Politik

Grüne hatten keinen Einfluss auf die Finanzierung eines Kohlekraftwerkes in Griechenland

Auf Facebook wird behauptet, die Grünen seien an der Finanzierung eines griechischen Kohlekraftwerks beteiligt. Tatsächlich wird das Vorhaben von einem deutschen Unternehmen, einer deutschen Bank und mit einer Bürgschaft des deutschen Staates realisiert. Die Grünen haben damit nichts zu tun.

von Hüdaverdi Güngör

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Auf Facebook wird behauptet, die Grünen seien an der Finanzierung eines griechischen Kohlekraftwerks beteiligt. Tatsächlich wird das Vorhaben von einem deutschen Unternehmen, einer deutschen Bank und mit einer Bürgschaft des deutschen Staates realisiert. Die Grünen haben damit nichts zu tun.
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Größtenteils falsch. Die KfW finanzierte den Bau eines Kohlekraftwerks in Griechenland nach eigenen Angaben mit 397 Millionen Euro, nicht 730 Millionen. Weder die Grünen noch Anton Hofreiter hatten Einfluss auf diese Entscheidung.

Die Facebook-Seite „AfD-Freunde Tübingen“ veröffentlichte am 3. August eine Text-Bild-Collage. Darauf ist in weißer Schrift zu lesen: „Wollt ihr uns verarschen!? Griechenland bekommt 730 Millionen Euro zur Restauration von Kohlekraftwerk. Wir zahlen CO2-Steuer, müssen Kohlekraftwerke abschalten und verlieren unsere Arbeitsplätze!“ 

Unter dem Text ist ein Foto des Vorsitzenden der Bundestagsfraktion der Grünen, Anton Hofreiter, zu sehen, mit dem Logo der Grünen im Hintergrund. Neben ihm wurde das Bild eines Kraftwerks eingefügt. So wird der Eindruck erweckt, dass die Grünen oder Hofreiter am Finanzierungsvorhaben für ein Kohlekraftwerk in Griechenland beteiligt gewesen wären. Der Facebook-Beitrag wurde mehr als 18.000 Mal geteilt. 

Der Facebook-Beitrag wurde mehr als 18.000 Mal geteilt (Screenshot: CORRECTIV)

Finanzierung für den Bau eines neuen Kohlekraftwerks in Griechenland

Die Facebook-Seite schreibt zu dem Bild: „DEUTSCHE KFW BANK FINANZIERT GRIECHISCHES KOHLEKRAFTWERK“. Konkret habe die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) für den Bau eines Kohlekraftwerkes in Griechenland Kredite in Höhe von 730 Millionen Euro gegeben. Hier weicht der Beschreibungstext von der Aussage auf dem Bild selbst ab; dort ist von einer „Restaurierung“ eines Kraftwerks die Rede. Ob und inwiefern die Grünen beteiligt sind oder waren, wird nicht erwähnt. Aber unter dem Text wurde der Hashtag „#GrünenWahnsinnSTOPPEN“ eingefügt. 

Außerdem verweist die Facebook-Seite auf zwei weitere Webseiten. Der erste verlinkte Artikel führt auf die Webseite von Christian Loose, einem AfD-Landtagsabgeordneten in Nordrhein-Westfalen. Der Beitrag auf seiner Seite ist nahezu identisch mit dem auf der Facebook-Seite, auch dort heißt es, die KfW finanziere den Bau eines Kohlekraftwerks. Nur die Text-Bild-Collage fehlt. Außerdem werden die Grünen nicht erwähnt. 

Der zweite Link, auf den sich auch Loose in seinem Artikel als Quelle bezieht, führt zu einem am 28. Mai 2019 veröffentlichten Bericht von German Trade & Invest (GTAI). GTAI ist eine GmbH, welche laut ihrer Internetseite vom Bundesministerium für Wirtschaft gefördert wird. Nach eigenen Angaben ist sie zuständig für „Außenwirtschaft und Standortmarketing“ und hat das Ziel, „deutsche und ausländische Unternehmen beim Auslandsgeschäft oder der Ansiedlung in Deutschland“ zu unterstützen.

Wie viel Geld stellte die KfW-Bank zur Verfügung?

In dem Artikel von GTAI wird erwähnt, dass die KfW-Bank den Bau eines neuen Kohlekraftwerks namens „Ptolemaida 5“ in Griechenland finanziere. Eine Restaurierung oder die Grünen werden nicht erwähnt. Lediglich, dass sich deutsche Unternehmen an der Modernisierung weiterer Kraftwerke beteiligten. Der Bau von Ptolemaida 5 werde demnach von auch von der Firma Hitachi Power Europe GmbH mit Sitz in Duisburg umgesetzt.

Auszug aus dem GTAI-Artikel. (Screenshot: CORRECTIV)

Wir haben bei der KfW-Bank nachgefragt. In einer Mail an CORRECTIV bestätigt die Bank die Finanzierung des Kraftwerks durch die Tochtergesellschaft KfW IPEX-Bank: „Die Finanzierung wurde bereits im September 2013 abgeschlossen. Das Gesamtinvestitionsvolumen beläuft sich auf insgesamt 1,4 Mrd. EUR, davon wurden 739 Mio. EUR durch ein Konsortium internationaler Banken finanziert. Der Anteil der KfW IPEX-Bank liegt bei 397 Mio. EUR.“

Die Information, die auch im Artikel der GTAI steht, die KfW habe einen Kredit von 730 Millionen Euro gegeben, stimmt also nicht.

Die vollständige Antwort der KfW-Bank per Email. (Screenshot: CORRECTIV)

In einer weiteren Mail an CORRECTIV bestätigt die KfW-Bank: „Kreditnehmer war die überwiegend staatliche (51 Prozent) Public Power Corporation (PPC), Griechenlands wichtigster Energieversorger. Mit den Mitteln aus dem Kredit wurden u.a. Lieferungen der deutschen Hitachi Power Europe GmbH (seit 2014: Mitsubishi Hitachi Power Systems Europe GmbH) aus Duisburg finanziert.“ 

Die Grünen haben mit der Finanzierung des Kohlekraftwerkes nichts zu tun

Die KfW-Bank ist eine Anstalt des öffentlichen Rechts. Deshalb sitzen auch Politiker der Bundesregierungen im Verwaltungs- und Aufsichtsrat, die auch über „einzelne Finanzierungsprojekte“ entscheiden. Wie die KfW-Bank per Email erklärte, besteht der Aufsichtsrat aus insgesamt neun Mitgliedern: zwei Vertreter des Bundes – davon einer vom Bundesfinanzministerium und einer vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie – zwei Vertreter der Industrie, zwei Vertreter der KfW und drei Vertreter der Arbeitnehmer der KfW IPEX-Bank. Alle aktuellen Mitglieder des Aufsichtsrats sind auf der Webseite der Bank zu finden. 

Wir haben anhand des KfW-Jahresberichtes (Seite 82) von 2014 überprüft, ob im Jahr der Entscheidung für die Finanzierung ein Vertreter der Grünen im Aufsichts- oder Verwaltungsrat saß. Zu diesem Zeitpunkt waren die Grünen nicht in der KfW-Bank vertreten. 

Weil die Grünen zuletzt 2005 an der Bundesregierung beteiligt waren, kann man ausschließen, dass sie an der Genehmigung der Finanzierung beteiligt waren. Dass die Grünen keinen Einfluss auf das Geschäft hatten, bestätigte uns die KfW-Bank ebenfalls in einer Mail. Auch Anton Hofreiter habe keine Rolle gespielt: „Anton Hofreiter war an der Finanzierung des Braunkohlekraftwerks Ptolemaida V nicht beteiligt.“

Bürgt der deutsche Staat für die Finanzierung?

Dass ein Duisburger Konzern – gemeint ist Hitachi Power Europe – eine Euler-Hermes-Bürgschaft für den Bau des Kraftwerks erhalten habe, steht auch im Artikel der GTAI. Die KfW-Bank bestätigt, dass es für das Bauvorhaben eine Euler-Hermes-Bürgschaft gibt. Das bedeutet, dass die deutschen Unternehmen (Exporteure) sich durch eine staatliche Exportkreditversicherung absichern. Diese tritt ein, wenn die ausländischen Käufer oder Auftraggeber ihrer Zahlung nicht nachkommen. Dann bürgt der deutsche Staat. Wie KfW-Bank in ihrer Email schrieb, gilt die Euler-Hermes-Bürgschaft für 95 Prozent der Konsortialfinanzierung.

Diese Grafik, die die KfW CORRECTIV per Email schickte, erklärt das Prinzip einer Euler-Hermes-Bürgschaft. (Screenshot: CORRECTIV)

Grüne kritisieren Kredit-Vergabe der KfW

Wir wollten die Text-Bild-Collage zusätzlich Anton Hofreiter per Email vorgelegen. Uns antwortete daraufhin der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Oliver Krischer. Auch er stellte klar: „Als Grüne hatten wir keinen Einfluss auf diesen Kredit der KfW Bank, Herr Hofreiter auch nicht. Die KfW ist eine bundeseigene Bank und zum Zeitpunkt der Kreditvergabe vor 6 oder 7 Jahren saßen die Grünen nicht in der Bundesregierung. Wir setzen uns seit Jahren dafür ein, dass die KfW keine Kredite mehr für Kohle- oder Atomprojekte vergibt, deswegen ist der dargestellte Zusammenhang auf dem sharepic auch eine Frechheit. Als Opposition im Bundestag hatten wir keine Möglichkeit diese aus unserer Sicht schlechte Kreditvergabe zu stoppen (…).“ 

Das vollständige Statement von Oliver Krischer, dem stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der Grünen im Bundestag. (Screenshot: CORRECTIV)