TTIP

Gabriel könnte, wenn er wollte

Erst weigert sich die EU-Handelskommissarin TTIP-Berichte an die Mitgliedsländer zu schicken, dann schreibt Sigmar Gabriel einen Brief, schliesslich rudert Kommissarin Malmström wieder ein bisschen zurück. Was ist von diesem öffentlichkeitswirksamen Transparenz-Hickhack zu halten? CORRECTIV-Reporter Justus von Daniels kommentiert.

von Justus von Daniels

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Jetzt rudert die EU-Handelskommissarin wieder zurück. Sorry, großes Missverständnis. TTIP-Berichte wurden geheim gehalten? Die Berichte seien doch in einem Leseraum in Brüssel ausgelegt worden. Cecilia Malmström, die selbst ernannte Kämpferin für mehr Transparenz bei TTIP, will nicht als Geheimniskrämerin dastehen. Und kündigt heute vage an, Verhandlungsberichte künftig auf die Webseite der Kommission zu stellen. Die Entscheidung zeigt ein weiteres Mal, dass die Kommission nur so weit springt, wie sie muss.

Dieselbe Kommissarin hatte vor ein paar Wochen intern ihrem Ärger Luft gemacht. Leaks gingen gar nicht. Wenn die Mitgliedstaaten ab jetzt keine Berichte mehr von der Kommission bekämen, seien sie selbst schuld, polterte ein Kommissionsbeamter. Bis auf weiteres gebe die Kommission nichts raus. Die Kommission bügelte die Mitgliedstaaten runter wie Schüler, die sich schlecht benommen hatten und nun gerade stehen müssen für den Klassenflegel. Es war die Woche, in der die Kommission wieder ihr altes Gesicht zeigte.

Für Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel stand das Tor weit offen. Er musste den Ball nur über die Linie schieben. Die Kommission solle ihre Maßnahme sofort aufheben. Häkchen. Auch Abgeordnete sollen Zugang zu allen Texten haben. Häkchen. Die Forderung nach Transparenz kostet Gabriel gar nichts. Die Berichte über die Verhandlungsrunden, in denen immerhin steht, worüber die Verhandler reden, hat er in den vergangenen Jahren allerdings auch nicht öffentlich gemacht. Obwohl er sie hatte. Auch, dass die ersten Rohentwürfe zu den TTIP-Texten nur in den US-Botschaften zum Lesen ausliegen, hat Gabriel zwar kritisiert. Aber er hat nicht mit dem Abbruch der Verhandlungen gedroht, solange die Texte nicht öffentlich sind.

Gabriel hat seinen angeblichen Wutbrief geschrieben, Malmström erklärt alles zum Missverständnis und bewegt sich einige Millimeter nach vorn. Die wirklichen Verhandlungsinhalte bleiben weiterhin geheim. Das wollen die USA so. Und der EU-Kommission ist es ganz recht.

Wenn Gabriel und Malmström es ernst meinen, müssen sie alles dafür tun, damit die Amerikaner ihre Haltung aufgeben. Wenn das nicht klappt, können sie die Vertragsentwürfe auch selbst veröffentlichen. Denn die EU ist rechtlich keinem Dritten, auch nicht den USA gegenüber, verpflichtet, eigene Papiere geheim zu halten.

Damit schafft man Vertrauen. Mehr jedenfalls als mit Protestbriefchen nach Brüssel.