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Nein, Asylbewerber bekommen den Führerschein nicht generell „zum Nulltarif“

Die Webseite „Votum24“ suggeriert in einem Artikel, Asylbewerber würden den Führerschein generell bezahlt bekommen. Richtig ist: Für die Übernahme der Kosten gelten laut Agentur für Arbeit die gleichen Bedingungen wie für Deutsche.

von Cristina Helberg

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Die Agentur für Arbeit und die Jobcenter übernehmen die Kosten für einen Führerschein der Klasse B nur, wenn der Führerschein „im konkreten Einzelfall zur Anbahnung oder Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung notwendig“ ist. (Symbolbild: pixabay / andreas160578)
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Teilweise falsch
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Teilweise falsch. Nur wenn es für einen Job notwendig ist, können die Kosten für den Führerschein übernommen werden. Es gelten dabei die gleichen Regeln für Deutsche und Asylbewerber.

Am 26. Januar 2017 veröffentlichte die Webseite Votum24 einen Artikel mit dem Titel „Asylbewerber bekommen den Führerschein zum Nulltarif“. Laut dem Analysetool Crowdtangle wurde der Beitrag bei Facebook bisher mehr als 14.700 Mal geteilt. Im August 2019 teilten mehrere Facebook-Seiten den Artikel, zum Beispiel hier und hier

Der Artikel wurde laut dem Analysetool Crowdtangle mehr als 14.700 Mal bei Facebook geteilt. (Screenshot am 28. Oktober: CORRECTIV)

In dem Artikel von 2017 wird behauptet, es gebe einen starken Anstieg von Anmeldungen von Asylbewerbern bei Fahrschulen, weil das Jobcenter die Kosten der Fahrausbildung übernehme. „Das wurde von der Bundesagentur für Arbeit auch bestätigt“, steht dazu im Artikel. Deshalb seien die Prüfungsunterlagen nun auch in arabischer Sprache erhältlich. 

Die Überschrift des Artikels suggeriert, dass alle Asylbewerber den Führerschein umsonst bekommen würden. Erst später im Text wird differenziert, dass das Vermittlungsbudget der Behörden verwendet werde, wenn „der Arbeitsweg mit öffentlichen Verkehrsmitteln ungebührlich lange ausfallen würde und die Betroffenen im Schichtbetrieb auch nachts beschäftigt seien“. 

Wir haben die Behauptung überprüft und den Artikel der Bundesagentur für Arbeit vorgelegt.

Die Bundesagentur schreibt in einer Antwort an CORRECTIV per E-Mail: „Für alle Kunden und Kundinnen der Agenturen für Arbeit und der Jobcenter, also egal, ob geflüchtete Menschen oder nicht, können Leistungen aus dem so genannten Vermittlungsbudget […] gewährt werden. Damit kann grundsätzlich auch eine Förderung zum Erwerb des Führerscheins Klasse B erfolgen.“ Dafür gebe es jedoch bestimmt Voraussetzungen. Der Führerschein müsse im konkreten Einzelfall eine notwendige Voraussetzung sein, um einen sozialversicherungspflichtigen Job zu bekommen oder auszuüben. Darüber hinaus müssten die Kosten angemessen sein. 

Die Arbeitsagentur betont: „Die Regelungen für Deutsche und Menschen mit Migrationshintergrund sind identisch.“

Auszug aus der E-Mail-Antwort der Bundesagentur für Arbeit auf eine Presseanfrage von CORRECTIV (Screenshot: CORRECTIV)

Richtig ist, dass die theoretische Führerscheinprüfung seit Oktober 2016 auch auf Hocharabisch abgelegt werden kann. Das gilt für den TÜV Nord, den TÜV Süd und den TÜV Rheinland. Als Begründung schreibt der TÜV Nord 2016, die Zahl der Arabisch sprechenden Menschen in Deutschland steige, und man gehe davon aus, dass auch Flüchtlinge aus Syrien im Rahmen der Integration den Führerschein machen wollen. 

In der Meldung der Webseite Votum24 wird außerdem behauptet: „Die Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände (BVF) verzeichnet einen Ansturm von Asylbewerbern auf Fahrschulen.“ Der Vorsitzende der Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände sagte dazu gegenüber CORRECTIV am Telefon: „Den Begriff ‘Ansturm’ haben wir nicht verwendet. Seit 2017 kommt es zu einem vermehrten Zulauf von Geflüchteten und Migranten in Fahrschulen.“