In eigener Sache

Wichtiger Erfolg für CORRECTIV vor dem Landgericht Hamburg

CORRECTIV gewinnt weitgehend den Rechtsstreit gegen Ulrich Vosgerau. Der Teilnehmer an dem Geheimtreffen von Potsdam hatte versucht, sich medienwirksam gegen die Recherche zur Wehr zu setzen. CORRECTIV muss lediglich einen Satz ändern, der den Kern der Recherche jedoch nicht betrifft.

Beschluss Vosgerau

CORRECTIV hat vor Gericht einen wichtigen Erfolg zur Geheimplan-Recherche errungen. Der Teilnehmer Ulrich Vosgerau wollte per einstweiliger Verfügung mehrere Passagen aus unserem Text untersagen lassen. Die Pressekammer des Landgerichts Hamburg hat den Antrag heute (Dienstag, 27. Februar 2024) überwiegend zurückgewiesen. Lediglich ein Zitat Vosgeraus dazu, mit welcher Taktik sich Wahlen angreifen lassen könnten, ist nach Auffassung der Kammer zu ändern.

Die Entscheidung des Gerichts bestätigt die Inhalte der CORRECTIV-Recherche. In zwei von drei Punkten, gegen die Vosgeraus Verbotsantrag sich richtete, gibt das Landgericht CORRECTIV Recht. Am Kern ändert sich nichts. Beim Geheimtreffen in Potsdam besprachen Neonazis, hochrangige AfD-Politiker und andere Teilnehmer einen „Masterplan“, wie man Menschen mit Zuwanderungsgeschichte aus Deutschland vertreiben könnte – auch solche mit deutscher Staatsbürgerschaft, die nach den Worten Martin Sellners nicht „assimiliert“ genug seien. Der Satz, der geändert werden muss, bezieht sich auf ein anderes Detail.

„Der Beschluss des Gerichts bestätigt, dass unsere Recherche über das Geheimtreffen steht. Wir haben nichts anderes erwartet. Ein unwesentliches Detail ändern wir. Aber der Teilnehmer Ulrich Vosgerau ist mit seinem völlig überzogenen Antrag weitgehend gescheitert“, sagt Justus von Daniels, Chefredakteur von CORRECTIV.

Im ersten Antragspunkt war es Vosgerau darum gegangen, wie er sich im Nachhinein an den Vortrag des Rechtsradikalen Martin Sellner zu erinnern angibt. Sellner hatte im Rahmen seines Vortrags über mehrere Gruppen gesprochen, die aus dem Land gedrängt werden sollen, darunter auch „nicht-assimilierte Staatsbürger“. Vosgerau hatte auf Fragen von CORRECTIV vor dem Erscheinen des Textes geantwortet, dass „er sich nicht an die Sache mit der Ausbürgerungsidee von Staatsbürgern in Sellners Vortrag erinnern“ könne. Das Gericht bestätigt nun: „Diese Darstellung entspricht, wie ausgeführt, der Wahrheit“. Im Übrigen habe CORRECTIV dies nicht irreführend verkürzt.

Auch Vosgeraus zweiten Antrag hat das Gericht zurückgewiesen. CORRECTIV habe zurecht geschrieben, dass Vosgerau im Rahmen des Treffens „Bedenken in Bezug auf junge WählerInnen türkischer Herkunft, die sich keine unabhängige Meinung bilden könnten, gesprochen habe“.

Lediglich eine Äußerung Vosgeraus über mögliche Wahlprüfungsbeschwerden sah das Gericht nicht als erwiesen an. In einem eigenen Vortrag hatte Vosgerau detailliert über potenzielle juristische Wege gesprochen, Wahlen in Deutschland in Zweifel zu ziehen. Es ging auch um die Einschätzung, welche Taktik dabei den meisten Erfolg verspricht. Das Gericht sieht es als „unstreitig“ an, dass Vosgerau gesagt hat, „dass es möglich sei, Wahlprüfungsbeschwerden einzureichen und dazu Musterschreiben zu entwickeln.“ In diesem Punkt des Antrags ging es Vosgerau allein um die Frage, wie er die Chancen des Erfolges solcher Beschwerden begründet hat. Darin gab das Gericht Vosgerau recht.

Thorsten Feldmann von der Kanzlei JBB Rechtsanwält:innen, der CORRECTIV in dem Verfahren vertritt, kommentiert den Beschluss wie folgt: „Die Verfügung des Landgerichts betrifft lediglich ein nebensächliches Detail. Alle weiteren Äußerungen des Beitrags über den Antragsteller wie auch die Recherche insgesamt bleiben juristisch unbeanstandet. Wir werten dies als großen Erfolg vor einer Kammer, die als besonders streng gilt.“

In den vergangenen Wochen war Vosgeraus Antrag Thema in verschiedenen Medienberichten – unter anderem, weil der Jurist, der schon häufiger die AfD vertrat, und andere Teilnehmer am Geheimtreffen insgesamt sieben eidesstattliche Versicherungen vorgelegt hatten, die die CORRECTIV-Recherche in ein zweifelhaftes Licht rücken sollten. Die Redaktion hatte darauf vergangene Woche reagiert und mit acht eidesstattlichen Versicherungen die Richtigkeit der Rechercheergebnisse versichert. Das Gericht hat die eidesstattlichen Versicherungen in seiner Begründung nicht berücksichtigt.

Ulrich Vosgerau muss zwei Drittel der Kosten des Verfahrens tragen. Beide Seiten können gegen den Beschluss Rechtsmittel einlegen.