Politik

Führerschein-Umtausch: Weder drohen hohe Bußgelder, noch ist Eile geboten

Das Nachrichtenportal TAG24 warnt in einem Artikel über den Umtausch alter Führerscheine vor „saftigen Bußgeldern“. Focus Online schreibt von 43 Millionen Deutschen, deren Fahrlizenz „bald“ ungültig sei. Die vermeintliche Panik ist unbegründet.

von Simon Wörz

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Alle Besitzer eines vor dem 19. Januar 2013 ausgestellten Führerscheins müssen diesen erneuern. (Symbolbild: Ivo Mayr/CORRECTIV)
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Größtenteils richtig. Hohe Bußgelder drohen nicht. Die früheste Umtauschfrist ist 2022.

Die Redaktion von TAG24 veröffentlichte am 13. Februar einen Artikel mit dem Titel: Es drohen hohe Bußgelder: 43 Millionen Deutsche müssen ihren Führerschein umtauschen!“ auf ihrer Webseite. Ein Thema, das im Netz auf Interesse stößt. Tag24 veröffentlichte den Artikel auf mehreren Facebook-Seiten, jeweils mehrere hundert Nutzer teilten und kommentierten den Text. Auch das Nachrichtenmagazin Focus Online berichtete am selben Tag über die ablaufenden Fahrausweise: 43 Millionen Deutsche betroffen: Führerscheine bald ungültig – was Sie jetzt wissen müssen.“

Facebookpost von Tag24 (Screenshot: CORRECTIV)

Beide Artikel beziehen sich auf eine Meldung der Neuen Westfälischen mit der Überschrift: „43 Millionen deutsche Führerscheine werden bald ungültig“. Der Artikel thematisierte eine bevorstehende Abstimmung des Bundesrats, welche die Fristen zum Umtausch von Führerscheinen vorzieht. Grundlage dafür sei eine EU-Verordnung mit dem Ziel einheitlicher und fälschungssicherer Plastikkarten.

Bundesrat beschließt vorgezogene Umtauschfristen

Das ist korrekt. Der Bundesrat hat am 15. Februar 2019 einem Stufenplan mit Umtauschfristen für deutsche Führerscheinbesitzer zugestimmt, welcher EU-Vorgaben nachkommt. Alle Besitzer eines vor dem 19. Januar 2013 ausgestellten Führerscheins müssen diesen erneuern. Das Dokument ist hier einsehbar.

Um den administrativen Aufwand für die Behörden zu verteilen, werden die betroffenen Personen gemäß des Geburts- oder des Austellungsjahres ihres Führerscheins zum Umtausch verpflichtet. Im Netz listet der ADAC die Fristen tabellarisch auf. Diese werden auch in den Artikeln von TAG24 und Focus Online aufgezählt.

Die gestuften Umtauschfristen sollen Engpässe bei den Behörden vermeiden. (Screenshot: CORRECTIV)
Das Prozedere ist für Führerscheine, die ab dem 13. Januar 2013 ausgestellt wurden, irrelevant. (Screenshot: CORRECTIV)

Bis 2022 sind noch alle Führerscheine gültig

Allerdings endet die eheste Frist zum Umtausch am 19. Januar 2022. Die Formulierung von TAG24: „Wer in nächster Zeit von der Polizei kontrolliert wird […] muss mit einem saftigen Bußgeld rechnen“ ist dementsprechend irreführend. Im Titel von Focus Online vermittelt das Wort „bald“ eine Dringlichkeit für den Austausch von Alt-Führerscheinen, obwohl die Frist noch mindestens drei Jahre entfernt liegt.

Die rund 15 Millionen alten Papierführerscheine, die vor dem Jahr 1999 ausgestellt worden sind, sollen spätestens bis 19. Januar 2025 umgetauscht sein”, heißt es auf der Webseite des Bundesrats. Für den Rest der insgesamt rund 43 Millionen betroffenen Führerscheinbesitzer in Deutschland läuft die Frist erst frühestens 2026 ab.

Bei Fahren ohne Führerschein droht ein mildes Verwarnungsgeld

Die Berichte der Neuen Westfälischen, Focus Online und TAG24 warnen allesamt vor Bußgeldern, die Autofahrern drohen, wenn sie nach Ablauf der Fristen mit ihrer veralteten Fahrerlaubnis erwischt werden. TAG24 schreibt im Titel von hohen Bußgeldern“. Die konkrete Höhe der Bußgelder wird in keinem der Texte genannt. Wie hoch sind die drohenden Bußgelder?

Auf Nachfrage von CORRECTIV verwies das Verkehrsministerium auf die Vorschriften der Fahrerlaubnis-Verordnung. Wer in seinem Pkw mit einem abgelaufenen Führerschein der Klasse B kontrolliert wird, muss ein Verwarnungsgeld von zehn Euro zahlen. So steht es im Bußgeldkatalog für Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr (Lfd. Nr. 168, Fahrerlaubnis-Verordnung §75, Nummer 4). Saftige Bußgelder“, wie TAG24 im Artikel-Teaser schreibt, sind das nicht. Darüber informiert auch der ADAC in einer Übersicht zum Führerschein-Umtausch.

Fahrerlaubnis wird nicht angetastet

Höhere Strafen würden drohen, wenn es sich um den Tatbestand Fahren ohne Fahrerlaubnis“ handeln würde. Das ist bei nicht rechtzeitig umgetauschten Führerscheinen aber nicht der Fall. Darauf weist der Bundesrat in seiner Rechtsverordnung hin: In einer begleitenden Entschließung betont der Bundesrat, dass die EU-Umtauschpflicht sich nur auf den Führerschein als Nachweisdokument bezieht – die jeweiligen Fahrerlaubnisse an sich gelten weiterhin unbefristet.“