Teaser Bild des CORRECTIV Spotlight Newsletters
Autor Bild Anette Dowideit

Liebe Leserinnen und Leser, 

in der CORRECTIV-Redaktion wird momentan emotional diskutiert, und zwar über Friedrich Merz. Es geht darum: Warum wollen wir ausgerechnet, und ausschließlich, dem Kanzlerkandidaten der CDU auf den Zahn fühlen – und nicht zum Beispiel SPD-Kandidat Olaf Scholz? Und warum genau nur zu Merz’ Positionen zur Migration?

Der Grund ist der: CORRECTIV ist ja keine Medienmarke wie die Süddeutsche Zeitung oder die FAZ. Wir bilden nicht, wie die „Vollsortimenter“, das komplette Nachrichtengeschehen ab. Sondern wir konzentrieren uns auf diejenigen Themen, die politisch die wichtigsten sind – und gehen dort mit Recherchen in die Tiefe. Wir begleiten dann, was sich zu diesen Themen in der tagesaktuellen Politik tut. Und wir holen die Leserinnen und Leser mit ins Boot. Das ist unser Verständnis dessen, wie wir als Medium die Demokratie stärken können.

All das steht hinter dem Versuch, Merz zu befragen. Vor einem Jahr haben wir mit unserer „Geheimplan“-Recherche aufgedeckt, wie Teile der AfD Menschen nach rassistischen Kriterien aus unserem Land ekeln wollen. Die Frage, ob auch in der Migrationspolitik anderer Parteien Rassismus steckt, bestimmt derzeit wesentlich den Kurs unseres Landes. Auf die CDU kommt es dabei besonders an, weil vor allem sie die Brandmauer zur AfD hochhalten kann. Und auf Merz, weil er mit hoher Wahrscheinlichkeit Kanzler wird.

Da Merz und sein Sprecher uns aber erst mehrfach abgesagt haben und uns jetzt ghosten, haben wir den beiden heute zehn Fragen geschickt. Und sie gebeten, uns zumindest schriftlich zu antworten. Das aber bitte ohne PR-Geschwurbel, sondern ehrlich und verständlich. Die Fragen lesen Sie im Thema des Tages.

Porträt von Friedrich Merz mit Geldscheinen und Netzwerkverbindungen im Hintergrund

Wir haben heute außerdem eine größere Recherche zu Merz veröffentlicht; sie dreht sich um seine Lobbytätigkeiten. Warum die relevant sind? Wir zeigen damit, welche Interessengruppen unter einem Kanzler Merz Gehör finden dürften, geht man nach den Banden, die er geknüpft hat. Übrigens: Auch bei dieser Recherche hat Merz unsere Fragen leider komplett ignoriert.

Wenn Sie Feedback zur Recherche haben, Fragen oder weitere Hinweise, schreiben Sie unserer Reporterin: gabriela.keller@correctiv.org.

Thema des Tages: 10 Fragen an Merz

Der Tag auf einen Blick: Das Wichtigste

Bundestagswahl-Spezial: Im Salon5-Wahlprogrammcheck: Die Grünen

Faktencheck: Bild von Annalena Baerbock und Olaf Scholz mit ausgestreckter Hand führt in die Irre

Gute Sache(n): Erklärt: Wie „Alternativmedien“ den Rechtsruck befeuern • Kostenloses Kino zur Geschichtsbildung • Würden Sie die Führerscheinprüfung heute noch bestehen?

CORRECTIV-Werkbank: Eine fragwürdige Plakatkampagne

Grafik des Tages: Studie: Millionen Hitzetote in Europa

Unser AfD-Experte Marcus Bensmann und die SPOTLIGHT-Redaktion haben auf Basis des Nachrichtengeschehens und Merz’ jüngster Aussagen eine Auswahl erstellt. Diese haben wir damit abgeglichen, welche Fragen Sie, rund 1.000 Leserinnen und Leser des SPOTLIGHT, uns geschickt haben. Und dann haben wir zwei Migrationsexperten prüfen lassen, ob die Fragen sinnvoll sind. 

CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz bei einer Pressekonferenz am 15. November 2024 (Quelle: Kay Nietfeld / Picture Alliance / DPA)

Die zehn Fragen:

1.) Herr Merz, Sie haben mal gesagt, Deutschland sei ein Einwanderungsland. Gilt das noch mit Ihrem 5-Punkte-Konzept zum „Asylstopp“?

2.) Wie wollen Sie den gut ausgebildeten Migranten in Deutschland, die jetzt – teils konkret durch Ihre Aussagen – übers Auswandern nachdenken, erklären: Sie sind in unserem Land noch willkommen? (Frage einer Leserin mit Migrationsgeschichte – übrigens gibt es hier eine Studie, die solche Auswanderungspläne angesichts des AfD-Aufstiegs abgefragt hat)

3.) Sie wollen Afghanistan und Syrien für sicher erklären und Schutzsuchende aus diesen Ländern schnellstmöglich abschieben. Wen genau? Meinen Sie auch Menschen, die in einer Ausbildung stehen oder eine Arbeitsstelle haben und sich gut integriert haben? (Frage einer Leserin, die in einem Seniorenheim mit vielen immigrierten Fachkräften arbeitet)

4.) Wie wollen Sie dafür sorgen, unsere Grenzen dicht zu machen und niemand mehr ohne Einreisepapiere hereinzulassen – auch keine Asylsuchenden? Wie ist das mit unserem Grundgesetz (und internationalen Verträgen) vereinbar – und wie mit den christlichen Werten der CDU?

5.) Kritiker sagen, Sie würden nach der Bluttat von Aschaffenburg jetzt alle Asylsuchenden kollektiv für die Taten Einzelner verantwortlich machen. Was entgegnen Sie?

6.) Wie wollen Sie als Kanzler genau sicherstellen, dass künftig „Abschiebungen und Rückführungen ab sofort täglich“ stattfinden – ohne dass es zuvor verlässliche Rückführungsabkommen mit den Herkunftsländern gibt? (Frage eines Lesers)

7.) Wie soll es Ihren Plänen zufolge in Zukunft möglich sein, Menschen mit doppelter Staatsbürgerschaft die deutsche Staatsbürgerschaft abzuerkennen? Wollen Sie also, dass dies künftig auch in anderen Fällen möglich ist als – wie derzeit – nur, wenn man zum Beispiel für eine terroristische Vereinigung im Ausland kämpft oder sich die deutsche arglistig erschlichen hat? (Frage eines Lesers

8.) Wo genau verläuft die Trennlinie zwischen dem Asyl-Stopp-Konzept der CDU und dem „Remigrations“-Konzept der AfD?

9.) Kann ich als Wählerin guten Gewissens meine Stimme der CDU geben – und muss nicht befürchten, dass mein Nachbar mit Migrationshintergrund in ein paar Jahren aus Deutschland vergrault wird?

Serbien: Ministerpräsident tritt nach monatelangen Protesten zurück
Miloš Vučević hat am Dienstag seinen Rücktritt erklärt, nachdem Studierende in der Nacht zuvor vor dem Büro seiner Partei attackiert wurden. In Serbien wird täglich protestiert, nachdem im renovierten Bahnhof von Novi Sad ein Dach einstürzte und dabei 15 Menschen starben. Die Menschen machen dafür die Korruption in der Regierung des populistischen Präsidenten Aleksandar Vučić verantwortlich.
spiegel.de

Lokal: Politische Debatte hat sich seit Messerangriff in Aschaffenburg verschärft 
Die Familie des 41-Jährigen, der neben einem zweijährigen Kindergartenkind bei der Gewalttat in Aschaffenburg getötet wurde, will nicht, dass sein Tod instrumentalisiert wird. Sie seien bestürzt über das „respektlose Verhalten“ – im Internet werden nämlich sein voller Name und gefälschte Bilder des Opfers verbreitet. Derweil hat die Tat dazu geführt, dass ruppiger über Migrationspolitik diskutiert wird.
br.de / tagesschau.de

Investigativ: Roman Abramowitschs Steuertricks mit Superyachten 
Ein Unternehmen des russischen Oligarchen und früheren Besitzers des FC Chelsea hat offenbar über eigene Offshore-Firmen vorgetäuscht, seine Luxusboote zu vermieten. Das investigative Journalismusnetzwerk OCCRP hat herausgefunden, dass so Millionen an Steuern umgangen wurden.
occrp.org

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So geht’s auch
Laut einer Studie haben junge Menschen in Deutschland teils große Wissenslücken zum Thema Holocaust. Wie Kinos dazu beitragen können, diese zu schließen, darauf hat uns Leserin Dagmar W. aufmerksam gemacht. Ein Kino in Osnabrück zeigt vier Monate lang den Film „Schindlers Liste“ – kostenlos, sodass alle Schülerinnen und Schülerinnen die Chance haben sollen, ihn zu sehen.  
ndr.de

Fundstück
Würden Sie eine theoretische Führerscheinprüfung heute noch bestehen? Mit diesem Quiz des ADAC können Sie das überprüfen. 
survey.alchemer.eu


Ströer, AfD, Wahlkampf – als Journalist, der sich immer wieder mit der Partei beschäftigt, wurde ich neugierig. 2021 hatten CORRECTIV, ZDF Frontal und Spiegel aufgedeckt, dass über einen ominösen Verein tausende Unterstützerplakate bei Ströer in Millionenhöhe für die AfD gebucht worden waren, ohne die tatsächlichen Geldgeber hinter dem Verein zu nennen. 

Worum handelte es sich also in diesem Fall? Und wie kann die AfD in diesem Wahlkampf früher als andere so großflächig und sichtbar werben? Wir haben zusammen mit ZDF Frontal recherchiert und konnten allein für den Januar 2025 über 650 bundesweit geklebte AfD-Großplakate identifizieren. Ihr Wert dürfte sich nach Hochrechnungen über branchenübliche Preise auf rund 300.000 Euro belaufen.

An der heutigen Ausgabe haben mitgewirkt: Robin Albers, Till Eckert und Sebastian Haupt.