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Nein, dieses Fotos eines toten Babys ist nicht gefälscht

Eine Facebook-Nutzerin veröffentlicht eine Fotocollage, die beweisen soll, dass Rettungsszenen mit Flüchtlingen im Fotostudio inszeniert werden. Doch die Collage ist selbst eine Fälschung. Die Rettungsszene ist dagegen echt.

von Hüdaverdi Güngör

Bildschirmfoto 2019-01-28 um 17.06.59
Das Foto entstand am 29. Juni 2018 vor der libyschen Küste. Screenshot: CORRECTIV
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Das Bild entstand nicht, wie behauptet, in einem Studio, sondern an der libyschen Küste.

Zwei Männer in Uniform halten ein Baby in ihren Händen. Diese Szene zeigen beide Bilder der Collage, die eine Facebooknutzerin am 21.Januar 2019 teilte. Es gibt jedoch einen entscheidenden Unterschied zwischen den Bildern. Auf dem ersten Bild stehen die Männer mit dem Baby in einem Fotostudio und scheinen die Szene professionell zu inszenieren. Auf dem zweiten Bild stehen sie knöcheltief im Wasser, im Hintergrund ist ein Schlauchboot mit mehreren Personen zu erkennen.

Facebookbeitrag vom 21. Januar 2019, Screenshot: CORRECTIV Anmerkung: Die Personen auf den Bildern wurden von der Redaktion unkenntlich gemacht.

Die Collage veröffentlichte die Facebook-Nutzerin ohne Kommentar. Ihr Beitrag wurde bisher 1000 Mal geteilt. Zwei Pfeile sollen auf vermeintliche Unstimmigkeiten im unteren Bild hinweisen. Ein Pfeil zeigt auf einen Fuß im Hintergrund, der zusätzlich eingekreist wurde. Der andere Pfeil zeigt auf den Kopf des Babys. Unter diesem Pfeil wird die Frage gestellt: „Bambino bianco?“ (deutsch: weißes Baby?) Wir haben die Bilder überprüft.

Das Bild stammt aus dem Jahr 2018

Die Reaktionen in der Kommentarspalte unter der Collage sind unterschiedlich. Einige Nutzer bezweifeln, dass die Szene im Studio inszeniert wurde und kommentieren „Fake“. Andere wiederum glauben daran. Einer schreibt: „Lug und Betrug“.

Wir haben das Bild per Google-Bilder-Rückwärtssuche gesucht und wurden fündig.

Google Bilder Suchergebnisse vom 25. Januar 2019, Screenshot: CORRECTIV

Verschiedene Medien berichteten am 29. Juni 2018 über einen Vorfall vor der libyschen Küste. T-Online meldete, dort sei ein Schlauchboot gekentert. 120 Flüchtlinge seien auf dem Boot gewesen. Nur 14 von ihnen konnten gerettet werden. Unter den Toten sollen sich auch drei Babys befunden haben. Vermutlich wollten die Personen auf dem Schlauchboot das Mittelmeer überqueren.

Bild berichtete am selben Tag ebenfalls über diesen Vorfall. Als Titelbild nutze die Redaktion dasselbe Bild, wie in dem Facebook Beitrag. Die Redaktion nennt in der Bildunterschrift den Fotografen Mahmud Turkia und die Bildagentur AFP als Quelle für das Foto.

In der Bilddatenbank von AFP sind mehrere Bilder von Mahmud Turkia gespeichert. Turkia bietet seine Foto auch auf Gettyimages an. Dort findet man mehrere Bilder, die der Fotograf von der Ankunft einiger geretteter Flüchtlinge gemacht hat. Auf einem Bild erkennt man drei tote Babys. Eines davon ist das aus dem Facebookbeitrag. Die Faktenchecker von Mimikama.at haben zu dem Foto im Juni 2018 ebenfalls einen Artikel veröffentlicht.

Videoaufnahmen von der Situation

Der chinesische Fernsehsender CGTN veröffentlichte am 29. Juni 2018 ein Video zu dem Vorfall. In dem Video sieht man wie Personen in Uniform die toten Babys an Land bringen und in einen Krankenwagen tragen. Deutlich zu erkennen sind das Schlauchboot, das tote Baby und die uniformierten Männer aus dem Foto.

Die Behauptung, dass das Foto in einem Studio entstanden ist, ist falsch. Es entstand vor der libyschen Küste.

Anmerkung der Redaktion: Das Video enthält Bilder, die auf manche Menschen verstörend wirken können. 

Der Fuß in der Luft und das „weiße Baby“

Auf die angeblichen Ungereimtheiten wird im Facebookbeitrag mit Pfeilen und Kreisen hingewiesen. Ein Fuß im Hintergrund des Bildes ist eingekreist. Es wirkt so, als ob die Person schwebt. Auch auf die Hautfarbe des toten Babys wird hingewiesen. Für den scheinbar schwebenden Fuß gibt es eine einfache Erklärung. Als das Foto entstand, bewegte sich eine Person am Rand des Schlauchbootes oder sprang gerade ab.

Warum die Hautfarbe des toten Babys ein Hinweis auf eine Inszenierung sein soll, wird nicht erläutert.