Hintergrund

CORRECTIV-Bericht gefälscht, dahinter steht wohl russische Einflusskampagne

In einem Artikel und Video, die von CORRECTIV stammen sollen, wird ein Skandal um Bundeskanzler Friedrich Merz und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen beschworen. Doch beides ist gefälscht. Die Fakes stammen offenbar von einer russischen Desinformationskampagne, über die CORRECTIV zuvor berichtete.

von Max Bernhard

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Hinter einem gefälschten CORRECTIV-Bericht steckt offenbar die russische Einflusskampagne „Storm-1516“ (Symbolbild: Kommersant Photo Agency / Sipa USA / Picture Alliance)

Die russische Desinformationskampagne „Storm-1516“ ist für das Erstellen von gefälschten Nachrichtenseiten und ihre Verbindung zur russischen Regierung bekannt. CORRECTIV deckte im Januar gemeinsam mit Newsguard und dem Online-Rechercheprojekt Gnida auf, wie die Kampagne mit Dutzenden gefälschten Nachrichten-Webseiten versuchte, den Bundestagswahlkampf zu beeinflussen.

Nun haben die Verantwortlichen hinter Storm-1516 offenbar den Namen CORRECTIV missbraucht, um mit einem gefälschten Artikel und einem gefälschten Video Vorwürfe gegen Jens Spahn und Friedrich Merz zu erheben.

Am Nachmittag des 1. August begannen verschiedene Profile auf X ein Video zu streuen: Ein EU-Mitarbeiter habe „eine Bombe platzen gelassen“ heißt es darin. Friedrich Merz habe ein Misstrauensvotum gegen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen abgewendet und dafür zusammen mit Jens Spahn und Manfred Weber Bestechungsgelder an die Grüne Fraktion im Europaparlament gezahlt. Diese Anschuldigungen soll ein Assistent einer Europaabgeordneten erhoben haben, dessen Stimme im Video zu hören sein soll. Der Clip nutzt das Logo von CORRECTIV und beginnt mit den Worten „CORRECTIV entlarvt Manipulation!“. Dazu verbreiten die X-Profile einen Link zu einem vermeintlichen CORRECTIV-Artikel.

Doch CORRECTIV veröffentlichte weder den Artikel noch das Video. Das Online-Rechercheprojekts Gnida, das russische Einflusskampagnen im Netz verfolgt, ordnet die Fakes „Storm-1516“ zu. Auch die angebliche Audioaufnahme des EU-Mitarbeiters ist gefälscht, wie dieser uns auf Nachfrage mitteilt: „Keine der genannten Behauptungen stammen von mir. Es handelt sich um eine Identitätstäuschung mit gefälschter Tonaufnahme.“ Zusammen mit der Desinformationsstelle des Europäischen Parlaments gehe man gegen den Fake auf X vor.

Russische Fakes mit viel Aufwand 

Vergangenes Jahr kam es nach CORRECTIV-Recherchen zu russischer Desinformation bereits zu Angriffen gegen unsere Webseite und einem diffamierenden Bericht. Bei dem aktuellen gefälschten Artikel handelt es sich um eine aufwändig erstellte Kopie der CORRECTIV-Webseite. Beim Blick in die Adresszeile ist die Fälschung jedoch schnell entlarvt, denn dort wird CORRECTIV mit einem dritten „r“ geschrieben.

Hybride Attacken, politische Morde, Propaganda und Schmiergelder – das alles im neuen CORRECTIV-Buch „Europas Brandstifter: Putins Krieg gegen den Westen“

Inhaltlich knüpfen die Propagandisten an CORRECTIV-Recherchen über das Netzwerk von Jens Spahn an. In einer ersten Recherche zeigten wir die Verbindungen zwischen Spahn und Tech-Milliardär Christian Angermayer auf, in einer zweiten die zwischen Spahn und IT-Millionär Frank Gotthardt. Der russische Fake wurde als eine dritte Recherche über Spahn präsentiert.

Oben die Fälschung, unten die echte CORRECTIV-Webseite (Screenshots und Collage: CORRECTIV.Faktencheck)

Nach einer Anfrage von CORRECTIV schaltete der Hostinganbieter „Hostinger“ die falsche Webseite noch am selben Tag ab. Auf X sind die Videos und Beiträge weiter online. Die Plattform reagierte nicht auf eine Anfrage von CORRECTIV.

Redigatur: Matthias Bau, Gabriele Scherndl

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