Politik

Nein, Deutschland hat die Meinungsfreiheit nicht aus dem Grundgesetz gestrichen

Die Schweizer Morgenpost behauptet in einem Artikel, mit der Rede- und Meinungsfreiheit in Deutschland sei es jetzt vorbei. Das ist falsch, das Grundgesetz wurde nicht geändert. In dem Artikel geht es wohl um das Netzwerkdurchsetzungsgesetz.

von Alice Echtermann

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Die Meinungsfreiheit ist in Deutschland im Grundgesetz verankert – und das hat sich nicht geändert. (Symbolbild: Peter Dargatz / Pixabay)
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Falsch. Das Grundgesetz wurde nicht geändert, die Meinungsfreiheit wurde nicht abgeschafft.

Am 6. Januar 2018 veröffentlichte die Seite Schweizer Morgenpost einen Artikel, in dem in der Überschrift behauptet wird, in Deutschland sei das Grundgesetz geändert worden, so dass es die Meinungsfreiheit nicht mehr gebe. Der Artikel wurde laut dem Analysetool Crowdtangle mehr als 5.900 Mal auf Facebook geteilt, in letzter Zeit wieder verstärkt. 

Im Text geht es um ein Gesetz, das angeblich am 1. Januar in Kraft getreten sei und mit dem Webseiten Geldstrafen von bis zu 50 Millionen Euro drohten, wenn sie „angebliche Hassrede“ nicht sofort entfernen. Weiter schreibt die Schweizer Morgenpost, dieses Gesetz habe seinen Ursprung bei den Nationalsozialisten im Dritten Reich, sei bezeichnend für den „Rechtsruck der etablierten Parteien“ und orientiere sich an einer Anweisung von Adolf Hitler. Beleidigungen von Muslimen seien demnach unerwünscht. 

Es handelt sich bei dem Bericht um eine Falschmeldung. 

Der Artikel der Schweizer Morgenpost. (Screenshot: CORRECTIV)

Es geht um das NetzDG

Das Grundgesetz wurde nicht geändert. Das Gesetz, das gemeint ist, ist vermutlich das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG). Das trat jedoch schon am 1. Oktober 2017 in Kraft. Es enthält unter anderem die Vorschrift, dass Betreiber von sozialen Netzwerken wie Facebook oder Twitter in der Regel „einen offensichtlich rechtswidrigen Inhalt innerhalb von 24 Stunden nach Eingang der Beschwerde“ entfernen oder den Zugang zu ihm sperren müssen. Der Bußgeldrahmen bei Verstößen liegt für juristische Personen (also für die Unternehmen, die die Plattformen betreiben) bei bis zu 50 Millionen Euro. 

Das NetzDG geht weder auf eine Anweisung von Adolf Hitler oder das Dritte Reich zurück, noch ändert es Artikel 5 des Grundgesetzes, in dem es heißt: „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.“ 

Diesem Recht auf Presse- und Meinungsfreiheit werden laut Grundgesetz Schranken gesetzt durch die „Vorschriften der allgemeinen Gesetze“, die „gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend“ und das „Recht auf persönliche Ehre“. 

Das NetzDG bezieht sich ausdrücklich nur auf rechtswidrige Inhalte, die von Sozialen Netzwerken entfernt werden müssen. Das seien Inhalte, die Straftaten nach dem Strafgesetzbuch darstellen, zum Beispiel nach Paragraf 86, das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, oder Paragraf 130, Volksverhetzung.

Die Behauptung, in Deutschland werde die Meinungsfreiheit eingeschränkt, ist ein verbreitetes Narrativ der Desinformation. Wie die Verbreiter dieser Irreführungen vorgehen, haben wir kürzlich in einem Hintergrundbericht erklärt. 

Die Schweizer Morgenpost ist bekannt dafür, Falschmeldungen zu verbreiten

Die Schweizer Morgenpost bezeichnet sich selbst als „unbestechlich, frei und überparteilich“. Links- und rechtsextreme Meinungen hätten auf der Webseite nichts zu suchen, schreiben die Autoren in den Regeln für Nutzerkommentare. Das Schweizer Medium Blick veröffentlichte im vergangenen Jahr einen Bericht über die Seite: Sie verbreite systematisch Hetze und manipuliere ihre Leser. Dahinter stehe ein Deutscher namens Ralph Boldini, der in der Schweiz lebe. 

Auch CORRECTIV hat bereits mehrfach in Faktenchecks Falschmeldungen der Schweizer Morgenpost entlarvt, zum Beispiel als die Seite behauptete, gehackte E-Mails würden Angela Merkel in Verbindung mit einem Geldwäsche-Skandal bringen – oder dass die EU die Aufnahme von 300 Millionen Migranten aus Afrika vereinbart habe. Letztere Nachricht war eine der ersten Falschinformationen über den UN-Migrationspakt und wurde von zahlreichen anderen Medien aufgegriffen.  

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