Unsere erste Story: Internationale Finanzbetrüger
Heute ist die erste Geschichte von CORRECTIV erschienen. Es geht um gefälschte Wertpapiere in Milliardenhöhe, die auch die deutsche Wirtschaft schädigen. Zu lesen gibt es die Story heute auf einer Doppelseite in der Wochenzeitung „der Freitag“ und ab morgen bei uns auf kredithaie.correctiv.org.
Die internationalen Finanzbetrüger rund um den Italiener Marco Russo fälschen auch deutsche Bundesschatzbriefe. Allein in einem Fall ging es um ein Volumen von weit mehr als 500 Millionen Euro. Die Betrüger spielen Firmen diese gefälschten Wertpapiere zu. Die Firmen wiederum nutzen diese als angebliche Sicherheiten für Investitionskredite.
Das Betrugsmodell benutzen Banden auf dem ganzen Globus. Und obwohl Russo in Italien in erster Instanz zu viereinhalb Jahren Gefängnis verurteilt ist, hat er seit ein paar Monaten eine Firma in Hannover und wirbt um deutsche Kunden.
Über Grenzen hinweg, mit Mittelsmännern und Scheinfirmen
Für uns sind die Recherchen zum Fall Russo so spannend gewesen, weil sie einen tiefen Einblick in das weltweite System dieser Finanzschiebereien erlauben. Russo und Kollegen arbeiten über Grenzen hinweg, mit wechselnden Mittelsmännern, Scheinfirmen und Strukturen. Wir haben Strohmänner in Italien, Spanien, der Schweiz, England und Deutschland gefunden.
Im Internet zeigt sich Russo auf einem endlosen Strom von Portraits in Anzügen, auf Golfplätzen, in teuren Hotels, mit Geschäftspartnern und seiner Frau Yulia Shesternikova (hier zum Beispiel sein Facebook-Profil). Als er im Februar russische Geschäftspartner in Moskau trifft, bezeichnet er sie als „Putins Freunde“. Seine Frau Yulia sammelt für syrische Flüchtlinge im Libanon Geld; auf einem Foto posiert sie mit einer AK-47, einem russischen Sturmgewehr. Andere Bilder zeigen Russo in Hotelpools, unterwegs überall auf der Welt.
„Jeder Fünfjährige könnte das“
Während der Recherchen haben wir auch verstanden, wie einfach das Fälschen von Wertpapieren geht. Russo hat die Anleihen gefälscht mit einem Zugang zur zentralen Verrechnungsstelle für alle europäischen Fonds-Geschäfte „Euroclear“. Russo benutzte Corel Draw, eine gängige Software zur Bildbearbeitung. „Jeder Fünfjährige könnte das“, sagte Russo vor Gericht.
Für die Recherche haben wir mit Partnern aus ganz Europa zusammengearbeitet. Daniele Grasso von El Confidencial aus Madrid hat Russos Mitgliedschaft in einem Ritterorden in Spanien aufgespürt. Julian Schmidli vom Schweizer Tages-Anzeiger hat Mittelsmännern in der Schweiz nachrecherchiert. Cecilia Anesi vom Investigative Reporting Project Italy konnte Akten aus einem Strafverfahren gegen Russo auftreiben. Und wir gingen den aktuellen Deals des Betrügers in Hamburg und Hannover nach.
Russo hat das alles gar nicht gefallen. Er ließ Drohungen aussprechen. Wir sollten Angst kriegen vor juristischen Angriffen.
Kunden in China, Österreich – und jetzt auch in Deutschland
Russos System fliegt so gut wie nie auf, denn alle profitieren: Die Banken, die Kredite vermitteln. Die Opfer, die das große Geschäft wittern. Und die Fälscher um Russo selbst, die vorab Vermittlungsgebühren kassieren.
Kunden der Finanzschieber kommen aus Australien, Österreich, Spanien, Amerika oder China. Für die internationale Zeitarbeitsfirma Trenkwalder fingierten Russo und seine Kollegen 200 Millionen Euro, in China hatte die weltgrößte Solarfirma Suntech gefälschte Sicherheiten im Wert von 560 Millionen Euro hinterlegt.
Russos neue Firma in Hannover, die YUMA Finance AG, wirbt nun um das Geld deutscher Kunden (hier ein wunderbares Werbe-Video). Nach einer Anfrage von CORRECTIV prüft die BaFin seit August die YUMA Finance AG. Doch deutsche Behörden können Kunden kaum schützen, teilweise operieren die Betrüger um Russo in einem Graubereich.
Die ganze Geschichte gibt es ab morgen auf kredtihaie.correctiv.org.
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