
Liebe Leserinnen und Leser,
Donald Trump hält die Welt in Atem – momentan vor allem durch die Einfuhrzölle, die es deutlich teurer machen sollen, Waren aus aller Welt in die USA zu verkaufen.
Wir schauen uns im SPOTLIGHT diese Woche schwerpunktmäßig an: Welche Auswirkungen hat diese Abschottungspolitik auf uns – also auf Arbeitsplätze, auf den Aktienbesitz von Kleinanlegern und auf den Preis für Waren, die wir kaufen? Heute erklären wir im Thema des Tages, worüber die EU-Wirtschaftsminister bei ihrem heutigen Treffen beraten haben.
Außerdem: In einer neuen Folge „Gemeinsam aufgedeckt“ geht es noch mal um die Beraterfirmen, die sich jetzt wohl um Aufträge der Bundesregierung bemühen – und um eine spannende Passage im Koalitionsvertrag, der solche Aufträge eigentlich einschränkt.
Ich wünsche Ihnen einen guten Start in die Woche – und schreiben Sie mir gern, was Sie gerade umtreibt: anette.dowideit@correctiv.org.
Thema des Tages: 15 Prozent auf alles, außer Tiernahrung
Der Tag auf einen Blick: Das Wichtigste
Faktencheck: Satire ernst genommen: Tiktok verbietet nicht das blaue Herz-Emoji
CORRECTIV-Werkbank: Jugendredaktion Salon5 eröffnet neuen Standort in Dortmund
Grafik des Tages: Warum die USA gegen Russland keine Zölle erhebt
Die protektionistische Handelspolitik Donald Trumps hat viele unterschiedliche Auswirkungen auf unsere Wirtschaft. Ein Überblick:
Wie stark sind deutsche Hersteller betroffen?
Wenn deutsche Unternehmen Waren in die USA verkaufen, sollen darauf künftig Zölle in Höhe von 20 Prozent erhoben werden. Das trifft uns spürbar, denn laut Statistischem Bundesamt gehen fast zehn Prozent aller deutschen Exporte in die USA. Das könnte Arbeitsplätze bei uns kosten.
Auf Autos sollen sogar 25 Prozent fällig werden. Das heißt: Für Amerikaner wird ein Viertel teurer, deutsche Autos zu kaufen. Unser größter Autobauer VW zum Beispiel baut fast die Hälfte der Autos, die er in den USA verkauft, in Mexiko. Er geht davon aus, dass der Absatz deutlich sinkt.

Für andere deutsche Unternehmen ist das Problem nicht ganz so groß. Siemens zum Beispiel erzielt zwar ein Viertel seines Umsatzes in den USA – stellt diese Waren aber direkt dort her, in 28 Werken in den USA. Einen guten Überblick, welche Firmen wie stark betroffen sind, gibt die Wirtschaftswoche.
Was die USA importieren und was sie exportieren:
Wir hatten es hier im SPOTLIGHT vor ein paar Tagen schon einmal in unserer Grafik des Tages gezeigt: Die USA importieren mehr Waren aus der EU als dass sie Waren an uns verkaufen. Bei den Dienstleistungen aber sieht es anders aus: Die USA verkaufen deutlich mehr Dienstleistungen an die EU als umgekehrt.

Um welche Dienstleistungen geht es konkret?
Zum Beispiel um Streamingdienste wie Netflix oder Amazon: Das Unternehmen sitzt in den USA, hat aber weltweit Abonnenten. Oder um Finanzdienstleister wie Paypal.
Um genau solche Firmen und ihre (Dienstleistungs)-Produkte ging es beim heutigen Treffen der EU-Handelsminister in Luxemburg: Kann die EU jetzt reagieren, indem sie es ihrerseits für solche Unternehmen teurer macht, ihre Waren zu uns zu exportieren?
Das Problem dabei:
Zölle lassen sich auf Online-Dienste kaum erheben. Denn sie werden ja nicht mit Containerschiffen angeliefert.
Deshalb ist es wahrscheinlicher, dass die EU-Staaten stattdessen neue Steuern für die großen digitalen Anbieter aus den USA erheben – quasi 15 Prozent auf alles, außer Tiernahrung. Ob für uns nun wirklich alles teurer wird, ist aber längst nicht gesagt. Das zeigt diese Analyse der Tagesschau.
Sollte das alles nicht reichen, könnte die EU ein Instrument anwenden, das umgangssprachlich Bazooka genannt wird – weil damit großflächig „geschossen“ wird. Gemeint ist das „Anti-Coercion Instrument“: Es besagt, dass aggressive Länder (in dem Fall die USA) von Ausschreibungen ausgeschlossen werden – und im Extremfall sogar der Handel mit diesen Ländern komplett gestoppt wird. Das ist aber sehr unwahrscheinlich.
Welche Sorgen haben Sie?
Wir wollen von Ihnen wissen: Welche Sorgen treiben Sie im Zusammenhang mit Trumps Protektionismus? Nehmen Sie an unserer Umfrage teil (per Klick aufs Bild).

Russische Spionage vor Europas Küsten?
Russlands weitet seine hybride Kriegsführung nach und nach auch in Europa aus. Schon im Angriffskrieg gegen die Ukraine setzt Russland auf direkte Beschädigungen ziviler Infrastrukturen, unter anderem der Telekommunikation. Nun fand die britische Marine offenbar russische Sensoren im Meer rund um Großbritannien, die darauf ausgelegt sind, Bewegungsdaten zu sammeln.
t-online.de
Historischer Crash an den Börsen
Nach der Ankündigung neuer Importzölle von US-Präsident Donald Trump gab es an den globalen Aktienmärkten einen massiven Kursverfall. Der deutsche Aktienindex DAX wies zeitweise ein Minus von zehn Prozent auf.
Handelsblatt.com
Weimar: Gedenken an Befreiung der Konzentrationslager Buchenwald und Mittelbau-Dora
Vor 80 Jahren befreiten US-Soldaten die Insassen der Konzentrationslager Buchenwald und Mittelbau-Dora. Diese Gedenkveranstaltung in Weimar wird wohl eine der letzten sein, an der noch Überlebenden des Holocaust teilnehmen. Um so wichtiger sei es, „den Stab der Erinnerungen an die Jungen weiter zu reichen“, sagte einer der Überlebenden.
mdr.de
Streit in der AfD um völkische Idee
Innerhalb der AfD eskaliert der Streit um extreme Positionen weiter. Anlass sind Fotos und Vorwürfe des ehemaligen Mitarbeiters von Maximilian Krah. Im Zentrum steht die völkische Idee der „Remigration“.
correctiv.org

Faktencheck

Auf Tiktok herrscht Empörung darüber, dass die Plattform angeblich das unter AfD-Unterstützern beliebte blaue Herz-Emoji verbieten will. Doch die Meldung stimmt nicht.
correctiv.org
Endlich verständlich
Galileo Galilei, Albert Einstein, Isaac Newton, Charles Darwin, Nikolaus Kopernikus … die Liste mit bekannten Wissenschaftlern aus der Geschichte lässt sich beliebig lang fortsetzen. Aber wo sind die Frauen? Die hatten (und haben teilweise immer noch) einen schweren Weg in der Wissenschaft, den Ruhm für ihre Forschung bekamen oft die Männer. Und wie gut sind Frauen in der Forschung eigentlich heute vertreten? Das hat Salon5-Reporterin Mirjam mit der Historikerin Ute Frevert besprochen.
salon5.correctiv.net
So geht’s auch
Schulschwänzen ist mancherorts ein großes Problem. Was lässt sich dagegen tun? Statt Bußgeld setzt eine Schule in Berlin auf kreative Maßnahmen und passgenaue Strukturen – darunter kürzere Unterrichtsstunden und späterer Schulbeginn. Mit Erfolg.
rnd.de
Fundstück
Am Wochenende gingen in den USA Zehntausende auf die Straßen, um gegen die Politik von Donald Trump zu protestieren. Besonders lesenswerte Protestplakate haben Buzzfeed und Metro hier gesammelt.
buzzfeed.com / metro.co.uk
Um über ihre Themen zu sprechen und aktiv zu werden, brauchen Jugendliche einen Raum und jemanden, der ihnen zuhört. Viele finden diesen Raum online. Seit dieser Woche bieten wir ihn auch in Dortmund an. Unsere neue Salon5-Redaktion hat nun mitten in der Dortmunder Nordstadt eröffnet, gleich neben dem Gründungshaus des BVB.

Denjenigen unter Ihnen, die noch nie von der Dortmunder Nordstadt gehört haben, möchte ich ein paar Bilder mitgeben: Eine Straßenbahnhaltestelle weiter befindet sich das alte Stahlwerk Westfalenhütte. Um die Ecke am Borsigplatz gibt es den stadtbekannten türkischen Nussladen Muskara. Schräg gegenüber die Oesterholz Grundschule: Jeden Morgen hört man Kinderstimmen den Song der Schule singen. Die Nordstadt ist vielfältig, sie ist arm, und sie ist jung – das jüngste Stadtviertel Dortmunds.
Genau der richtige Ort für Salon5. Seit fast einem Jahr arbeiten wir daran, in Dortmund anzukommen. Als Redakteurin habe ich Schulen besucht, Workshops in Jugendeinrichtungen gegeben und Veranstaltungen organisiert. So sollen Jugendliche uns kennenlernen und erfahren, dass Salon5 ein sicherer Ort für sie ist. Hier können sie vorbeikommen, ihre Themen mitbringen und lernen, wie Journalismus funktioniert.
Sie kennen junge Menschen, die bei uns mitmachen möchten? Der Standort hat montags bis freitags von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Außerdem gibt es Redaktionen in Bottrop, Greifswald und Hamburg.
correctiv.org

Nur wenige Länder sind von Donald Trumps großer Zolleskalation ausgenommen, darunter Russland. Ein erstes Statement aus dem Weißen Haus ließ verlauten, Russland sei nicht betroffen, weil US-Sanktionen bereits „jeden bedeutenden Handel ausschließen“. Korrekt ist das nicht, wie unsere Grafik des Tages zeigt. Zwar ist der Warenaustausch zwischen beiden Ländern tatsächlich erheblich gesunken – von 36 Milliarden Dollar im Jahr 2021 auf 3,5 Milliarden 2024 (Importe und Exporte). Allerdings lag er damit deutlich über dem Handelsvolumen zwischen den USA und der Ukraine. Am Wochenende wechselte dann die offizielle Begründung, der Direktor des Nationalen Wirtschaftsrates führte die aktuellen Friedensverhandlungen mit Russland als Erklärung an.
zdf.de
Sie erinnern sich doch sicher an die durchgesickerten Arbeitspapiere aus den Koalitionsverhandlungen vor zwei Wochen – insbesondere das Papier der Gruppe Staatsmodernisierung und Bürokratieabbau (ja genau, das Papier, in das Philipp Amthor von der CDU schreiben ließ, er wolle die Auskunftsrechte für Bürgerinnen und Bürger in dieser Form abschaffen).
Also, in diesem Papier steht noch etwas, das für unsere Recherche zum Infrastruktur-Sondervermögen sehr relevant ist. Darauf hat mich unser Leser Thomas Deelmann, Professor für öffentliche Verwaltung, hingewiesen:
Im Arbeitspapier der Koalition steht: „Den Einsatz externer und kostenintensiver Berater werden wir durch bessere Steuerung auf das Minimum reduzieren.“

Warum eine solche Reduktion nötig ist, hatte ich schon vor vier Jahren recherchiert (der Artikel steht hinter der Paywall): Rechnet man alle Ausgaben öffentlicher Behörden auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene zusammen, waren das damals rund drei Milliarden Euro in einem Jahr. Allein die Bundesministerien gaben in diesem Jahr, das war 2020, mehr als 350 Millionen Euro für externe Berater aus.
Die Frage ist jetzt: Wie will die neue Bundesregierung den Spagat schaffen, einerseits das 500 Milliarden Euro schwere Infrastruktur-Sondervermögen sinnvoll verteilen (denn dafür braucht es Experten, die es in den Ministerien nicht gibt, jedenfalls nicht ausreichend) – und andererseits kaum Geld für Berater ausgeben?
Experte Deelmann sagt: Der relevante Satz im Arbeitspapier sei schwammig formuliert und lasse Schlupflöcher offen. Eine Möglichkeit dafür sei, keine „Berater“ zu engagieren, sondern zum Beispiel „Wirtschaftsprüfer“. Es wird spannend.
An der heutigen Ausgabe haben mitgewirkt: Sebastian Haupt und Jule Scharun.
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