine wichtige Rolle dabei, die Verbrechen in dem seit Jahren anhaltenden Konflikt zu dokumentieren. Unter authentische Belege mischen sich aber auch falsche Bilder, teils soll damit offenbar Reichweite generiert werden.
Eine Satellitenaufnahme von Google Maps, die Anfang November viral auf X, Facebook, Instagram, Reddit, Threads, und Tiktok in mehreren Sprachen kursiert, soll so eine Gräueltat im Dorf Kumia zeigen. Das Bild wird jedoch im falschen Kontext verbreitet. Es ist alt und zeigt keine toten Menschen, sondern höchstwahrscheinlich Tiere an einer Wasserstelle. Im Faktencheck erklären Expertinnen, wie sich solche Aufnahmen prüfen lassen.

Satellitenbild wurde im März 2024 aufgenommen, Bild von 2022 zeigt ähnliche Szene
In einem X-Beitrag mit dem Bild vom 3. November 2025 heißt es: „Wi[r] können live beobachten wie hunderte von Menschen gerade umgebracht werden in Sudan“. Aber das Satellitenbild wurde schon vor mehr als einem Jahr aufgenommen, am 16. März 2024, wie sich Google Earth entnehmen lässt.
Auf Google Earth sind auch ältere Satellitenbilder desselben Orts im Sudan zu finden. Ein Vergleich mit einem Bild von März 2022 zeigt, dass dieser schon vor Jahren ähnlich aussah:
Bilder zeigen laut Expertinnen Nutztiere an einer Wasserstelle
Dass das Satellitenbild ein aktuelles Verbrechen von Oktober oder November 2025 zeigt, ist also ausgeschlossen. Aber was zeigt es dann?
Danielle Poole ist Forschungsleiterin am Humanitarian Research Lab der Yale Universität. Ihre Forschungsgruppe hat Satellitenbilder aus dem Sudan analysiert und dabei Ende Oktober 2025 Belege für Massenhinrichtungen und Leichen in Al-Faschir gefunden. Das Research Lab fand Anfang November außerdem auch Hinweise auf Massengräber.

Das Satellitenbild, das sich aktuell in Sozialen Netzwerken verbreitet, passe aber nicht zu diesen Erkenntnissen, erklärt Poole auf Nachfrage von CORRECTIV.Faktencheck: „Das Erscheinungsbild passt nicht zum Ort und Zeitpunkt der gemeldeten Massenmorde – das Datum der Erfassung [des Satellitenbildes] ist der 16. März 2024 und der Ort liegt mehr als 300 Kilometer südwestlich von Al-Faschir.“ In der Tat zeigt das Bild laut dem Kartenanbieter Wikimapia ein Dorf namens Kumia im Süden des Landes.

Die Abmessungen und der Schattenwurf sowie die Anordnung der Objekte darin passten zu einer Herde von Tieren, wahrscheinlich Kamelen, schreibt Poole. Menschen auf dem Boden würden keine so großen Schatten werfen. Laut Poole spricht ein Abgleich mit dem älteren Satellitenbild vom März 2022 dafür, dass der dunkle Fleck eine Wasserstelle ist.
Auch die Gruppe Sudan War Monitor, die Konfliktgeschehnisse und Kriegsverbrechen in dem Land recherchiert und verifiziert und zuletzt über die Tötungen außerhalb Al-Faschirs berichtete, erklärte uns auf Nachfrage, dass das Satellitenbild einen harmloseren Hintergrund habe: „Dieses Satellitenbild zeigt Nutztiere, die sich an einer Wasserstelle versammelt haben, und nicht den Ort eines Massakers.“
So lassen sich Satellitenbilder verifizieren
„Der erste Hinweis darauf, dass diese Beiträge irreführend sind, ist das Fehlen eines Datums auf den Satellitenbildern. Leser sollten immer sowohl auf den Zeitstempel als auch auf die geografischen Koordinaten achten“, schreibt Sudan War Monitor. Einige der Beiträge würden außerdem reißerische Texte verwenden, um Reichweite zu generieren. Als Faustregel empfiehlt die Gruppe, sich auf Analysen von etablierten Medien oder Recherchegruppen zu verlassen.
Auch Poole empfiehlt, sich über Zeit und Ort einer Satellitenaufnahme zu informieren und auf die Beschreibung zu achten, um die Verlässlichkeit der Behauptung einzuschätzen.
Laut einzelnen Schätzungen sollen seit 2023 mehr als 150.000 Menschen in dem Konflikt im Sudan getötet worden sein. Es wird vermutet, dass die RSF-Miliz in Al-Faschir mindestens 2.000 Menschen getötet hat, allein in einer Geburtsklinik gab es wohl hunderte Todesopfer. Rund 250.000 Menschen aus der Stadt werden vermisst. Insgesamt sind im Sudan rund 14 Millionen Menschen auf der Flucht. (Stand: November 2025)
Redigatur: Paulina Thom, Sarah Thust