Gesellschaft

Erfundenes Zitat – SPD Politikerin will Deutschen nicht das Recht auf Heimat absprechen

Ein Facebook-Post unterstellt der SPD-Politikerin Karen Taylor ein Zitat, das nicht von ihr stammt. Taylor sagte gegenüber CORRECTIV: „Ich kann niemandem das Recht auf eine Heimat nehmen.“

von Tania Röttger

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Was ist Heimat? Karen Taylor will jedenfalls niemandem das Recht darauf absprechen (Symbolbild: Pexels / Pixabay)
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Das Zitat hat Karen Taylor nicht gesagt, auch die anderen Behauptungen über sie stimmen nicht.

„Es gibt kein Recht auf Heimat für euch Deutsche“, soll Karen Taylor (SPD) gesagt haben, laut einem Bild, das die Facebook-Seite „Fuck the EU“ am 2. Dezember geteilt hat. Darauf steht auch: „Weißenhassende senegalesische SPD-Referentin verurteilt den ‘deutschen Kolonialismus’, betreibt aber die Kolonialisierung Deutschlands durch Afrikaner.“ Das Zitat stammt nicht von ihr. Außerdem hasst Taylor keine Weißen und ist keine Senegalesin.

Facebook Post vom 2. Dezember

Wer das angebliche Zitat bei einer Suchmaschine eingibt, stößt auf ein Interview, dass Taylor im August 2018 der Taz gab. Von dort stammt auch das Foto. Allerdings steht das Zitat nicht in dem Interview. Das Gespräch behandelte aber das Wort Heimat, das Taylor kritisierte, wenn Politiker es nutzten. Sie meinte, oft sei das Wort ausgrenzend.

Auf Anfrage von CORRECTIV schreibt Taylor per Email: „Wie Sie dem Taz-Interview entnehmen konnten, habe ich diesen Satz nie gesagt! Viele Hetzer*innen haben allerdings in Posts auf Twitter, Facebook und in YouTube Videos ihre eigenen Schlussfolgerungen aus dem Interview (das die meisten bestimmt nicht gelesen haben) gezogen und sind zu dieser verkürzten Interpretation gekommen.“

Wir haben auch bei Archive.org nachgeschaut, um zu prüfen, ob der Taz-Artikel eventuell nachträglich verändert wurde. Doch auch die Fassung vom 18. August, ein Tag nach dem das Interview erschien, enthält das Zitat nicht.

Folgen des Bildes

Nach dem Interview erschienen Bilder wie dieses, und Taylor erhielt Hasskommentare. Die SPD Friedrichshain-Kreuzberg veröffentlichte dazu eine Pressemitteilung in der sie ankündigte, alle Kommentare, die den Straftatbestand der Volksverhetzung erfüllten, zur Anzeige zu bringen.

Neben dem erfundenen Zitat enthält das Bild auch weitere falsche Behauptungen. Zum Beispiel wird Taylor als Senegalesin bezeichnet. Sie schreibt dazu: „Mein Chef im Bundestag kommt aus dem Senegal. Ich nicht. Ich bin in Berlin geboren. Selbst das Ursprungsland meiner Eltern ist nicht der Senegal.“ Taylor arbeitet für den Bundestagsabgeordneten Karamba Diaby (SPD).

Und zu der Behauptung, Taylor betreibe die „Kolonialisierung Deutschlands durch Afrikaner“, schreibt sie: „Wie ich die Kolonialisierung Deutschlands durch Afrikaner vorantreiben wollen soll, ist mir ebenfalls vollkommen schleierhaft.“

Screenshot der Email von Karen Taylor an CORRECTIV

Deutscher Kolonialismus

Deutscher Kolonialismus steht auf dem Bild in Anführungszeichen, was darauf hindeutet, dass der Urheber des Textes sich von dem Begriff distanzieren will. Dass es deutschen Kolonialismus gab, ist eigentlich nicht umstritten. Deutschland beanspruchte zwischen 1884 und 1914 die Macht über mehrere Staaten in Afrika und im Pazifik, von 1907 bis 1919 gab es dafür eine eigene Behörde, das Reichskolonialamt. Im Jahr 2016 zeigte das Deutsche Historische Museum die Ausstellung „Deutscher Kolonialismus. Fragmente seiner Geschichte und Gegenwart“.

Taylor schreibt, sie spreche hin und wieder über das Thema Rassismus, und betone dabei immer wieder, dass „Deutschland seine koloniale Vergangenheit aufarbeiten muss“. Das sei aber kein Weißenhass. „Der ‘Weißenhass’, der mir unterstellt wird, ist frei erfunden.“